Ein Entwurf, der nicht zur Technik passt
« NewsübersichtBerlin (energate) - Die Bundesregierung zwingt der Branche beim neuen KWK-Gesetz Ausschreibungen auf - wie bei Wind und Solar. Dabei übersieht sie etwas Wesentliches, beklagt Anwalt Martin Maslaton von der gleichnamigen Leipziger Energierechtskanzlei im Gastkommentar: KWK-Anlagen produzieren nicht in erster Linie Strom, sondern Wärme. Für die Herausforderung, das sinnvoll zu regeln, habe die Regierung bisher keine Lösung.
"Die Bundesregierung will schon vor der Heizsaison 2017/18 mit den ersten Auktionen für KWK-Anlagen starten. Das ist ambitioniert: Bisher gibt es nur den Entwurf eines KWK-Änderungsgesetzes und die Kritik des Bundesrates daran. Der Entwurf bestimmt, dass Anlagen zwischen 1 und 50 MW nur noch gefördert werden, wenn sie sich in einer Ausschreibung durchsetzen. Die bisherige Regelung sieht eine feste Einspeisevergütung vor, die bei Anlagen mit mehr als 2 MW 1,8 Cent/kWh beträgt. Die Auktionen orientieren sich am Ausschreibungsdesign des EEG 2017. Dabei lässt sich das Bundeswirtschaftsministerium auch vom Bundesrat nicht bremsen: Fast alle Änderungswünsche der Länderversammlung lehnt die Bundesregierung ab.
Dabei sind die Probleme offenkundig: Jedem ist klar, dass eine KWK-Anlage mit 1 MW nicht so günstig Strom produziert wie eine mit 50 MW. Auch die Vorgabe, dass nur Anlagen an der Auktion teilnehmen dürfen, die den gesamten Strom ins Netz einspeisen, ist fraglich - denn so wird der wünschenswerten Selbstversorgung ein Riegel vorgeschoben. Die Selbstversorgungs-Anlagen sind ohnehin schlechter gestellt, da sie jetzt schon kaum in der Lage sind, ihren Strom über Direktvermarkter zu vertreiben. Die primär wärmegeführten Anlagen können definierte Strommengen zu definierten Zeitpunkten kaum anbieten. Sie werden dafür von den Stromhändlern mit schlechten Vergütungen bestraft.
Die meisten KWK-Anlagen sind wirtschaftlich vor allem mit Blick auf die Wärmeerzeugung konzipiert. Wenn sie einen Großteil ihrer Wärme nutzen (also verkaufen) können, sind sie kaum noch auf den Stromverkauf angewiesen. Das ist etwa bei Anlagen der Fall, die Industriebetriebe im Mehrschichtbetrieb mit Wärme versorgen. Eine KWK-Anlage, die primär Wohnungen heizt, hat dagegen keine Chance auf einen annähernd vergleichbaren Wärmeabsatz. Sie braucht Einnahmen aus der Stromproduktion. So kann die KWK-Anlage im Industrieeinsatz den Stromverkauf als Bonus mitnehmen, die Einnahmen aus dem auktionierten Strom als Kostendeckungsbeitrag rechnen und unter Gestehungskosten anbieten. Damit wären aber gerade die wichtigen, hocheffizienten KWK-Anlagen im Gebäudebestand deutlich diskriminiert. Hier sollte der Gesetzgeber dringend auf die Expertenmeinung und den Bundesrat hören.
Die Orientierung des Gesetzes am EEG 2017 zeigt so ihren grundsätzlichen Konstruktionsfehler: Die Idee des Gesetzes passt nicht zur Technik. Um das auszugleichen, müsste das Bundeswirtschaftsministerium für KWK einen oder mehrere Korrekturfaktoren finden. Bei der Windkraft werden die realen Gebote durch einen Korrekturfaktor für die Windverhältnisse am Standort ausgeglichen. Das stellt sicher, dass die Windkraft nicht nur an der Küste und auf Höhenzügen ausgebaut wird. Bei KWK ist die Situation komplexer: Um hier zu einer sinnvollen Steuerung des Ausbaus zu kommen, müssen die Größe der Anlage, das Wärmekonzept und die Möglichkeiten des Wärmeabsatzes berücksichtigt werden. Die Konsultation der Ausführungsbestimmungen soll im Frühjahr beginnen. Schon im Herbst 2017 sollen die ersten Ausschreibungen stattfinden. Für eine sachgerechte Lösung bleibt nicht viel Zeit."/Martin Maslaton