Gegen-Wind durch die Regionalplanung in Schleswig-Holstein?
« NewsübersichtEs herrscht weiterhin mächtig Trubel in Schleswig-Holstein bezüglich der Planung für Windenergieanlagen.
Zur Erinnerung: Mit Urteil vom 20.01.2014 (Az. 1 KN 6/13 u.a.) hatte das OVG Schleswig die Regionalpläne in formeller und materieller Hinsicht für unwirksam erklärt. Aufgrund dessen trat am 22.05.2015 das „Windenergieplanungssicherstellungsgesetz“ (WEPSG) in Kraft, das zur Überbrückung in einem Zeitraum von zwei Jahren die Genehmigungen für die Errichtung von neuen Windenergieanlagen vorläufig bis zum 05.06.2017 untersagt, um die Regionalplanung durch die Landesplanungsplanungsbehörde zu sichern. Die entsprechende Vorschrift des § 18a Landesplanungsgesetz wurde vom VG Schleswig am 10.09.2015 (Az.: 6 A 190/13) inzident für verfassungsgemäß erachtet.
Seit 06.12.16 liegen der Landesregierung neue Entwürfe für die Regionalpläne vor, welche nun jüngst am 27.12.2016 veröffentlicht wurden und bis zum 30.06.2017 im Zuge der Öffentlichkeitsbeteiligung ausliegen.
Die Regionalplan-Entwürfe der drei Planungsregionen sehen für Vorranggebiete Windenergie und für sog. Vorranggebiete Repowering identische Textfassungen vor und enthalten darüber hinaus noch einzelfallbezogene Sonderregelung zu regional besonders zu berücksichtigenden Belangen, etwa einer Wetterradarstation oder besondere Denkmäler. Diese Vorranggebiete Windenergie sollen außergebietliche Ausschlusswirkung i.S.d. § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB entfalten.
Weiterhin sehen die Entwürfe einen zielförmigen Mindestabstand vor, konkret von 400 m zwischen der Vorranggebiete zu Einzelhäusern und Splittersiedlungen im Außenbereich und zu Gewerbegebieten sowie von mindestens 800 m zu „Siedlungsbereichen mit Wohn- und Erholungsfunktion, die nach §§ 30 und 34 BauGB planungsrechtlich zu beurteilen sind“. Der Abstand soll umgekehrt auch für die Aufstellung von Bauleitplänen und Satzungen nach § 34 BauGB gelten, die ebenfalls diesen Abstand zu den Vorranggebieten nicht unterschreiten dürfen.
Ungewöhnlich ist an dieser Abstandsregelung, dass sie als Ziel der Raumordnung konzipiert ist. Als solche kann die Regelung zum Mindestabstand nach § 35 Abs. 3 S. 2 1. HS BauGB Bindungswirkung auf Genehmigungsebene entfalten. Allerdings sollen sich die Abstandsregelungen nach dem ausdrücklichen Wortlaut auf „Vorranggebiete“ beziehen und nicht auf konkrete Windenergievorhaben, sodass sie einem Vorhaben unmittelbar nach § 35 Abs. 3 S. 2 1. HS BauGB schwerlich entgegenstehen können. Nach diesem Wortlaut richten sich die Ziele der Raumordnung damit wohl an die kommunale Bauleitplanung, zur Darstellung der Vorranggebieten bzw. Konzentrationszonen in Flächennutzungsplänen mit den entsprechenden Abständen zu vorhandener Bebauung. Die Formulierung legt somit nahe, dass es sich offenbar „lediglich“ um ein (dann aber „hartes“) Tabukriterium handeln soll, das sich unmittelbar bindend an die nachfolgende Bauleitplanung richtet, nicht aber auf die Genehmigungsebene „durchschlägt“. Ob die Regelung zu den Abstandskriterien trotz dieser formulierungsbedingten Unklarheit raumordnungsrechtlich zulässig ist, erscheint fraglich.
In den Vorranggebieten Repowering sollen die Errichtung und der Betrieb von Windenergieanlagen nur zulässig sein, wenn dafür mindestens zwei Bestandsanlagen außerhalb von Vorranggebieten in der Planungsregion abgebaut werden. Für das Repowering sind dafür Flächen vorgesehen, in denen sich bisher keine Bestandsanlagen befinden. Die Vorranggebiete Repowering sollen nur für insgesamt zehn Jahre ab Wirksamkeit des Regionalplans gelten. Sollten sie in diesem Zeitraum nicht genutzt werden, unterfallen sie der Ausschlusswirkung der Vorranggebiete Windenergie.
Auch in diesem Unterkapitel erscheint die Festlegung einzelner Bestimmungen als Ziele der Raumordnung teilweise zweifelhaft. So ist beispielsweise auch die Beteiligungspflicht der Landesplanungsbehörde im immissionschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren als Ziel der Raumordnung gekennzeichnet. Ob es sich bei einer solchen Verfahrensvorschrift um ein Ziel der Raumordnung i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG handelt – nämlich eine räumlich und sachlich bestimmte oder bestimmbare, textliche oder zeichnerische Festlegung, die der Entwicklung, Sicherung und Ordnung des Raums dient – und die Festlegung in den Regionalplanentwürfen damit raumordnungsrechtlich zulässig ist, wird im Zuge des nun begonnenen Aufstellungsverfahrens sicherlich zu überprüfen sein.
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