Neue „Amnestie-Regelung“ im EEG - Bedingte EEG-Umlagebefreiung auch für Mieterstromkonzepte?
« NewsübersichtMit dem zum 01.01.2017 in Kraft getretene Erneuerbare-Energien-Gesetz (kurz: EEG 2017) schafft der Gesetzgeber Klarheit zur EEG-Umlagepflicht für sog. Scheibenpachtmodelle. Fraglich ist jedoch, ob auch Mieterstrommodelle profitieren.
Während der fremdbezogene Strom seit jeher mit der vollen EEG-Umlage belastet ist, profitierten Eigenversorger bis zum 31.07.2014 von einer gänzlichen Umlagebefreiung. Die Privilegierung der Eigenversorgung wurde im Zuge der EEG-Novelle 2014 jedoch stark eingeschränkt. Seit dem 01.08.2014 umgesetzte Eigenversorgungskonzepte unterfallen deshalb nunmehr der uneingeschränkten EEG-Umlagepflicht. D.h. für jede vom Anlagenbetreiber selbst erzeugte und selbst verbrauchte Kilowattstunde Strom ist die volle EEG-Umlage zu entrichten. Lediglich die Eigenversorgung mittels Erneuerbaren-Energien-Anlagen und hocheffizienten KWK-Anlagen ist noch begünstigt. Insoweit ist „nur“ eine anteilige EEG-Umlage zu entrichten.
Rechtliche Unklarheit bezüglich der Einordnung als umlagepflichtige Stromlieferung oder privilegierte Eigenversorgung bestand bisher vor allem hinsichtlich solcher Konstellationen, in denen sich mehrere Personen oder Unternehmen aus einer gemeinsamen Stromerzeugungsanlage versorgen. Die Praxis ersann für solche Fallkonstellationen das sog. „Scheibenpachtmodell“. Dabei wird die Stromerzeugungsanlage typischerweise vertraglich in einzelne Kraftwerksscheiben aufgeteilt und diese an die jeweiligen Beteiligten verpachtet bzw. vermietet, die sich dann aus ihrer Kraftwerksscheibe selbst versorgen. Dem Modell liegt die Vorstellung zugrunde, dass für die Privilegierung als Eigenversorgung bereits ein vertragliches Nutzungsrecht an der Anlage bzw. an Teilen der Anlage, welches in betreiberähnlicher Weise ausgeübt werden kann, ausreicht.
Mit der Neufassung der Eigenversorgungsregelungen hat der Gesetzgeber inzwischen jedoch klargestellt, dass sich die Bestimmungen zu den EEG-Umlagepflichten stets auf den Betrieb der realen Stromerzeugungsanlage und nicht auf vertragliche Nutzungsrechte beziehen. Allein vertragliche Nutzungsrechte an der Anlage sollen damit für eine privilegierte Eigenversorgung nicht ausreichend sein. Das Scheibenpachtmodell entpuppt sich damit als Stromlieferung der Betreibergesellschaft an die einzelnen Pächter der Kraftwerksscheiben und unterliegt somit an sich der vollen EEG-Umlage. Die Betreibergesellschaften solcher Scheibenpachtmodelle sehen sich daher dem Risiko erheblicher EEG-Umlagenachforderungen durch die Netzbetreiber ausgesetzt. Dem beugt der Gesetzgeber nun jedoch durch eine „Amnestieregelung“ vor:
Mit dem neuen § 104 Abs. 4 EEG 2017 gewährt der Gesetzgeber ein Leistungsverweigerungsrecht hinsichtlich ausstehender EEG-Umlagezahlungen. Dieses basiert auf der Fiktion, dass „ein anteiliges vertragliches Nutzungsrecht des Letztverbrauchers an einer bestimmten Erzeugungskapazität der Stromerzeugungsanlage als eigenständige Stromerzeugungsanlage [gilt], wenn und soweit der Letztverbraucher diese wie eine Stromerzeugungsanlage betrieben hat.“ D.h. im Rahmen von Scheibenpachtmodellen gilt die einzelne gepachtete Kraftwerksscheibe als die Stromerzeugungsanlage, sofern der jeweilige Pächter das wirtschaftliche Betriebsrisiko für die Kraftwerksscheibe trägt. Voraussetzung ist, dass es sich um ein Bestandskonzept handelt, welche bereits vor dem 01.08.2014 umgesetzt wurde, und dass dieses Konzept mit den entsprechenden Angaben nach § 74 Abs. 1 S. 1 und 74a Abs. 1 EEG 2017 bis spätestens zum 31.05.2017 dem zuständigen Übertragungsnetz- bzw. Verteilnetzbetreiber gemeldet wird.
Betreiber von Scheibenpachtmodellen können darüber hinaus auch in Zukunft profitieren. Denn das Leistungsverweigerungsrecht erstreckt sich auch auf künftig entstehende EEG-Umlageforderungen, solange an dem bestehenden Konzept nach dem 31.07.2014 keine Änderungen vorgenommen werden bzw. worden sind. Schädlich sind demnach sowohl bauliche Änderungen an der Stromerzeugungsanlage etwa im Zuge einer Erneuerung, Ersetzung oder Erweiterung, aber auch vertragliche Änderungen des Nutzungsrechts und Eigenerzeugungskonzepts. Damit ist u.a. auch die Übertragung der vertraglichen Nutzungsrechte ausgeschlossen.
Liegen die Voraussetzungen des § 104 Abs. 4 EEG 2017 nicht vor oder wird die Meldefrist zum 31.05.2017 nicht eingehalten, gilt das Leistungsverweigerungsrecht nicht und die volle EEG-Umlage ist zu leisten - sowohl für die Vergangenheit als auch in Zukunft.
Inwiefern auch Mieterstrommodelle von der vorstehend beschrieben Amnestieregelung profitieren, lässt sich pauschal nicht beurteilen. Der Gesetzgeber hatte den Gesetzesmaterialen zufolge neben den Scheibenpachtmodellen jedenfalls aber auch weitere Mehrpersonenverhältnisse im Blick. Insbesondere bei Wohnungseigentümergemeinschaften, die sich für den gemeinsamen Betrieb einer Stromerzeugungsanlage, etwa einem BHKW oder einer PV-Anlage, entschieden haben, um sich „selbst zu versorgen“, kommen damit zumindest im Ausgangspunkt die Anwendung der Amnestieregelung in Frage. Allerdings wird es hier auf die konkrete Regelung zwischen den Wohnungseigentümern ankommen. Nicht selten dürfte es wohl an einem konkreten vertraglichen Nutzungsrecht des Einzelnen an der Anlage fehlen. Entsprechendes ist zu erwarten, wenn etwa Vermieter ihre Mieter mit Strom aus der hauseigenen Anlage versorgen. Nach dem von der Bundesnetzagentur Ende Januar zu § 104 Abs. 4 EEG 2017 veröffentlichten Hinweis (online abrufbar auf der Internetseite der Bundesnetzagentur) dürften auch Konzepte, die allein auf der Verpachtung/Vermietung virtueller Nutzungsrechte bzw. Anlagenleistung basieren, die Voraussetzungen der Amnestieregelung oftmals nicht erfüllen. Letztlich kommt es jedoch auf die konkrete vertragliche Ausgestaltung des jeweiligen Konzeptes an. Insofern lässt sich nur anhand einer konkreten Einzelfallprüfung beurteilen, ob die Amnestieregelung zum Tragen kommt. Gerne beraten wir Sie hierzu rechtlich und stehen Ihnen für Rückfragen und weitere Informationen zur Verfügung.
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