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BGH zum „Kudamm-Raser-Fall“

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Mit Spannung war die höchstrichterliche Entscheidung zum populären Raser-Fall in Berlin erwartet worden. Mit Urteil vom 01. März 2018 (Az. 4 StR 399/17) äußerte sich der BGH nun dazu.

Auch wenn hierzu oft zu lesen war, dass der höchste Strafsenat das „Mordurteil kippte“, muss zunächst klargestellt werden: Raser können wegen Mordes verurteilt werden.

Der Ausgangsfall

Das Berliner Landgericht hatte am 27.02.2017 (Az. 535 Ks 8/16, (535 Ks) 251 Js 52/16 (8/16)) erstmals neue Wege beschritten und die beiden Angeklagten nach einem Autorennen in der Berliner Innenstadt wegen Mordes verurteilt. Es begründete seine Entscheidung unter anderem damit, dass diese den erforderlichen Tötungsvorsatz in Form eines billigenden Inkaufnehmens zwar nicht von Beginn an, jedoch unter zusätzlich erhöhter Geschwindigkeit wohl spätestens bei der Einfahrt in die Unfallkreuzung innehatten, wo es zum Zusammenstoß kam, der einem 69jährigen Fahrer eines Geländewagens das Leben kostete.

Die Entscheidung des BGH

Das Urteil des Berliner Landgerichtes wurde aufgehoben und zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen. Ob das Handeln der Raser damit als eine vorsätzliche Tötung zu bewerten ist oder diesen „nur“ eine fahrlässige Tötung zur Last gelegt werden kann, ist folglich nicht endgültig entschieden. Im Gegenteil, denn der 4. Strafsenat des BGH hat deutlich gemacht, dass bei der Durchführung illegaler Autorennen mit tödlichem Ausgang eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Tötung dem Grunde nach durchaus in Betracht kommt. Somit hängt es stets von einer Gesamtschau der konkreten Umstände des Einzelfalls ab, ob sich der Täter um des erstrebten Zieles willen wenigstens mit dem Erfolg abfindet oder ob er auf einen guten Ausgang ernsthaft und nicht nur vage vertraut und folglich nur fahrlässig handelt.

Die Aufhebung und Zurückverweisung an das Landgericht stützt der BGH maßgeblich auf nachlässige Formulierungen in der Entscheidungsbegründung.

Vor allem wies er auf einen nicht unbedeutenden Widerspruch in Bezug auf das Koinzidenzprinzip (Vorsatzzeitpunkt) hin: der Zeitpunkt des Vorsatzes sollte zugleich davon geprägt gewesen sein, dass die Geschehnisse für die Raser bereits unabwendbar geworden waren. Dementsprechend könnte zu diesem Zeitpunkt nur noch ein sog. dolus subsequens (ein nachträglicher Vorsatz) angenommen werden, welcher jedoch regelmäßig unbeachtlich ist. Als anschauliches Beispiel kursiert hierfür, nicht nur im Zuge des Kudamm-Raser-Falls, das Bild eines Täters, der ohne Böses zu wollen einen Felsblock ohne nachzudenken einen Abhang hinunterrollt und erst später erkennt, dass der Stein eine Person, die am Fuße des Berges steht, erschlagen wird. Dieses Verhalten macht einen Menschen jedoch nicht zum Mörder.

Desweiteren sah der BGH die in den Medien vielfältig diskutierte Frage der Selbstgefährdung durch die Täter nicht hinreichend geklärt. Sofern die Täter den Tod eines anderen potenziell Unfallbeteiligten in Kauf nehmen, nehmen sie damit häufig zwangsläufig auch den eigenen Tod bzw. denjenigen eines Mitinsassen in Kauf. Dies könnte im Einzelfall der Annahme eines Tötungsvorsatzes entgegenstehen. In diesem Zusammenhang verwies der BGH auf einen noch zu klärenden Widerspruch.

Das Berliner Landgericht führte nämlich aus, es bestünde kein Billigen des eigenen Todes der Angeklagten, da diese sich in ihren Fahrzeugen „wie in einem Panzer“ und demzufolge sicher fühlten. In Bezug auf die Mitinsassin eines Angeklagten hatte das Landgericht hingegen ein Inkaufnehmen des Todes dieser Mitfahrerin aus Sicht des Fahrers bejaht.

Nicht zuletzt widmete sich der BGH auch einem Punkt, der zuvor kaum Beachtung fand. So stellte er in Frage, ob derjenige der beiden Raser, welcher am Rennen, aber nicht am Unfall beteiligt war, überhaupt als Mittäter in Anspruch genommen werden kann. Nach Ansicht des BGH ist dies vor dem Hintergrund des dafür erforderlichen gemeinsamen Tatplans zweifelhaft, da der Tatplan eines illegalen Autorennens nicht per se die Tötung eines anderen Menschen einschließe. Hierzu wäre somit ein von Anfang an diesbezüglich ausgestalteter Tatplan oder eine spätere dahingehende Erweiterung oder Neufassung dieses erforderlich gewesen.

Folglich hob der BGH als Revisionsinstanz das Urteil des LG Berlin auf und verwies den Fall zur erneuten Entscheidung zurück an eine andere Kammer des Landgerichts Berlin.

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