Erneuerbare Energien – Bundesregierung zündet den (Agri-)Photovoltaik-Turbo
« NewsübersichtDas „Solarpaket I“ verspricht Beschleunigung des Ausbaus durch Neuerungen beim Repowering von Dach-PV, Duldungspflichten bei WEA und Erleichterungen von Freiflächen-PV: Ein Überblick über die geplanten Änderungen.
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) bereitet aktuell mit einem Referentenentwurf zum „Solarpaket I“ die gesetzliche Umsetzung der Photovoltaik (PV)-Strategie aus dem Mai 2023 vor. Mit dem uns vorliegenden Referentenentwurf des „Solarpaket I“ sollen erste Maßnahmen der Strategie zur Beschleunigung und Steigerung des Ausbaus von Photovoltaik ergriffen werden. Ein „Solarpaket II“ mit weiteren Änderungen soll folgen. Nun stehen die Ressortabstimmung mit den anderen Ministerien und die Verbändebeteiligung noch aus, weshalb auch (umfangreichere) Änderungen nicht auszuschließen sind.
Das Solarpaket I: Die geplanten Änderungen im Überblick
Der Referentenentwurf umfasst ein Konglomerat an vielen kleinen – doch nicht uninteressanten Themen. Ein Überblick:
Nicht nur für Photovoltaik- sondern für alle Projektierer:innen der Erneuerbaren Energien (EE) relevant sind zwei geplante Vorschriften im EEG: Der Entwurf sieht zum einen mit § 11a EEG die Einführung einer Duldungspflicht von Grundstückseigentümern für Leitungen von EE-Anlagen vor und zum anderen mit § 11b EEG die Einführung einer Duldungspflicht für die Inanspruchnahme von Grundstücken für den Schwertransport von Windenergieanlagen (WEA) vor.
Speziell für Gebäude-PV sind folgende Neuerungen vorgesehen:
Förderungsanspruch bei Repowering von Dach-PV-Anlagen
Das Repowering von Dach-PV-Anlagen soll mit der Anpassung des § 38h EEG attraktiver gestaltet werden, indem für die zusätzliche installierte Leistung ein neuer Förderanspruch mit regulär 20-jähriger Förderdauer begründet werden kann.
Ausweitung des vereinfachten Netzanschlusses
Durch eine Änderung des § 8 Absatz 5 EEG soll der vereinfachte Netzanschluss auf Anlagen mit bis zu 30 kW installierter Leistung ausgeweitet werden – vorausgesetzt auf dem Grundstück besteht bereits ein Netzanschluss.
Verbesserungen für Steckersolaranlagen (sog. Balkon-PV)
Eine Balkon-PV soll durch Anhebung der Grenze für die Wechselrichterleistung von 600 auf 800 Watt attraktiver gestaltet werden (§ 9 Absatz 3 EEG). Diese bleiben jedoch auf eine Anlagengröße von max. 2 kWp begrenzt. Dadurch soll die Netzbetreibermeldung entfallen und nur noch die Meldung im Marktstammdatenregister erforderlich sein.
"unentgeltliche Abnahme" für Anlagen bis 200kWp
Damit auch PV-Anlagen, die bisher knapp über der Direktvermarktungsgrenze liegen, nicht abgeregelt werden, sondern dem Stromsystem zur Verfügung gestellt werden können, soll die unentgeltliche Abnahme auf Anlagen bis 200kW (bis 2025 bis 400kWp) erweitert werden (§ 22 Absatz 1 und § 21c Absatz 1 EEG).
Entbürokratisierung des parallelen Betriebs einer Voll- und einer Teileinspeiseanlage
Bei gleichzeitigem Betrieb von einer Voll- und Teileinspeisanlage soll nicht nur die Meldepflicht vereinfacht werden, sondern auch die Regelung, dass beide Anlagen auf dem gleichen Gebäude sein müssen, gestrichen werden, § 48 Absatz 2a Satz 2 EEG.
Neuer Stichtag für Salarstadlregelung
Durch die Änderung des Stichtags in § 48 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 EEG (sog. Solarstadlregelung) vom 1. April 2012 auf den 1. März 2023 soll die zukünftige Errichtung von „Solarstadln“ weiterhin effektiv ausgeschlossen werden.
Erleichterungen für Garten-PV
§ 100 Absatz 23 EEG soll eine befristete Ausnahmeregelung zu § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1a EEG schaffen. Die für Garten-PV-Anlagen relevante Reglung, nachdem das Dach des Wohngebäudes für PV nicht geeignet sein darf, bleibt vorerst ausgesetzt.
Neuerungen für Gebäudestromanlagen im EnWG
Mit § 42b EnWG wird eine Regelung und Definition für die Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung bei Gebäudestromanlagen geschaffen.
Neues Melderegister für Energieanlagen
Der Entwurf kommt ebenfalls dem von der Energiewirtschaft viel geforderten neuen online zugänglichem Register zur Erfassung und Überwachung von Energieanlagen sowie Energieanlagenteilen nach (§49d EnWG).
Auch für Freiflächen-PV sollen Erleichterungen kommen:
Ausweitung der finanziellen Beteiligung der Kommunen
Mit einer begrifflichen Änderung in § 6 Absatz 1, 3 und 5 EEG 2023 soll der Anwendungsbereich der finanziellen Beteiligung der Kommunen über Freiflächenanlagen hinaus auch auf sonstige Solaranlagen des 1. Segments (i.S.v. § 3 Nummer 41a EEG 2023) – demnach auch auf baurechtlich privilegierten Flächen - ausgeweitet werden.
§ 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 Buchstabe c EEG
Anlagen außerhalb von Ausschreibungen sollen bis 1 MW ebenfalls in benachteiligten Gebieten ermöglicht werden können, soweit die jeweilige Landesregierung von ihrer Verordnungsermächtigung Gebrauch gemacht hat.
Ausblick: PV-Turbo oder doch nur Bürokratie im Schneckentempo?
Auch wenn die geplanten Änderungen im Einzelnen eher klein erscheinen und größere Themenkomplexe wie die Flächenkulisse oder anzulegende Werte für mittelgroße Dachanlagen ausgelassen wurden, ist es in der Gesamtschau ein weiterer richtiger Schritt in Richtung Energiewende. Dies bestätigt auch ein Blick in den aktuellen Gesetzesentwurf zur Digitalisierung der Bauleitplanung, welche in § 35 I Nr. 9 BauGB eine teilweise Privilegierung für Agri-PV-Anlagen nach § 48 EEG vorsieht. Doch zur energetischen Unabhängigkeit wird es noch mehr brauchen.