Erneuerbare Energien – Duldungspflicht zur Verlegung von Leitungen geplant
« NewsübersichtMit dem nun im Kabinett beschlossenen Solarpaket I soll auch eine Duldungspflicht für Grundstückseigentümer und Nutzungsberechtigte zur Verlegung von elektrischen Leitungen kommen.
Das Bundeskabinett hat am 16. August 2023 den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des EEG 2023 und weiterer energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften beschlossen. Bereits Anfang Juli berichteten wir über den ersten Referentenentwurf des Solarpaket I. Eine aktuelle Übersicht der geplanten Änderungen stellt das BMWK. Besondere Aufmerksamkeit verdient dabei die geplante Vorschrift des § 11a EEG, welche eine Duldungspflicht für die Verlegung und den Betrieb von Anschlussleitungen von Anlagen der Erneuerbare Energien vorsieht.
§ 11a EEG – Die Regelung im Überblick
Die geplante Vorschrift verpflichtet nicht nur Eigentümer eines Grundstücks, sondern auch deren Nutzungsberechtigte zur Duldung der Verlegung von elektrischen Leitungen sowie sonstigen Einrichtungen zum Anschluss von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien. Die Duldungspflicht umfasst dabei ebenfalls die Errichtung, Instandhaltung, Instandsetzung, den Schutz und Betrieb der Leitungen und soll dabei an folgende Modalitäten geknüpft werden:
Einmalige Entschädigung
Im Gegenzug werden die Betreiber:innen zur Zahlung einer einmaligen Entschädigung von 5 % des Verkehrswertes der in Anspruch genommenen Schutzstreifenfläche verpflichtet.
Anwendung auf öffentliche Verkehrswege
Die Duldungspflicht findet dabei auch auf Verkehrswege Anwendung, wobei für öffentliche Verkehrswege eine vertragliche Regelung der Modalitäten zwingend vorgeschrieben ist.
Entfall bei Unzumutbarkeit bzw. Einstellung der Nutzung
Die Duldungspflicht entfällt zudem bei Unzumutbarkeit der Nutzungsbeeinträchtigung und endet 48 Monate nach dauerhafter Einstellung des Betriebs der Leitungen.
Verpflichtung der Eigentümer zur Unterlassung gefährdender Maßnahmen
Grundstückseigentümer und Nutzungsberechtigte haben alles zu unterlassen, was den Bestand und Betrieb der Leitungen oder Einrichtungen gefährdet. Hierfür müssen Betreiber:innen einen Bestandsplan mit dem Verlauf von Leitungen und Schutzstreifen aushändigen.
Gehören damit Nutzungsverträge und die dingliche Absicherung der Vergangenheit an?
Bislang schließen Betreiber:innen üblicherweise für den Netzanschluss und die Verlegung der Leitungen mit den Grundstückseigentümern Nutzungsverträge mit dinglicher Sicherung mittels Eintragung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit im Grundbuch. Die in solchen Verträgen gezahlten Entschädigungen liegen hier oftmals über den im Gesetzesentwurf besagten 5%. Je nach Länge der zu verlegenden Strecke und der Größe der Grundstücke kann das auch gut zu einer Vielzahl an Verträgen führen. Das ist zeitaufwändig und kostenintensiv, dafür aber im Ergebnis rechtssicher und von Banken oft für die Finanzierung vorausgesetzt.
Der Gesetzesbegründung zu Folge sei zwar eine dingliche Sicherung des Rechts aufgrund der Duldungspflicht nicht mehr notwendig, da die Duldungspflicht auch gegenüber zukünftigen Grundstückseigentümern gelte. Hier bleibt abzuwarten, ob dies von den Banken in der Finanzierung als gleichwertig mit den sonst üblichen im Grundbuch eingetragenen Dienstbarkeiten angesehen würde. Doch eine Verbesserung der Verhandlungsposition insbesondere gegen Grundstückseigentümer, die nicht pro Erneuerbare Energien sind, wäre es allemal.
Ausblick – Fragen und Kritikpunkte bleiben offen
Neben dem Erfordernis der dinglichen Sicherung bleibt wohl auch das Risiko der Umverlegung der Trasse. Denn die Duldungspflicht ist nicht änderungsfest und eine nachträglich auftretende Unzumutbarkeit kann die Pflicht zur Umverlegung der Trasse bewirken. Zudem besteht die Kritik der Verfassungswidrigkeit der Regelung, da die Duldungspflicht einen unverhältnismäßigen und nicht angemessenen Eingriff in Art. 14 GG darstelle. Hierfür lohnt sich ein Blick in das Telekommunikationsgesetz: Dieses regelt in § 134 TKG (bzw. § 76 TKG a.F.) bereits seit Jahren eine vergleichbare Duldungspflicht, deren Verfassungsmäßigkeit nicht in Frage steht. Weiterhin zu klären bleibt wie die Betreiber:innen den in § 11a EEG geregelten Anspruch durchsetzen können: Einfach mit der Verlegung starten und die Grundstücke betreten, wird wohl nur in wenigen Fällen problemlos möglich sein. Der Entwurf sieht jedoch den Einstweiligen Rechtsschutz nach § 83 Abs. 2 EEG vor.
Bis dato ist der erneute Versuch der gesetzlichen Regelung einer Duldungspflicht dennoch zu begrüßen und würde auch trotz der genannten Kritik für mehr Rechtssicherheit sorgen. Wie sich eine solche Duldungspflicht von Grundstückseigentümern in der praktischen Umsetzung bewährt, bleibt aber abzuwarten. Das weitere Gesetzgebungsverfahren ist für den Herbst geplant.