Moratorium in Brandenburg als Bremse für Windenergieausbau
« NewsübersichtAm 10.04.2019 hatte der brandenburgische Landtag ein Änderungsgesetz zur Regionalplanung und zur Braunkohlen- und Sanierungsplanung (RegBkPlG) beschlossen, mit dem zum Einen die Mitwirkungsrechte kleiner Kommunen in den Regionalversammlungen gestärkt werden, indem künftig alle amtsfreien Gemeinden und Gemeindeverbände mit min. 5000 Einwohnern in der Regionalversammlung ihre Stimmrechte ausüben können. Gesetzgeberische Intention ist dabei die Akzeptanzsteigerung der Planungsergebnisse bei den Bürgerinnen und Bürgern. Zum Anderen und mit weitreichenden Auswirkungen für die Windenergiebranche, soll zur Sicherung erforderlich werdender Neuaufstellungen unwirksam gewordener Regionalpläne, ein landesplanerische Untersagungsinstrument (§ 2c Abs. 1 RegBkPlG) statuiert werden, mittels dessen die Behörden nicht nur im Einzelfall, sondern generell die Unzulässigkeit raumbedeutsamer Windenergieanlagen für einen Zeitraum von zwei Jahren aussprechen können (sog. Windkraft-Moratorium).
Hintergrund der Neuregelung
Anlass war u.a. die Unwirksamkeitserklärung des Regionalplans „Havelland-Fläming 2020“ durch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg mit Festlegungen für die Windenergienutzung mit acht Urteilen vom 5.Juli 2018 für (OVG 2 A 2.16), sowie die anhängigen Normenkontrollklagen gegen die derzeit noch wirksamen Regionalpläne Lausitz-Spreewald (zu diesem Plan findet im Mai die Verhandlung beim Oberverwaltungsgericht statt), Uckermark-Barnim und Oderland-Spree. Denn ohne wirksame Regionalpläne unterläge die Zulässigkeit von Windenergieanlagen nicht mehr der regionalplanerischen Steuerung. Zwischenzeitlich erteilte Genehmigungen könnten die notwendig werdenden Neuaufstellungen ausgewogener und schlüssiger Planungskonzepte, die den Anforderungen der Rechtsprechung genügen, wesentlich erschweren oder unmöglich machen. Ein ungesteuerter Ausbau soll damit unterbunden werden.
Verfassungswidrigkeit des Windpark-Moratoriums
Insofern orientierte man sich bei der Festlegung dieses Sicherungsinstruments an § 18a Landesplanungsgesetz (LPlG) Schleswig-Holstein, welcher zunächst vom VG Schleswig am 10.09.2015 (Az.: 6 A 190/13) als verfassungsgemäß erachtet wurde. Jedoch müsste durch die aktuell geplante Verlängerung bis zum 31.12.2020 mit Blick auf die „Vorläufigkeit“ der Maßnahme, die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit neu überprüft werden.
Aber auch die brandenburgische Regelung kann sich der Kritik der formellen Verfassungswidrigkeit nicht gänzlich entziehen. Denn der Landesregierung liegt die Fehlvorstellung zu Grunde, dass die eingeführte Regelung in § 2c Abs. 1 RegBklG der Sachmaterie der Raumordnung zuzuordnen sei, die gem. Art. 74 Abs. 1 Nr. 31 GG zwar der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes unterliegt, den Ländern aber i.R.d. Art. 72 Abs. 3 S.1 Nr. 4 GG eine Abweichungskompetenz zukommt. Die kompetenzielle Beanstandung hinsichtlich des Raumordnungsrechts und des Bodenrechts folgt aus dem Umstand, dass in letzteres der Landesgesetzgeber nicht über die Länderabweichungsregelungen des § 246 BauGB hinaus, zum Eingreifen ermächtigt ist. § 2c Abs. 1 RegBkPlG stellt allerdings eine bodenrechtliche Regelung auf, die die Privilegierungsentscheidung des Bundesgesetzgeber in § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB teilweise aufhebt. Deshalb entspricht der Regelungsinhalt bauplanungsrechtlicher Natur.
Ausnahme und Ausblick
Entsprechend des Schleswig-Holsteiner Vorbilds, wird auch in § 2c Abs. 2 RegBkPlG ein Ausnahmetatbestand für die Genehmigungsfähigkeit geschaffen, welcher die Möglichkeit einer Einzelfallprüfung eröffnen soll, um festzustellen dass Windenergieanlagen die weitere Planung nicht wesentlich erschweren. Jedoch wird der rechtssichere Umgang mit dieser Vorschrift auf Seiten der Projektierer einige Unsicherheit schüren, denn konkrete Angaben, wann ein Ausnahmefall zur Umgehung der generellen Unzulässigkeit vorliegt, sucht man leider vergebens. Hält man sich ferner die Erfolgsaussichten solcher Ausnahmen vor Augen, so kann man zumindest anhand des Vorreiters in Schleswig-Holstein erahnen, dass diese eher als gering einzuschätzen sind. In der Folge könnte dies sowohl einen Eingriff in Art. 14 GG bedeuten, sofern die Fläche bereits im Eigentum des Projektierers steht, als auch einen Eingriff in die Berufsfreiheit gem. Art. 12 GG nach sich ziehen. Zwar wurde bereits hinsichtlich des Schleswig-Holsteiner Pendant des § 18a LPlG entschieden, dass dieser nur einen geringen und somit ein verhältnismäßigen Eingriff darstelle, weil u.a. nur vorübergehend keine neuen Windkraftanlagen errichtet werden können, während das Recht, Anlagen außerhalb von Schleswig-Holstein zu betreiben, unberührt blieb. Dies ändert sich allerdings mit hinzutreten eines anderen Bundeslandes und dem Wegfall weiterer Potentialflächen für die Nutzung der Windenergie.
Es ist daher fast schon grotesk angesichts der zu erwartenden Anzahl, des Umfangs und der Bedeutung der Windenergievorhaben ein Instrument zur Verfahrenssicherheit, faktisch als ein Verhinderungsinstrument gegen die Energiewende auszugestalten. Denn es erscheint äußerst zweifelhaft, ob durch eine pauschale – darüber hinaus auch noch verlängerbare – landesplanerische Unzulässigkeit die angestrebten Klimaziele noch erreicht werden können.