Windenergie – VG Hannover stärkt den Sinn des Vorbescheidsverfahrens
« NewsübersichtEin Vorbescheid darf auf einzelne Rechtsfragen beschränkt werden und die Behörde muss die fehlende vorläufige positive Gesamtbeurteilung beweisen. Ein wegweisendes Urteil!
In der bemerkenswert klaren Entscheidung vom 09.06.2022 (Az: 4 A 2612/18) hat sich das VG Hannover mit der Frage der vorzulegenden Unterlagen im Vorbescheidsverfahren auseinandergesetzt. Dabei legt es den Fokus unter anderem auf Investitionsrisiken der Projektierer und kritisiert die Verzögerungstaktik von Behörden:
„Es liegt daher auch kein sachlicher Grund dafür vor, im Hinblick auf das Fehlen naturschutzfachlicher Stellungnahmen eine Entscheidung über die Voranfrage zu verzögern.“
Die MASLATON Rechtsanwaltsgesellschaft vertrat in dem Klageverfahren die siegreiche Klägerin.
Die wichtigsten Leitsätze im Überblick:
- Projektierer:innen dürfen in ihrer Vorbescheidsanfrage einzelne für die Genehmigung relevante Fragen aus der Prüfung ausgrenzen.
- Die einzureichenden Unterlagen müssen für die erforderliche „vorläufige positive Gesamtbeurteilung“ nicht die Genehmigungsfähigkeit insgesamt belegen.
- Hiervon erfasst ist auch die UVP oder UVP-Vorprüfung, wenn sie ausgeklammert wurde.
Keine von vornherein unüberwindbaren Hindernisse
Die deutlichsten Aussagen traf das Gericht dazu, dass eine sog. vorläufige positive Gesamtbeurteilung entgegen der Ansicht der beklagten Behörde aufgrund der vorliegenden Unterlagen sehr wohl möglich sei. Es betonte, dass die Unterlagen nicht schon die Genehmigungsfähigkeit belegen müssten, und hielt hinsichtlich der Beweislast fest:
„Es ist nicht ersichtlich oder von dem Beklagten vorgetragen, welcher Gesichtspunkt einer positiven vorläufigen Gesamtbeurteilung entgegensteht.“
Charakter eines Grundsatzurteils
Damit unterstreicht das VG Hannover in eindeutiger Sprache den Sinn des Vorbescheidsverfahrens, der gerade in der Vereinfachung des Verfahrens durch Beschränkung des inhaltlichen Prüfprogramms liegt. In Anbetracht sechsstelliger Kosten für die naturschutzfachlichen Untersuchungen kann das Vorbescheidsverfahren nun endlich seine inhaltlich beschränkende Wirkung entfalten. UVP oder UVP-Vorprüfung spielen dann erst im Genehmigungsverfahren eine Rolle.
Bereits vor dem Urteil des VG Hannover war dies die dem BImSchG zu entnehmende Rechtslage. Begrüßenswert, dass dies nun erstmals durch ein Gericht so klar ausgesprochen wurde. Es bleibt zu hoffen, dass sich auch andere Gerichte dieser Haltung anschließen und Behörden dies zum Anlass nehmen, ihre Verzögerungstaktik aufzugeben.