Bürokratiekosten am Beispiel der Ausschreibungen
« NewsübersichtDie Bundesregierung sieht in den kommenden Ausschreibungen ein Allheilmittel für die Kosten der Energiewende. Völlig außen vor bleibt dabei, zu welchem enormen bürokratischen Aufwand die Ausschreibungen führen können. Die Regierung kalkuliert den zusätzlichen Erfüllungsaufwand für Wind an Land auf 4,7 Mio. Mio. Euro pro Jahr und den Verwaltungsaufwand auf 520.000 Euro pro Jahr. Für alle Erneuerbaren-Technologien zusammen rechnet die Regierung mit jährlich 24 Mio. Euro Mehrkosten. Der Gesetzgeber neigt jedoch dazu, Bürokratiekosten zu unterschätzen. Und im Rahmen der Ausschreibungsverfahren werden sich neue Rechtsschutzfragen ergeben. Bieter, deren Gebote keinen Zuschlag erhalten, können gegen die Entscheidung der Bundesnetzagentur vorgehen und im Wege einer sogenannten Verpflichtungsbeschwerde für sich selbst einen zusätzlichen Zuschlag erwirken.
Das Prozesskostenrisiko richtet sich nach der Höhe des Streitwerts. Der ergibt sich zunächst aus einem Planungs- und Genehmigungsvorlauf von drei bis vier Jahren. Die Fachagentur Windenergie an Land legt hier Kosten je nach Projekt von 70 bis 150 Euro je kW der geplanten Anlagenleistung zugrunde. Ein Zehn-MW-Windpark hat danach Vorlaufkosten von 700.000 bis 1,5 Mio. Euro. Es steht aber auch die Förderung über den 20-jährigen Vergütungszeitraum im Raum. Sie hängt unter anderem ab von der Anlagengröße, dem Zuschlagswert und der Entwicklung der Börsenstrompreise. Hier erreichen die Ansprüche schnell einen hohen Millionenbereich.
Ein Klagebedürfnis ergibt sich auch, wenn die Behörde Gebote aufgrund formaler oder inhaltlicher Mängel bereits von der Teilnahme an der Ausschreibung ausgeschlossen hat oder bereits erteilte Zuschläge wieder aufhebt, etwa weil die Erteilung zu Unrecht erfolgte. Auch die Netzbetreiber können gegen aus ihrer Sicht unrechtmäßige oder fehlerhaft ausgestellte Zahlungsberechtigungen vorgehen, denn im Moment ist das Gesetz so angelegt, dass der Netzbetreiber auch bei falscher Ausstellung zunächst für den eingespeisten Strom zahlen muss.
Bei den bisherigen Solarausschreibungen ist es noch nicht zu Klagen gekommen - das ist jedoch kein Maßstab. Einige Planer haben zwar anwaltliche Unterstützung für das erstmalige Ausfüllen der Ausschreibungsunterlagen hinzugezogen. Dass keine Rechtsschutzverfahren laufen, liegt aber eher in der Kostenstruktur der Solaranlagen begründet und in den vergleichsweise geringen Vorlaufkosten sowie dem geringeren zeitlichen Planungsvorlauf.
Es ist zu vermuten, dass das Rechtsschutzbedürfnis bei erfolglosen Bietern für Windenergieanlagen an Land weitaus größer sein dürfte, da diese - abgesehen von Bürgerenergiegesellschaften - erst mit einem nach Bundesimmissionsschutzgesetz genehmigten Projekt an dem Ausschreibungsverfahren teilnehmen können. So wird ein Bürokratieaufwand generiert, der das Argument der Kosteneffizienz von Ausschreibungen infrage stellt.
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Prof. Dr. Martin Maslaton, martin@maslaton.de,
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