Erneuerbare Energien – Erleichterter Zugang zu Eigentümerdaten geplant
« NewsübersichtDas Bundesjustizministerium will die Einsicht ins Grundbuch zur Flächenakquise erleichtern. Ein kläglicher Versuch die Verwaltungspraxis zu ändern, indem das geregelt wird, was die Gerichte schon seit Jahren entschieden haben.
Auch in aktuellen Zeiten des § 2 EEG und den großen Klimaschutzzielen der Bundesregierung spricht die Verwaltungspraxis zahlreicher Vermessungsbehörden EE-Projektierern immer wieder das notwendige „berechtigte Interesse“ an der Offenlegung von Eigentümerdaten ab. Doch diese Daten sind bei der Flächenakquise bereits in einem sehr frühen Planungsstadium essenziell um abschätzen zu können, ob die im Planungsgebiet betreffenden Grundstückseigentümer:innen offen für Erneuerbare-Energien-Projekte sind.
Das Bundesministerium der Justiz hat nun am 6. November 2023 einen Referentenentwurf für eine „Verordnung zur Erleichterung der Grundbucheinsicht für Erneuerbare-Energien-Anlagen und Telekommunikationsinfrastrukturen“ veröffentlicht, um sich damit – dem Gelingen der Energiewende entgegenstehenden – Hürde anzunehmen. Das Thema beschäftigt die Kanzlei regelmäßig seit Jahren. Zuletzt im Juli hatte MASLATON-Rechtsanwalt Moritz Müller für den LEE Sachsen e.V. in einem Beitrag zur aktuellen Situation ins Sachsen dargestellt, dass trotz positiver Rechtsprechung, die sich für den Anspruch auf Herausgabe der Eigentümerdaten ausspricht, die Verwaltungspraxis unverändert restriktiv bleibt.
Die geplante Verordnung – die Lösung des Problems?
Mit dem Entwurf soll das in § 12 Abs. 1 GBO geforderte „berechtige Interesse“ zur Einsichtnahme in der Regel vorliegen, wenn Projektierer erklären die Grundstücke für Erneuerbare-Energien-Anlagen Nutzen zu wollen. Auf die Frage, ob durch die geplante Verordnung die Probleme mit Grundbuch- und Katasterämtern gelöst sein wird, lautet die Antwort leider nein. Das hat mehrere Gründe:
1. Der Unterschied zwischen Grundbuch und Liegenschaftskataster
Projektierer stellen nicht ohne Grund den Antrag auf Einsicht beim amtlichen Vermessungswesen (Liegenschaftskataster) und nicht beim Grundbuchamt. Zwar beinhalten beide personenbezogene Daten zum Eigentümer und sind daher grundsätzlich geeignet für Projektierer. Doch während das Grundbuch die rechtlichen Verhältnisse des Grundstücks darstellt, dient das Liegenschaftskataster vorrangig zur Darstellung der tatsächlichen Verhältnisse wie der räumlichen Lage des Flurstücks. Mit den flächendeckenden Flurkarten des Katasteramts lassen sich übersichtlich die vom geplanten Projekt betroffenen Flurstücke mit Lage und Zuschnitt erkennen. Für einen Blick in das Grundbuch müssten die Projektierer aber bereits wissen für welche Flurstücke bzw. Grundstücke überhaupt die Eigentümerdaten benötigt werden. Ein vollumfänglicher Antrag der gesamten Projektfläche beim Vermessungsamt kann dies in einem Schritt. Da das Vermessungswesen aber Sache der Länder ist und die Bundesregierung nur Bundesrecht also die Einsicht ins Grundbuch ändern kann, wären hier vielmehr die Bundesländer gefragt.
2. Verordnung bestätigt nur bestehende Rechtsprechung
Insgesamt bringt der Referentenentwurf auch keine überraschende Neuerung, da er nur die Rechtsauffassung der Gerichte bestätigt. Bereits seit fast einem Jahrzehnt weisen Verwaltungsgerichte die Behörden in ihre Schranken – VG Hannover (Urt. v. 25.11.2014, 4 A 6492/13), VG Frankfurt/Oder (Urt. V. 2.4.2019, 7 K 1062/16) oder VG Dresden (6.11.2019, 4 K 5232/17) um nur ein paar zu nennen. In Sachsen hatte zuletzt das VG Dresden (Urt. v. 21.1.2022, 7 K 780/19) dem Vorgehen der Katasterämter erneut eine Absage erteilt und einen weitgehenden Zugangsanspruch der Projektierer:innen – d.h. ein berechtigtes Interesse – angenommen.
3. Restriktive Behördenpraxis
Der Ausbau der Erneuerbaren Energien und insbesondere der Windenergie kann mit dem Referentenentwurf nur vorangetrieben werden, falls die Behörden auch „mitspielen“ und es nicht immer langwieriger (Gerichts-)Verfahren bedarf. Trotz der jahrelangen Rechtsprechung halten sich die Katasterämter nicht an diese. Die Katasterämter halten an ihrer „etablierten Verwaltungspraxis“ fest. Bislang fordern die Katasterbehörden zuweilen für ein berechtigtes Interesse, dass zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Einsicht bereits planungsrechtliche Zulässigkeit des Projekts gegeben ist. Da bislang selbst mit der positiven Rechtsprechung die behördliche Blockade noch vorhanden ist und das Vermessungswesen Ländersache ist, wird sich durch eine Änderung auf Seiten des Grundbuchs der Erfahrung heraus auch nichts ändern.
Ausblick: Keine ungehinderte Flächenakquise für die Erneuerbaren
Die geplante Verordnung ist im Hinblick auf die Energiewende und den Ausbau der erneuerbaren Energien ein folgerichtiger Schritt, doch werden hierdurch wohl nicht die Hürden für eine ungehinderte Flächenakquise bei den Kataster- und Vermessungsämtern genommen. Den zeit- und geldintensiven Umweg über die Verwaltungsgerichte kann bei den Katasterämtern nur auf Landesebene behoben werden. Bei der Durchsetzung der Ansprüche auf Bereitstellung von Grundstücksinformationen könnte zwar nun bald neben den zahlreichen Urteilen auch die geplante Verordnung den Rücken stärken, doch ein Abbau von Hindernissen beim Ausbau der Erneuerbaren sieht anders aus.