Entscheidung über Regionalplan Uckermark-Barnim
« NewsübersichtNach dem Erörterungstermin vom 18.06.2020 vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg steht praktisch fest, dass der Regionalplan unwirksam ist.
Vor dem OVG Berlin-Brandenburg fand heute ein Rechtsgespräch zwischen dem erkennenden Senat und den Prozessbevollmächtigten der Kläger gegen den Regionalplan Uckermark-Barnim statt. Das Gericht überprüft aktuell aufgrund von drei Klagen die Rechtmäßigkeit des sachlichen Teilregionalplans „Windnutzung, Rohstoffsicherung und -gewinnung“ 2016, welcher im Oktober 2016 in Kraft getreten war. Und wieder einmal sieht es so aus, dass sich das Gericht gegen die Rechtmäßigkeit eines Regionalplans aussprechen muss, der doch eigentlich die seit 1997 privilegierte Windenergie im Außenbereich steuern sollte.
I. Rechtsfehler des Regionalplans
Hinsichtlich der einzelnen Punkte vertritt die MASLATON Rechtsanwaltsgesellschaft mbH die folgenden Positionen: Der Teilregionalplan Uckermark-Barnim wurde bereits in einer nicht genehmigten Fassung im Amtsblatt für Brandenburg Nr. 43/1016 vom 18. Oktober 2016 bekanntgemacht. Die Regionale Planungsgemeinschaft hatte es dabei unterlassen, die Regionalversammlung nach Streichung des Satzes 4 des Ziels Z 1 erneut zu beteiligen. Wie jedoch aus § 10 Abs. 1 ROG hervorgeht, führt ein Verstoß gegen die Bekanntmachungspflicht zur formellen Rechtswidrigkeit, da ein solcher Verstoß stets beachtlich ist. Schließlich ist die notwendige Identität der anzuwenden Norm und ihres Inhaltes mit dem vom Normgeber Beschlossenen verloren gegangen.
Ebenso leidet der Teilregionalplan Uckermark-Barnim unter materiellen Fehlern. So wurden u.a. die Waldgebiete nach § 12 LWaldG sowie die beschränkten Bauschutzbereiche des Flugplatzes Eberswalde-Finow unzulässiger Weise als harte Tabuzonen eingeordnet. Weder sieht § 12 LWaldG ein generelles Bauverbot von Windenergieanlagen vor, noch ist ein solches bei beschränkten Bauschutzbereichen nach § 17 Abs. 1 LuftVG anzunehmen. Beide Vorschriften verlangen lediglich eine Einzelfallprüfung in Bezug auf die Errichtung von Windenergieanlagen. Damit ist weder in Waldflächen nach § 12 LWaldG noch in beschränkten Bauschutzbereichen nach § 17 Abs. 1 LuftVG die Windenergienutzung aus tatsächlichen und/oder rechtlichen Gründen schlechthin ausgeschlossen. Diese Gebiete stellen demnach auch keine harten Tabuzonen dar.
Der Plangeber hat es zudem unterlassen zwischen dem rechtlichen Regime von harten und weichen Tabuzonen in Bezug auf die Siedlungsabstände zu unterscheiden. Während Mindestabstände zu Wohnnutzungen rechtlich zwingend erforderlich sind, kommt es beim Vorsorgeabstand allein auf den planerischen Gestaltungswillen des Plangebers an. Die regionale Planungsgemeinschaft Uckermark-Barnim hat jedoch den „harten“ Mindestabstand zu Siedlungsgebieten mit dem „weichen“ Vorsorgeabstand zu Siedlungsgebieten kombiniert und lediglich einen einheitlichen Siedlungsabstand von 800 m festgesetzt. Auch fehlt eine differenzierte Auseinandersetzung der jeweiligen Schutzbedürftigkeit der einzelnen Siedlungsgebiete (reine oder allgemeine Wohngebiete, Dorf- und Mischgebiete, vgl. Ziffer 6.1 der TA Lärm). Ein schlüssiges gesamträumliches Plankonzept kann für den Teilregionalplan Uckermark-Barnim demnach schon nicht angenommen werden.
Schließlich verschafft der Teilregionalplan Uckermark-Barnim der Windenergie auch keinen substanziellen Raum. Lediglich 3,5 % des Plangebietes im Verhältnis zur Gesamtfläche nach Abzug der harten Tabukriterien werden für die Windenergienutzung freigegeben. Bereits das OVG Münster hat in seiner Entscheidung vom 22.09.2015 (10 D 82/13.NE) in Anlehnung an eine frühere Entscheidung des VG Hannover (Urt. v. 24.11.2011 (4 A 4927/09) jedoch einen Richtwert für das eben genannte Flächenverhältnis von 10 % herangezogen. Explizit verneint das OVG Münster in dieser Entscheidung das substanzielle Raumschaffen bei einem Wert von lediglich 3,4 %. Dies muss schließlich auch für die Ausweisung der Windvorranggebiete des Teilregionalplans Uckermark-Barnim gelten: Ein Substanzielles Raumschaffen für die Windenergienutzung fand hier nicht statt.
Bereits die hier genannten Punkte lassen auf die Rechtswidrigkeit des sachlichen Teilregionalplans „Windnutzung, Rohstoffsicherung und -gewinnung“ 2016 und damit auf die Gesamtunwirksamkeit des Regionalplanes schließen.
II. Weiterer Gang des Verfahrens & Auswirkungen
Inwieweit sich das OVG Berlin-Brandenburg auf die hier vorgebrachten Rechtswidrigkeitsgründe in seiner erwarteten Entscheidung beziehen wird, bleibt abzuwarten. Dass das Gericht der obigen Argumentation folgen wird, steht zu vermuten. Festgehalten werden kann jedoch, dass es der Politik nach wie vor nicht gelingt, der ihr übertragenen Aufgabe der Raumordnung und des Klimaschutzes in zulässiger und verantwortungsvoller Weise nachzukommen. Vielmehr gehört es mittlerweile zum Alltag, dass diese Aufgabe durch die Justiz übernommen wird. Es muss ein Wandel hin zu einer gesellschaftlichen Entscheidung für den Klimaschutz geben. Vor allem hat die Politik endlich ihre Aufgabe den Klimaschutz über die Raumplanung zu integrieren, zu erfüllen.