Erneuerbare Energien – RED III: EU einigt sich auf 45 %-Ziel für Erneuerbare
« NewsübersichtZuletzt stotterten die Verhandlungen, jetzt ist die umfassende Neugestaltung der Richtlinie für Erneuerbare Energien („RED III“) beschlossene Sache. Sind nun Genehmigungsverfahren innerhalb von 12 Monaten realistisch? Wir geben einen Überblick über den Inhalt der Novelle.
Satte Heraufsetzung der Ausbauziele nach holprigen Verhandlungen
Mit der Novelle steigt das Ausbauziel der Europäischen Union für erneuerbare Energien deutlich von bisher 32% auf 45% bis zum Jahr 2030. Dies entspricht einer Verdoppelung des Anteils Erneuerbarer Energien im Vergleich zum Stand von knapp 22% im Jahr 2021. Inhaltlich hatten sich der Rat, das Parlament und die Kommission der EU bereits beim sogenannten Trilog Ende März auf diese Ziele geeinigt.
Ursprünglich war mit einer Annahme der Richtlinie bereits im Mai gerechnet worden. Hierzu kam es dann aber zunächst nicht, da einige EU-Staaten und dabei insbesondere Frankreich die Berücksichtigung der Kernenergie noch einmal nachverhandeln wollten. Klimaschutz durch AKW wurde damit erneut zum Zankapfel europäischer Energiepolitik. In der Vorgehensweise erinnerte die Volte an das Deutsche „Verhandlungsgebaren“ beim Verbrenner-Aus. Durch Zusicherungen der Kommission, H2-Erzeugung aus Atomstrom wohlwollend zu behandeln, konnte der Konflikt jedoch entschärft werden.
Anhebung der Sektorenziele
Die Reform beinhaltet neben der Anhebung des EU-Gesamtziels auch verbindliche und indikative Ziele für die Sektoren Gebäude, Industrie und Verkehr. Diese Ziele für Erneuerbare Energien in den einzelnen Sektoren sind entweder verbindlich oder indikativ konzipiert. Die Maßnahmen enthalten also zum einen verbindliche Zielmarke, deren Nichterreichen ein Vertragsverletzungsverfahren nach sich ziehen kann. Daneben sind freiwillige Beiträge („indikativ“) vorgesehen. Bei den Erneuerbaren sind 42,5% verbindlich. Die übrigen 2,5% bleiben optional.
Beschleunigung des Genehmigungsrechts dauerhaft europäisch vorgegeben
Für Anlagenbetreiber:innen praktisch relevant dürfte vor allem die Verstetigung der europäischen Beschleunigungsvorgaben für Genehmigungsverfahren werden. Bereits Ende 2022 waren mit der Notfall-Verordnung (EU) 2022/2577 Möglichkeiten geschaffen worden, Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. Der damals vor dem Hintergrund des russischen Überfalls auf die Ukraine eingeschlagene Weg über Notfallmaßnahmen wird nun in ordentliches europäisches Recht überführt.
Im Rahmen des REPowerEU-Plans wird der Ausbau Erneuerbarer Energien und des Netzes als im "überwiegenden öffentlichen Interesse" („overriding public interest“) eingestuft. Der § 2 EEG 2023 findet damit seine Entsprechung auf EU-Ebene. Hierdurch können Umwelt- und Artenschutzprüfungen in den von den Mitgliedstaaten festgelegten Vorranggebieten für Erneuerbare Energien auf der Planungsebene durchgeführt werden und müssen nicht erneut auf Projektebene wiederholt werden. Die Erleichterungen gelten allerdings nur unter der Voraussetzung, dass angemessene Vermeidungs- oder Ausgleichsmaßnahmen ergriffen wurden, um weiter ein hohes Naturschutz-Niveau sicherzustellen.
Die Mitgliedstaaten weisen dabei sogenannte Beschleunigungsgebiete oder Vorranggebiete (auch bekannt als "renewable acceleration areas" oder "renewable go-to areas") aus. Ziel sind dabei Regionen mit einem hohen Potenzial für Erneuerbare Energien und zugleich geringen Umweltrisiken. In diesen Gebieten sollen sodann verkürzte und vereinfachte Genehmigungsverfahren innerhalb von zwölf Monaten durchgeführt werden, um insbesondere den Ausbau von Windenergieanlagen signifikant zu beschleunigen. Außerhalb dieser Gebiete sollen die Genehmigungsverfahren maximal 24 Monate dauern.
Wermutstropfen Bioenergie
Dem Vernehmen nach keine Änderungen ergaben sich im Bereich Biomasse. Ab dem Jahr 2026 sollen auch Bestandsbiogasanlagen strengere Nachhaltigkeitskriterien einhalten müssen, sobald sie das 15. Betriebsjahr erreicht haben – das gilt allerdings nur für Anlagen, die vor dem 01.01.2021 in Betrieb genommen wurden und mindestens 2 Megawatt Feuerungswärmeleistung aufweisen. In der Branche wird derzeit darauf gehofft, dass die deutsche Umsetzung der Richtlinie hier noch Abhilfe schaffen wird.
Der Status von Holzenergie als Erneuerbare Energie bleibt grundsätzlich unverändert, jedoch werden die Nachhaltigkeitskriterien für die Holzenergiebranche verschärft. Die Schwelle für die Erbringung von Nachhaltigkeitsnachweisen wird abgesenkt, sodass nun auch kleinere Anlagen mit einer Gesamtfeuerungswärmeleistung ab 7,5 MW Nachweise erbringen müssen. Dies bedeutet eine deutliche Absenkung des bisherigen Schwellenwerts von 20 MW. Ab dem 31.12.2026 soll die reine Stromerzeugung aus Holz nur noch in Ausnahmefällen möglich sein.
Ausblick: Europäisierung des Rechts der Erneuerbaren Energien schreitet voran
Die Neufassung der RED III zielt darauf ab, den Ausbau erneuerbarer Energien mit einem höheren EU-Gesamtziel und Sektorzielen voranzutreiben. Dieser Ansatz ist grundsätzlich zu begrüßen. Ob die Anstrengungen ausreichend sein werden, erscheint jedoch fraglich. Der aktuelle IPPC-Synthesebericht vom 20.03.2023 fordert für ein Einhalten des 1,5-Ziels eine Verdreifachung bis Versechsfachung der Klimaschutzinvestitionen. Unbestritten lässt sich aber festhalten, dass das gesamte Rechte der Erneuerbaren Energien immer stärker auf europäischer Ebene vereinbart wird. Selbst Verfahrensvorgaben finden sich mittlerweile in der RED III. Eine so erreichte Harmonisierung des immer noch fragmentierten EE-Binnenmarkts kann nur begrüßt werden.