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BGH: Filesharing - Eltern müssen den Namen ihrer Kinder preisgeben

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Der BGH hat mit Urteil vom 30.03.2017 (Az. I ZR 19/16) entschieden, dass Eltern bei Kenntnis der Täterschaft ihres Kindes dessen Namen preisgeben müssen, um einer eigenen Haftung für Urheberrechtsverletzungen durch Filesharing zu entgehen.

Zum Sachverhalt

Die Klägerin ist Inhaberin der Verwertungsrechte an den Musiktiteln des Albums „Loud“ der Sängerin Rhianna. Die Beklagten sind die Eltern dreier volljähriger Kinder, die jeweils über einen eigenen PC mit Zugang zum Internet in der gemeinsamen Wohnung verfügen. Das Musikalbum wurde nachweislich über den durch Passwort geschützten, über WLAN-Router zuganglichen Internetanschluss der Beklagten mittels eines Filesharing-Programms zum Download angeboten. Die Klägerin nahm daraufhin die Beklagten als Inhaber des Internetanschlusses wegen der Urheberrechtsverletzung auf Unterlassung, Schadensersatz und Aufwendungsersatz in Anspruch. Die Beklagten stritten eine eigene Täterschaft ab und verwiesen stattdessen darauf, dass nachweislich eines ihrer Kinder die Pflichtverletzung begangen hat, ohne jedoch dessen Namen zu nennen.

Zum Problem

Grundsätzlich trägt der Kläger die Verantwortung, darzulegen und nachzuweisen, dass der in Anspruch genommene Anschlussinhaber für die behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist (sog. „primäre Darlegungslast“). Nach der Ansicht des BGH (z.B. Urteil vom 12.05.2010, Az. I ZR 121/08 - Sommer unseres Lebens) besteht jedoch eine tatsächliche Vermutung dafür, dass der ermittelte Anschlussinhaber auch als Täter für die Rechtsverletzung verantwortlich ist, soweit der Anschlussinhaber die bestehende Vermutung nicht erschüttern kann. Den Anschlussinhaber trifft insofern eine „sekundäre Darlegungslast“, nach der er im Rahmen des Ihm Zumutbaren zur Nachforschung und Mitteilung verpflichtet ist, um die Darlegungslast wieder auf den Kläger zu verlagern. Welche konkreten Voraussetzungen an die Nachforschungs- und Mitteilungspflichten der Anschlussinhaber zu stellen sind, ist jedoch umstritten. Bereits vergangenes Jahr hat der BGH (Urteil vom 12.05.2016, Az. I ZR 48/15) hinsichtlich sog. „Familieninternetanschlüsse“ klargestellt, dass der sekundären Beweislast erst dann genüge getan wird, wenn „nachvollziehbar vorgetragen wird, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen“.

Unklar blieb jedoch, ob dies eine namentliche Benennung der Familienangehörigen erforderlich macht oder eine solche Pflicht dem Anschlussinhaber aufgrund des engen Familienverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

Die Lösung des BGH

Der BGH hat nunmehr entgegen einiger Instanzgerichte (z.B. AG Düsseldorf, Urteil vom 28.10.2014, Az. 57 C 3571/14; AG Landshut, Urteil vom 28.11.2014, Az. 10 C 1392/14) entschieden, dass dem Anschlussinhaber die Namenspreisgabe grundsätzlich zumutbar ist, wenn er die Verantwortlichkeit des Familienangehörigen ermittelt hat. In Abwägung der Interessen der Beteiligten aus Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta, Art. 14 GG (Recht auf geistiges Eigentum) und Art. 7 EU-Grundrechtecharta, Art. 6 Abs. 1 GG (Schutz der Familie) sei der Anschlussinhaber zwar nicht verpflichtet, die Internetnutzung seines Ehegatten zu dokumentieren oder dessen Computer auf Filesharing-Software zu untersuchen, jedoch hat er den Namen des Familienmitgliedes zu offenbaren, wenn er im Rahmen der ihm obliegenden Nachforschungen erfahren hat, dass dieses die Rechtsverletzung begangen hat. Andernfalls trifft ihn selbst die Vermutung der Verantwortlichkeit.

Fazit

Welche konkreten Auswirkungen das Urteil für die Zukunft haben wird, ist noch unklar. Insbesondere bleibt abzuwarten, ob die Namenspreisgabe dem Anschlussinhaber nur dann zumutbar ist, wenn dieser positive Kenntnis von der Verletzungshandlung eines Familienangehörigen hat oder bereits eine begründete Vermutung genügt. In der jüngsten Vergangenheit hatte der BGH (Urteil vom 06.10.2016, Az. I ZR 154/15 – Afterlife) im Zusammenhang mit dem Schutz von Ehe und Familie bereits betont, dass dem Anschlussinhaber eine Untersuchung des Computers und der Internetnutzung der Ehegatten unzumutbar sei. Dagegen sei es im Rahmen der Nachforschungspflicht grundsätzlich zumutbar, Mitnutzer zu dem konkreten Vorgang zu befragen und das Ergebnis der Befragung mitzuteilen. Im welchen Umfang dies auch auf Familienangehörige zutrifft, dürfte von entscheidenden Bedeutung sein, denn nur wenn der Anschlussinhaber zur Nachforschung des tatsächlichen Verantwortlichen auch verpflichtet ist, kann und muss er dessen Namen auch benennen. Insoweit darf man auf die Urteilsbegründung gespannt sein.

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