Tracking pixel Agri-PV – BVerwG verhandelt über landwirtschaftsrechtliche Beihilfefähigkeit · MASLATON Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Agri-PV – BVerwG verhandelt über landwirtschaftsrechtliche Beihilfefähigkeit

« Newsübersicht

In der heutigen Verhandlung (Az: 3 C 6.22) stellte das BVerwG den pauschalen Ausschluss von landwirtschaftlichen Flächen mit PV-Nutzung von Beihilfezahlungen in Frage. Die Entscheidung steht noch aus.

Entscheidende Frage: Sind PV-Flächen beihilfefähig?

Das Bundesverwaltungsgericht verhandelte heute (Az.: 3 C 6.22) über die landwirtschaftsrechtliche Beihilfefähigkeit einer Fläche, die neben der landwirtschaftlichen Nutzung durch Schafbeweidung auch zur Nutzung solarer Strahlungsenergie durch gereihte, einachsig aufgeständerter PV-Module genutzt wird.

Konkret ging es um die Frage, ob der deutsche Bundesgesetzgeber in § 12 Abs. 3 Nr. 6 DirektZahlDurchfV Flächen, auf denen sich PV-Anlagen befinden, pauschal als „nichtlandwirtschaftlich“ einordnen darf, selbst wenn auf diesen eine landwirtschaftliche Nutzung ohne weiteres möglich ist. Diese Frage ist entscheidend dafür, ob landwirtschaftliche Beihilfen gewährt werden.

Trotz PV-Nutzung: Hauptsächlich landwirtschaftliche Tätigkeit?

Der Kläger ist Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebs mit Schafhaltung, der Agri-PV betreibt, indem er seine Fläche neben der landwirtschaftlichen Schafbeweidung auch zu PV-Zwecken nutzt.

Nachdem ihm landwirtschaftsrechtliche Beihilfezahlungen mit der Begründung verwehrt wurden, es handle sich bei seinen Flächen um eine „hauptsächlich für eine nichtlandwirtschaftliche Tätigkeit“ genutzte Fläche, gewährte ihm 2018 das VG Regensburg (Urt. v. 15.11.2018, RO 5 K 17.1331) seine beihilferechtlichen Zahlungsansprüche und Direktzahlungen. 2021 bestätigte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof 2021 (Urt. v. 01.06.2021, 6 BV 19.98) das Urteil.

In der Begründung führten sowohl das VG Regensburg als auch der Bayerische VGH aus, dass Art. 32 VO (EU) Nr. 1307/2013 die Anforderungen für die Beihilfefähigkeit von Flächen, die nicht ausschließlich für landwirtschaftliche Tätigkeiten genutzt werden, umfassend regeln. Entscheidend sei demnach, ob die landwirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt werden könne, „ohne durch Intensität, Art, Dauer oder den Zeitpunkt der nichtlandwirtschaftlichen Tätigkeiten stark eingeschränkt zu sein.“

Verletzung von Europarecht durch DirektZahlDurchfV

Das VG Regensburg und der Bayerische VGH kamen zu dem Ergebnis: Im Fall gereihter, einachsig aufgeständerter PV-Module ist die Ausübung der Schafbeweidung als landwirtschaftliche Tätigkeit ohne Probleme möglich. Der Inhaber des landwirtschaftlichen Betriebs habe daher einen Anspruch auf landwirtschaftsrechtliche Beihilfe.

Auch § 12 Abs. 3 Nr. 6 DirektZahldurchfV könne hieran nichts ändern, so die Gerichte. Dieser lege zwar pauschal fest, dass eine Fläche mit PV-Anlagen „hauptsächlich für eine nichtlandwirtschaftliche Tätigkeit genutzt“ werde. Damit verkenne der deutsche Normgeber aber die unionsrechtlichen Vorgaben aus Art. 32 VO (EU) Nr. 1307/2013.

In der Folge, so der Bayerische VGH, komme es nur darauf an, ob die landwirtschaftliche Tätigkeit in tatsächlicher Hinsicht durch die PV-Anlagen stark eingeschränkt ist oder jedenfalls stark eingeschränkt werden könnte. Sei dem nicht so, komme § 12 Abs. 3 Nr. 6 DirektZahlDurchfV in unionsrechtskonformer Auslegung nicht zur Anwendung.

BVerwG stellt § 12 Abs. 3 Nr. 6 DirektZahlDurchfV in Frage 

Am 13.02.2022 ließ das BVerwG (3 B 21/21) die Revision zur Klärung der Frage zu, ob der deutsche Gesetzgeber in § 12 Abs. 3 Nr. 6 DirektZahlDurchfV von den Anforderungen des Art. 32 VO (EU) Nr. 1307/2013 pauschal abweichen darf, in dem er eine Fläche mit PV-Nutzung grundsätzlich als „hauptsächlich für nichtlandwirtschaftliche Tätigkeiten genutzt“ einstuft.

In der mündlichen Verhandlung am 09.03.2023 betonte das BVerwG zunächst, dass es in dem Verfahren nicht um die Nutzung von Flächen durch Agri-Photovoltaik gehe, sondern um übliche, niedriger platzierte PV-Freiflächenanlagen.

Unter Verweis auf die Begründung des Verordnungsgebers zu § 12 Abs. 3 Nr. 6 DirektZahlDurchfV zweifelte das BVerwG an, ob dieser überhaupt ein Regelungsbedürfnis hatte, um alle Flächen mit PV-Nutzung nach § 12 Abs. 6 DirektZahlDurchfV als „hauptsächlich für nichtlandwirtschaftliche Tätigkeiten genutzt“ einzustufen. Denn in der Begründung zur DirektZahldurchfV führte der Verordnungsgeber aus, dass im „Normalfall“ der PV-Freiflächenanlagen die landwirtschaftliche Betätigung nicht möglich sei. Wenn dem aber so sei, dann erübrige sich, so die Frage des BVerwG, doch eine pauschale Aussage, wie sie in § 12 Abs. 3 Nr. 6 DirektZahlDurchfV getroffen wurde.

Gleichzeitig stellte das Gericht in Frage, ob der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt sei. Der gegenständliche Fall zeige, dass eben trotz PV-Freiflächenanlagen auch eine landwirtschaftliche Tätigkeit uneingeschränkt möglich sei. Dahingehend sei darüber nachzudenken, ob § 12 Abs. 3 Nr. 6 DirektZahlDurchfV den vom Unionsrecht gelassenen Ermächtigungsspielraum überschreite.

Zeitnahe Entscheidung angekündigt

Das Bundesverwaltungsgericht kündigte eine zeitnahe Entscheidung in dem Verfahren (Az.: 3 C 6.22) an. Wir halten Sie auf dem Laufenden!