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Der Buchauszugsanspruch eines Handelsvertreters steht nicht in Konflikt zur DSGVO

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Nach Beendigung der Tätigkeit als selbstständiger Handelsvertreter für einen Versicherungsermittler verlangt der Handelsvertreter den Buchauszug. Der Prinzipal verweigert ihm diesen jedoch. In der Berufungsinstanz stützt er sich auch auf die DSGVO, hat damit vor den Richtern des OLG München aber keinen Erfolg (OLG München, Urt. 31.07.2019, Az.: 7 U 4012/17).

Verhindert das Datenschutzrecht den Buchauszugsanspruch?

Geklagt hatte ein Handelsvertreter gegen einen Vermittler von Versicherungsverträgen, Finanzierungen und Anlagen (Prinzipal). Er war seit April 2018 (selbstständig) in dieser Funktion tätig gewesen. Im Jahr 2015 war es dann zur Beendigung des Handels- und Versicherungsvertreterverhältnisses zwischen den Parteien gekommen. Nunmehr verlangte der Handelsvertreter gemäß §§ 92, 87c Abs. 2 HGB den Buchauszug für den Zeitraum vom 01.11.2011 bis 30.04.2015.

In der Vorinstanz hatte das Landgericht München I (Urt. v. 10.11.2017, Az. 14 HK O 10300/15) der Klage vollumfänglich stattgegeben. Dagegen hatte der unterlegene Prinzipal Berufung zum OLG eingelegt und die Klageabweisung beantragt. Seine Argumentation in der Berufungsinstanz stützte er unter anderem auf den Umstand, dass eine Auskunft aus datenschutzrechtlichen Gründen zu versagen sei. Damit hatte sich das Gericht neben handelsrechtlichen Fragen auch intensiv mit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und deren Erlaubnistatbeständen auseinanderzusetzen.

Im Ergebnis bestätigte das Berufungsgericht die Entscheidung aus der Vorinstanz im Wesentlichen und kam zu dem Schluss, dass die DSGVO dem Buchauszugsanspruch des Handelsvertreters nicht entgegenstehe:

„Zwar ist die DSGVO […] auf alle im Laufe des Berufungsverfahrens erteilten Buchauszüge und auch auf alle nach § 87 c Abs. 2 HGB zukünftig noch vorzunehmenden Datenverarbeitungen anwendbar […], jedoch ist die mit der Erteilung eines Buchauszuges verbundene Datenübermittlung nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 DSGVO erlaubt.“ 

(OLG München, Urt. 31.07.2019, Az.: 7 U 4012/17, Rn. 42; Kürzungen durch den Verfasser)

Keine Deckung von Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. b und c DSGVO

Das Gericht prüfte sodann die Erlaubnistatbestände des Art. 6 Abs. 1 S. 1 DSGVO. Dabei lehnte es Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. b DSGVO ab. Denn hierfür müsste die betroffene Person Vertragspartei sein. Jedoch seien Parteien des Handelsvertretervertrags allein der Handelsvertreter sowie der Prinzipal. Man könnte hier allenfalls auf den auf Grund der Vermittlung durch den Handelsvertreter abgeschlossenen Versicherungs- bzw. Finanzdienstleistungsvertrag des Kunden mit dem Prinzipal abstellen. Zu dessen Durchführung wiederum bedarf es jedoch des Buchauszugs nicht.

Ebenso sah das OLG München Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. c DSGVO als nicht gegeben, da jedenfalls das erforderliche „öffentliche Interesse“ im Sinne des Art. 6 Abs. 3 S. 4 DSGVO fehle.

Aber: Erlaubnistatbestand Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f DSGVO

Im Weiteren war daher Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f DSGVO zu beleuchten, welcher eine zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderliche Verarbeitung erlaubt, sofern nicht ein Schutzinteresse der betroffenen Person überwiegt.

Das OLG sah diesen und damit den Buchauszugsanspruch des Handelsvertreters als gegeben an. Jener sei Dritter im Sinne des Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f DSGVO und sein Vergütungsanspruch stelle ein berechtigtes Interesse dar. In seiner Begründung zieht das Gericht Art. 12 Abs. 2 der Richtlinie des Rates vom 18.12.1986 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter (86/653/EWG) heran. Der Buchauszugsanspruch des Warenhandelsvertreters sei danach (auch) europarechtlich geschützt und schon deshalb liege ein berechtigtes Interesse vor. Die Interessenlage bei einem sonstigen Handelsvertreter sei insoweit vergleichbar und die Wertung für den Warenhandelsvertreter aus Art. 12 Abs. 2 der Richtlinie heranzuziehen. Auch die Interessenabwägung sah der Senat vor dem Hintergrund der existenziellen Bedeutung des Provisionsanspruchs für den Handelsvertreter klar zu dessen Gunsten gewichtet.

Fazit

Immer wieder spielen sich Entscheidungen über die Zulässigkeit von Datenverarbeitungsvorgängen personenbezogener Daten im Bereich des Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f DSGVO ab. Die vorstehende Entscheidung bildet ein neues Kapitel auf dem Weg zur richterlichen Ausfüllung dieses zentralen Erlaubnistatbestands:

Einem Handelsvertreter kann der Buchauszugsanspruch im Regelfall nicht aus datenschutzrechtlichen Gründen versagt werden. Denn in der Verfolgung des Provisionsanspruchs besteht ein existenzielles Interesse des Handelsvertreters an der Datenverarbeitung. Dieses überwiegt den Schutzinteressen der Kunden, für die infolge des Vertragsabschlusses über einen Handelsvertreter eine derartige Verarbeitung grundsätzlich erwartbar war (vgl. Erwägungsgrund 47 zur DSGVO). Der Umfang des Buchauszugsanspruchs erstreckt sich allerdings nur auf solche Daten, die nach der getroffenen Provisionsvereinbarung für die Berechnung der Provision von Bedeutung sein können und die sich aus den Büchern des Prinzipals ergeben.