OLG Düsseldorf erklärt Netzkostenbefreiung für Unternehmen nach § 19 Abs. 2 StromNEV für nichtig
« NewsübersichtWir möchten Ihnen heute gern eine Entscheidung des OLG Düsseldorf zur Frage der Rechtmäßigkeit der Netzkostenbefreiung nach § 19 Abs. 2 StromNEV vorstellen, die auch vor dem Hintergrund der jüngsten politischen Diskussionen für die Praxis von erheblicher Bedeutung sein dürfte:
Der 3. Kartellsenat des OLG Düsseldorf hat in der mündlichen Verhandlung vom 06.03.2013 entschieden, dass die Verordnung zur Befreiung stromintensiver Unternehmen von den Netzkosten nichtig ist und hat deshalb die aufgrund dieser Verordnung erlassene Ausführungsbestimmung der BK8 der Bundesnetzagentur aufgehoben. Hintergrund der Entscheidung war ein von fünf regionalen und überregionalen Netzbetreiber angestrengtes Verfahren, mit dem die Netzentgeltbefreiung für stromintensive Unternehmen angegriffen wurde Die Bundesnetzagentur hatte darauf verwiesen, dass die Befreiung von der Ermächtigung gedeckt sei. Zudem wirkten energieintensive Betriebe aufgrund ihres hohen Verbrauchs netzstabilisierend.
Seit der Änderung des § 19 Absatz 2 Stromnetzentgeltverordnung zum 04.08.2011 in Kraft gilt in rechtlicher Hinsicht, dass stromintensive Unternehmen, soweit sie mehr als 7.000 Arbeitsstunden und 10 Gigawattstunden Strom pro Jahr abnehmen, von der Zahlung der Strom-Netzentgelte befreit werden können. Bis zu dieser Änderung konnten stromintensive Unternehmen mit ihrem Netzbetreiber nur ein individuelles, bis auf 20 % reduziertes Netzentgelt vereinbaren, das die Regulierungsbehörde genehmigen konnte. Der Umfang der Reduzierung musste dabei dem netzkostensenkenden Nutzungsverhalten des stromintensiven Letztverbrauchers angemessen Rechnung tragen.
Der Vorsitzende Richter des 3. Kartellsenats hat hierzu in der Sitzung und in der mündlichen Urteilsbegründung nun aber deutlich gemacht, dass der Senat anders als die Bundesnetzagentur im Energiewirtschaftsgesetz keine ausreichende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die Befreiung von den Netzentgelten sehe. So erlaube das Energiewirtschaftsgesetz in der derzeit geltenden Fassung nur, durch eine Verordnung die Methode zur Berechnung der Entgelte, das „wie“, festzulegen, nicht aber eine vollständige Befreiung von den Netzentgelten, das „ob“, durch eine Verordnung zu bestimmen. Außerdem sei die vollständige Netzbefreiung für stromintensive Unternehmen schon nicht formell ordnungsgemäß zustande gekommen, weil die Änderung der Verordnung durch den Bundestag mit einem nicht mit der Regelung in Zusammenhang stehenden Gesetz verabschiedet worden sei. Im Übrigen sei eine vollständige Befreiung von den Netzentgelten aus Gleichheitsgründen nicht zulässig. Auch europarechtlich sei eine nichtdiskriminierende und kostenbezogene Regelung der Netzentgelte geboten.
Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass die Europäische Kommission ebenfalls am 06.03.2013 eine Beihilfeprüfverfahren zu der vom OLG Düsseldorf für nichtig erachteten Vorschrift des § 19 Abs.2 StromNEV eingeleitet hat, in dem überprüft werden soll, ob es sich bei der seit 2011 geltenden Befreiung um eine unzulässige Beihilfe im Sinne von Art. 107 AEUV handelt.
Aus diesem Grunde und weil die Entscheidung des OLG Düsseldorf bislang nicht rechtkräftig ist, dürfte die Thematik aktuell und hoch spannend bleiben. Wir werden Sie in jedem Fall über die weiteren Entwicklungen auf dem Laufenden halten.
Rückfragen & weitere Informationen: Prof.Dr. Martin Maslaton, Tel.: 0341/149500
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