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Nutzungsverträge: BGH bestätigt konkludenten Ausschluss des Kündigungsrechts

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Der Bundesgerichtshof beseitigt in einem aktuellen Urteil die Uneinigkeit zwischen dem OLG Hamm und dem OLG Naumburg: Ein konkludenter Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts in Nutzungsverträgen soll grundsätzlich möglich sein.

Über die Kündigungsproblematik in Nutzungsverträgen und die unterschiedliche Bewertung durch die Oberlandesgerichte Hamm und Naumburg im jetzt durch den BGH entschiedenen Fall berichteten wir bereits in unserem Newsbeitrag vom 24.05.2024. Mit Urteil des BGH vom 12.03.2025, Aktenzeichen XII ZR 76/24, wurde dieser obergerichtliche Dissens jetzt gelöst.

I. Das Problem: Vertragslaufzeit abhängig vom Zeitpunkt der Inbetriebnahme

Der Ursprung für die Kündigungsproblematik liegt in der Art und Weise wie die Vertragslaufzeit sowie die Kündigungs- und Rücktrittsmöglichkeiten in Nutzungsverträgen regelmäßig formuliert sind. Die Gestaltung der Vertragslaufzeit erfolgt in Nutzungsverträgen häufig in Form einer Aufteilung in zwei Phasen:

Für die gesetzlichen Kündigungsmöglichkeiten bedeutet dies für die zwei Vertragsteile:

  • Bis zum Eintritt der Bedingung (1. Vertragsteil) ist die Vertragslaufzeit unbestimmt und damit unbefristet, weshalb gesetzlich grundsätzlich eine ordentliche Kündigung möglich ist (§ 542 Abs. 1 BGB).
  • Nach Inbetriebnahme (Bedingungseintritt) ist die Vertragslaufzeit befristet (i.d.R. auf 20 Jahre), womit der zweite, befristete Vertragsteil beginnt. Gesetzlich ist hier grundsätzlich eine Kündigung vor Ablauf der Vertragslaufzeit nicht vorgesehen (§ 542 Abs. 2 BGB), allerdings gilt dies längstens für 30 Jahre (§ 544 BGB).

Enthält der Nutzungsvertrag keine darüberhinausgehenden konkretisierenden Regelungen zum ordentlichen Kündigungsrecht bleibt es bei dieser gesetzlich vorgesehenen Grundkonzeption: Während der unbefristeten Projektierungsphase (1. Vertragsteil) kann der Nutzungsvertrag jederzeit ohne Grund gekündigt werden, da zu diesem Zeitpunkt die – die ordentliche Kündigung sperrende – befristete Vertragslaufzeit noch nicht begonnen hat. Nach Inbetriebnahme der WEA (2. Vertragsteil) ist demgemäß eine ordentliche Kündigung nicht möglich.

II. Entscheidung des BGH: Konkludenter Ausschluss möglich

In dem konkreten Fall, der dem BGH zur Revisionsentscheidung vorgelegt wurde, enthielt der zugrunde liegende Nutzungsvertrag keinen ausdrücklichen Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts bis zum Beginn der Vertragslaufzeit. Das OLG Naumburg hatte zuvor in der Berufungsinstanz dennoch durch Auslegung einen konkludenten Ausschluss angenommen und sich damit von der Rechtsprechung des OLG Hamm (wir berichteten) distanziert.

Der BGH bestätigte jetzt mit Urteil vom 12.03.2025 (XII ZR 76/24) die Auffassung des OLG Naumburg. Sofern im Nutzungsvertrag kein konkreter Ausschluss des Kündigungsrechts für die Phase bis zur Inbetriebnahme geregelt ist, sei ein konkludenter Ausschluss des Kündigungsrechts dann möglich, wenn sich aus dem Vertragsinhalt – insbesondere aus den AGB – ergebe, dass die Parteien eine jederzeitige ordentliche Kündigung gerade nicht gewollt hätten. Im konkreten Fall wurde der Ausschluss zugunsten des Energieunternehmens damit bejaht.

III. Die Argumentation des BGH

Der BGH argumentierte, dass der Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts in der frühen Projektierungsphase ein notwendiges Mittel sein könne, um die Investitions- und Planungssicherheit auf Seiten des Projektträgers zu gewährleisten. Würde dem Grundstückseigentümer in dieser Phase ein jederzeitiges Kündigungsrecht zustehen, könnte dies die Realisierung des gesamten Vorhabens gefährden. Zudem betonte der BGH die Bedeutung der vertraglichen Systematik: Die vereinbarten detaillierten Regelungen im Nutzungsvertrag würden „weitgehend entwertet“, wenn sich der Grundstückseigentümer bis zur Inbetriebnahme der letzten geplanten WEA einseitig vom Vertrag lösen könnte. Die vertraglichen Kündigungsmechanismen würden faktisch leer laufen. 

IV. Fazit: Sorgfalt bei der Vertragsgestaltung ist entscheidend

Die Entscheidung des BGH bringt nicht nur Rechtsklarheit, sondern unterstreicht vor allem die Wichtigkeit der Ausgestaltung der Kündigungsrechte im Rahmen von Nutzungsverträgen. Diesen Problemkreis hat der BGH nun mit einer begrüßenswerten Prise Pragmatismus gelöst.

Für Projektentwickler und Grundstückseigentümer sollte sich durch das Urteil jedoch nur marginal etwas verändern. Denn nicht erst seit diesem Urteil gilt, dass alle Projektbeteiligten ein besonderes Augenmerk auf die Formulierungen zum Kündigungsrecht legen sollten. Wer bei der Formulierung der Kündigungsrechte – insbesondere für die zeitlich unbestimmte erste Vertragsphase – sorgfältig arbeitet und unterschiedliche Konstellationen berücksichtigt, erspart sich in der Zukunft unnötige Rechtsstreitigkeiten. Auf die nun getroffene Entscheidung des BGH zum konkludenten Ausschluss kommt es dann gar nicht erst an.

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