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BayVGH: Drohnenbefliegung eines Wohngrundstücks zur Beitragserhebung ist rechtswidrig

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Am 15. Februar 2024 hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) die Beschwerde der Stadt Neumarkt-Sankt Veit im Landkreis Mühldorf am Inn abgelehnt und festgestellt, dass die geplante Drohnenbefliegung eines Wohngrundstücks zur Ermittlung der Geschossfläche rechtswidrig ist.

Ursprünglich plante die Stadt für Oktober 2023 eine Drohnenbefliegung mehrerer Wohngrundstücke, um die Geschossfläche der dortigen Gebäude zu ermitteln. Die gesammelten Daten sollten dazu verwendet werden, den sogenannten Herstellungsbeitrag zu berechnen, der für den Anschluss von Grundstücken an die kommunale Abwasserentsorgung erhoben wird. Nachdem der Antragsteller, dem ein Wohngrundstück im Stadtgebiet gehört, über die geplante Drohnenbefliegung informiert wurde, wandte er sich an das Verwaltungsgericht München, welches seinem Eilantrag stattgab. Die Stadt legte gegen diesen Beschluss Beschwerde beim BayVGH ein. Der BayVGH wies die Beschwerde der Stadt mit dem Hinweis zurück, dass dem Antragsteller ein Anordnungsanspruch auf Unterlassung der geplanten Drohnenbefliegung gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog zusteht, welcher die Drohnenbefliegung seines Grundstücks verbietet. 

Die geplante Drohnenbefliegung erhebt im Sinne des Art. 4 Nr. 1 und 2 DSGVO personenbezogene Daten. Über die Lichtbildaufnahmen eines Grundstücks und eines Gebäudes wird der Personenbezug im Sinne von Art. 4 Nr. 1 DSGVO zum einen aus der Georeferenziertheit dieser Daten hergestellt, also aus ihrer Verknüpfung mit Geodaten zur Lage und Bezeichnung des Grundstücks, mit denen wiederum ein Bezug zur Person des jeweiligen Grundstückeigentümers hergestellt werden kann.

Es bedarf gemäß Art. 6 Abs. 1 Buchst. e und Abs. 3 DSGVO einer Rechtsgrundlage, da der Antragsteller keine Einwilligung gemäß Art. 6 Abs. 1 Buchst. a, Art. 7 DSGVO erteilt hat. Hier fehlt es bereits an einer Rechtsgrundlage für die geplante Maßnahme. Insbesondere kann nicht die Generalklausel des bayerischen Datenschutzgesetzes herangezogen werden, Art. 4 Abs. 1 BayDSG. Diese erlaubt zwar eine Verarbeitung personenbezogener Daten durch eine öffentliche Stelle, wenn sie zur Erfüllung einer ihr obliegenden Aufgabe erforderlich ist. Aufgrund ihrer allgemeinen Fassung ist sie nur im Falle einer Datenverarbeitung anwendbar, die mit einem geringfügigen Eingriff in die Rechte der Betroffenen verbunden ist. Diese Einschränkung ergibt sich insbesondere aus dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenbestimmtheit und -klarheit.  

Auch stellt der Einsatz der Drohne einen erheblichen Eingriff in das vom Grundgesetz geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht des Antragstellers dar. Wenn das Wohngebäude von außen aufgenommen wird, ist die schützenswerte Privatsphäre betroffen, denn mit der Drohne können Aufnahmen von zur Wohnung zählenden Terrassen, Balkonen oder Gartenflächen hergestellt werden. Außerdem können nicht nur die sich dort aufhaltenden Personen fotografiert werden, sondern sei auch weiterhin nicht auszuschließen, dass durch Glasflächen auch Innenräume erfasst werden könnten.

Der Einsatz einer Drohne im Auftrag einer Gemeinde zur Anfertigung von Fotoaufnahmen eines Wohngrundstücks und eines Wohngebäudes von außen zur Ermittlung von Geschossflächen kann deshalb nicht auf Art. 4 Abs. 1 BayDSG gestützt werden, sondern bedarf einer speziellen Rechtsgrundlage. Die Maßnahme stellt einen erheblichen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG dar, welches das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und Achtung der Privatsphäre umfasst.

Der Beschluss des BayVGH ist unanfechtbar.


(BayVGH, Beschluss vom 15. Februar 2024, Az.: 4 CE 23.2267)