Geruchsprognose für Biogasanlagen: Vorhandene Anlagen werden bei minimaler Zusatzbelastung nicht berücksichtigt
« NewsübersichtMit Beschluss vom 22.09.2010 bestätigte das OVG Lüneburg (Az.: 12 ME 51/10) seine bisherige Rechtsprechung und das Urteil der Vorinstanz darin, dass für die Beurteilung von Geruchsimmissionen einer Biogasanlage die Anwendungshinweise der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) maßgeblich sind. Außerdem stellte es klar, dass bei der Errichtung einer Biogasanlage als Nebeneinrichtung zu einer bestehenden Tierhaltungsanlage nur die von der Biogasanlage selbst ausgehenden Immissionen ausschlaggebend für die Genehmigungsfähigkeit dieser Änderung der bisherigen Nutzung sind, wenn diese Geruchsbelästigungen die sog. „kleine Irrelevanzschwelle“ von 0,0049 Geruchshäufigkeit der Jahresstunden nicht überschreitet. In diesem Falle werden die Immissionen der vorhandenen Anlagenteile nicht berücksichtigt, weil die Zusatzbelastung durch die Änderung gerundet 0 % beträgt.
Da die TA Luft in Nr. 1 Abs. 3 ausdrücklich darauf hinweist, dass sie den Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geruchsimmissionen nicht regelt, hat die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) schon im Jahr 1993 den Bundesländern empfohlen den Inhalt der durch sie entwickelten Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in Form von Verwaltungsvorschriften oder auf andere Weise für die Genehmigungs- und Überwachungsbehörden verbindlich zu machen. Dieser Empfehlung sind mittlerweile fast alle Bundesländer gefolgt. Die GIRL wird generell als Erkenntnisquelle genutzt und wird in der Rechtsprechung angewandt, ohne den Charakter eines Gesetzes zu haben. Die Regelungen der GIRL geben vor, wann Geruchsbelästigungen erheblich sind und wie Geruchsimmissionen ermittelt werden. Soll eine neue Anlage errichtet werden, muss im Genehmigungsverfahren durch Geruchsausbreitungsberechnungen die zu erwartende Zusatzbelastung ermittelt werden. Dabei wird in einem ersten Schritt geprüft, ob der Immissionsbeitrag der hinzutretenden Anlage(nteile) die sog. „kleine Irrelevanzschwelle“ von 0,0049 einhält. In diesem Fall müssen zur Beurteilung der zu erwartenden Geruchsbelästigungen die bereits vorhandenen Anlagenteile nicht berücksichtigt werden.
Im entschiedenen Fall haben Nachbarn unter anderem gerügt, dass im Rahmen der durchzuführenden Geruchsprognose nicht die Vorbelastung durch vorhandene Anlagen berücksichtigt wurde. Insbesondere existierte bereits eine Festmistlagerplatte, auf der Geflügelmist zur späteren Verwertung in der Biogasanlage gelagert werden sollte. Nach Ansicht der Nachbarn hätten die Gerüche, die von dieser Festmistlagerplatte ausgehen, im Rahmen der Geruchsprognose berücksichtigt werden müssen.
Das OVG Lüneburg stellte aber fest, dass die von der Festmistlagerplatte ausgehenden Gerüche bei der Beurteilung der zusätzlichen Geruchsbelästigung durch die Biogasanlage nicht zu berücksichtigen sind. Die Festmistlagerplatte sei der Altanlage, also der bestehenden Tiermastanlage, zuzurechnen. Da der Immissionsbeitrag der geplanten Biogasanlage mit einem Wert von 0,004 unter der „kleinen Irrelevanzschwelle“ liegt und gerundet eine Zusatzbelastung von 0 % bedeutet, sei es nicht zu beanstanden, dass bereits vorhandene Anlagenteile im Rahmen der Geruchsprognose nicht berücksichtigt worden sind. Die Geruchsprognose hat demnach ordnungsgemäß zu dem Ergebnis geführt, dass von der Biogasanlage keine relevanten Zusatzbelastungen ausgehen werden. Aufgrund dessen wurde die immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung rechtmäßig erteilt.
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