Tracking pixel BGH: Auch vorzeitig beendete Konzessionsverträge müssen im Bundesanzeiger veröffentlicht werden · MASLATON Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

BGH: Auch vorzeitig beendete Konzessionsverträge müssen im Bundesanzeiger veröffentlicht werden

« Newsübersicht

Urteil vom 18.11.2014 – Az.: EnZR 33/13, Urteilsgründe noch ausstehend

Der BGH hat in einer Grundsatzentscheidung am 18.11.2014 geurteilt, dass das vorzeitige Ende von Konzessionsverträgen ebenfalls im Bundesanzeiger durch die Gemeinden bekannt gemacht werden muss. Unterbleibt eine Veröffentlichung im Bundesanzeiger, führt dies zur Nichtigkeit des Konzessionsvertrages. Mit diesem Urteil hat der BGH eine Entscheidung des OLG Celle bestätigt.

Sachverhalt und Hintergrund

Im Verfahren ging es um einen Stromkonzessionsvertrag des Ortsteils Schierke der Stadt Wernigerode. Die ehemals selbständige Gemeinde Schierke vereinbarte im Jahr 2006 mit der Avacon AG (Energieversorgungsunternehmen – EVU) die vorzeitige Beendigung des noch bis 2011 laufenden Konzessionsvertrags. Dies gab sie lediglich im Deutschen Ausschreibungsblatt bekannt, nicht aber im Bundesanzeiger. Da sich kein anderer Interessent um die Konzession bewarb, wurde mit der Avacon AG ein neuer Vertrag mit zwanzigjähriger Laufzeit abgeschlossen. Nach der Eingemeindung Schierkes im Jahr 2009 wies die Stadt Wernigerode die Avacon AG darauf hin, dass sie den vorzeitig verlängerten Vertrag wegen der unterbliebenen Bekanntmachung im elektronischen Bundesanzeiger für unwirksam halte.

Der BGH musste daher im vorgenannten Sachverhalt zwei Rechtsfragen klären. Zum einen ging es um die Frage, wie vorzeitige Beendigungen von Konzessionsverträgen bekannt gemacht werden müssen und zum anderen um die Frage, ob das Deutsche Ausschreibungsblatt als Veröffentlichungsmedium ausreichend sei.

Sobald ein Konzessionsvertrag regulär ausläuft, müssen Gemeinden form- und fristgemäß zwei Jahre vor der (Neu-)Vergabe das Ende des Konzessionsvertrages sowie die zu veröffentlichendenDaten in geeigneter Form und den Ort der Veröffentlichung im Bundesanzeiger bekannt geben. Dies ist ausdrücklich in § 46 Abs. 3 Satz 1 EnWG geregelt. Nach § 46 Abs. 3 Satz 2 EnWG muss die Veröffentlichung sogar zusätzlich im Amtsblatt der Europäischen Union vorgenommen werden, sofern mehr als 100.000 Kunden unmittelbar oder mittelbar an das Versorgungsnetz angeschlossen sind. Dagegen enthält § 46 Abs. 3 Satz 3 EnWG für den Sonderfall der vorzeitigen Beendigung eines Konzessionsvertrages keine klaren Regeln für die Anforderungen an das Bekanntmachungsverfahren, sondern spricht lediglich von „öffentlich bekannt zu geben“. Das OLG Düsseldorf (Urt. v. 12.3.2008, Az. VI-2 U (Kart) 8/07) hatte für den Fall, dass das vorzeitige Vertragsende gar nicht veröffentlicht wird, bereits entschieden, dass der neue Konzessionsvertrag nichtig ist. Nunmehr hat der BGH die Rechtsfolge der Nichtigkeit darüber hinaus auf die Fälle ausgeweitet, in denen ein falsches Veröffentlichungsmedium gewählt wird. Demnach muss die vorzeitige Beendigung von Konzessionsverträgen zwingend im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlich werden, da die neu abgeschlossenen Verträge ansonsten nichtig sind.

Bedeutung des Urteils für das Konzessionsvergabeverfahren, § 46 EnWG

In der Entscheidung des BGH ist ein grundsätzliches Urteil zum förmlichen Konzessionsvergabeverfahren nach § 46 EnWG für die kommunale Praxis zu sehen. Für Gemeinden und Konzessionsnehmer ist es daher in Zukunft wichtig, unbedingt auf die Einhaltung der Bekanntmachungspflichten aus § 46 Abs. 3 EnWG zu achten. Die Nichtigkeit eines „verlängerten“ Konzessionsvertrages wegen unterbliebener oder falscher Bekanntmachung kann von unterlegenen Bewerbern zum Schutze des nicht wirksam eröffneten Wettbewerbes um die Konzession jederzeit geltend gemacht werden. In der kommunalen Vergabepraxis wurden Konzessionsverträge hingegen häufig vorzeitig beendet und neu abgeschlossen, ohne dass diese Fälle überhaupt öffentlich bekannt gegeben wurden oder im Bundesanzeiger veröffentlicht wurden. Durch diese Praxis kann bspw. die Kollision von mehreren Auslaufterminen vermieden bzw. das Auslaufen von Konzessionsverträgen in benachbarten Gebieten harmonisiert werden. 

Die aktuelle Entscheidung des BGH knüpft an seine bisherige Rechtsprechung an. Grundlegend hatte er sich zum Auswahlverfahren, den Auswahlkriterien und den Rechtsfolgen der Konzessionsvergabe bereits in seiner Entscheidung vom 17.12.2013 (Az.: KZR 65/12 und KZR 66/12) geäußert, die sowohl für Gemeinden als auch für Stromnetzbetreiber gleichermaßen bedeutend ist. Demnach muss auch eine Gemeinde, die entweder selbst in Form eines kommunalen Eigenbetriebes oder in Form eines Stadtwerkes die Energieversorgungsnetze wieder betreiben möchte (Rekommunalisierung), bei der Neuvergabe der Konzessionen ein förmliches, transparentes und diskriminierungsfreies Vergabeverfahren durchführen. Dabei können sich die Gemeinden weder auf ein Konzernprivileg noch auf die aus dem Vergaberecht stammenden Grundsätze des „In-House-Geschäfts“ berufen. Zudem ist gerade eine Entscheidung vom 09.12.2014 des LG Berlin (Az.: 16 O 224/14) bekannt geworden, welches die Qualifizierung als Eigenbetrieb bei einer unselbständigen Verwaltungseinheit anzweifelte. Die Urteilsgründe stehen ebenfalls noch aus.

Für die Gemeinden wird somit ihr Gestaltungsspielraum eingeschränkt, obschon das Vergabeverfahren um die Neukonzessionierung im Gesetz kaum geregelt ist. Angesichts der fortwährenden Rechtsunsicherheiten müssen Gemeinden darauf bedacht sein, dass sie allen Bewerbern die gleichen Informationen zugänglich macht. Die Auswahlkriterien müssen sorgfältig geprüft werden, um ein transparentes und diskriminierungsfreies förmliches Verfahren zu gewährleisten. Angesichts der vorgenannten Rechtsprechung des BGH ist zudem gesteigerter Wert auf die Art und Weise der Bekanntmachung zu legen. Der Bundesrat hat zudem in einem Beschluss vom 28.11.2014 die Absicht der Bundesregierung begrüßt, das Konzessionsvergabeverfahren (§§ 46, 48 EnWG) zu prüfen, um eine größere Rechtssicherheit für alle Beteiligten zu schaffen. Dafür erachtet dieser eine gesetzliche Neufassung als notwendig.

Rückfragen & weitere Informationen:

Rechtsanwältin Dr. Manuela Herms, herms@maslaton.de;
Rechtsanwalt Dr. Christoph Richter, richter@maslaton.de;
Tel.: 0341 – 149500, Internet: www.maslaton.de