Tracking pixel Novelle der Stromnetzentgeltverordnung · MASLATON Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Novelle der Stromnetzentgeltverordnung

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Entwurf zur StromNEV passiert den Bundesrat

Am 06.07.2013 passierte der Gesetzentwurf zur Novellierung der Stromnetzentgeltverordnung (nachfolgend: StromNEV-E) den Bundesrat, der damit unter anderem auch auf den Befund der Oberlandesgerichte (kurz: OLG) Düsseldorf (Az: 3 Kart 65/12) und Nürnberg (Az.: 1 Kart 1518/12) sowie der EU-Kommission reagiert. Die EU-Kommission hatte bereits angedroht, die Befreiung von stromintensiven Unternehmen von den Netzentgelten nach § 19 StromNEV einer Überprüfung zu unterziehen. Nach deren Ansicht könnte es sich bei dieser Befreiung um eine unzulässige Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäisches Union (kurz: AEUV) handeln.

Nach der bisherigen Regelung des § 19 Abs. 2 StromNEV können stromintensive Unternehmen dann ein individuelles Netzentgelt mit dem Netzbetreiber vereinbaren, wenn deren Höchstbelastung vorhersehbar von der zeitgleichen Jahreshöchstlast aller Entnahmen aus dieser Netzebene abweicht. Das Netzentgelt soll dem besonderen Nutzungsverhalten Rechnung tragen und darf nicht weniger als 20 Prozent des veröffentlichten Netzentgeltes betragen. Darüber hinaus war auch seit Mitte 2011 vorgesehen, dass eine vollständige Befreiung der Netzentgelte für Unternehmen mit einem Stromverbrauch von über 10 Gigawattstunden und mindestens 7.000 Vollbenutzungsstunden erfolgte. Die durch die Befreiungstatbestände geschaffene Differenz an Netzentgelten mussten in der Folge durch die anderen, nicht befreiten Letztverbraucher im Wege einer Umlage getragen werden.

Die vollständige Befreiung von den Netzentgelten hatten zunächst die beiden OLGs als mit dem Grundgesetz nicht vereinbar befunden. Nach dem Energiewirtschaftsgesetz (kurz: EnWG) war es dem Verordnungsgeber ausschließlich gestattet, die Berechnung der Netzentgelte festzulegen. Die vollständige Befreiung von den Netzentgelten, so die Richter, sei hiervon aber gerade nicht erfasst, sodass ein entsprechend parlamentarisches Gesetz hätte gefasst werden müssen und die Regelung des § 19 Abs. 2 StromNEV gegen die Verfassung verstößt. Eine Verordnung darf die vollständige Befreiung nicht regeln.

Aus dem Blickwinkle der europäischen Wettbewerbshüter finden sich auch noch weitere Anhaltspunkte für einen unzulässigen Eingriff in den europäischen Binnenmarkt durch staatliche Beeinflussung. Jede auch nur mittelbare Beeinflussung des Marktes kann hierbei als Beihilfe ausgelegt werden. Anders als die vorstehenden Urteile bezieht sich die Prüfung der EU auch auf die teilweise Netzentgeltbefreiung, sodass diese insgesamt als unwirksam eingestuft und ggf. durch die Unternehmen zurückgezahlt werden muss. Ein eventueller Vertrauensschutz kommt nur unter sehr engen Voraussetzungen in Betracht.

Nunmehr sieht der Entwurf der StromNEV vor, dass eine vollständige Befreiung der Netzentgelte nicht mehr möglich ist. Vielmehr ist nun eine Staffelung vorgesehen, nach der ab einer Gesamtab-nahme von zehn Gigawatt pro Kalenderjahr und gestaffelt nach der Benutzungsstundenzahl an der Abnahmestelle von 7.000 h steigend bis 8.000 h die Mindestentgelte von 20 % bis auf 10 % der veröffentlichten Netzentgelte sinken. Somit bleibt es dabei, dass entsprechend die übrigen Netznutzer die Differenzkosten im Wege der § 19 StromNEV-Umlage zu tragen haben.

Als Begründung für die nunmehr nur noch teilweise Befreiung wird seitens des Verordnungsgebers ins Feld geführt, dass die stromintensiven Unternehmen einen Beitrag zur Dämpfung der Netzentgelte leisten. Ab 7.000 Benutzungsstunden sei davon auszugehen, dass von einer Dauerbenutzung ausgegangen werden kann, der eine entsprechende Grundlast auf Erzeugungsseite gegenüber gestellt werden könne. Diese konstante Nachfrage führe nach der Verordnungsbegründung zu einer besseren Prognostizierbarkeit und effizienteren Auslastung des Kraftwerkparks. Dies soll sich dann insgesamt positiv für die anderen Letztverbraucher auswirken. Die sog. Bandlast von stromintensiven Unternehmen führe ferner zu einer besseren Prognose des erforderlichen Netzausbaus.

So recht überzeugen mag die Begründung der Befreiung nicht. Einerseits wird hier der Strommarkt mit den Netzbetrieb vermengt. Andererseits kann nicht erkannt werden, in welchem Umfang ein ggf. geringerer Netzausbau eine so weitreichende Befreiung von den Netzentgelten rechtfertigen könnte. Gerade die bessere Auslastung des Kraftwerksparkes als Argument kann nicht nachvollzogen werden. Auch wenn ein kleiner Stromabnehmer – überspitzt ausgedrückt – über das Jahr seinen Strombedarf nachweislich verstetigt, müsste der gleiche Effekt eintreten.

Angebot und Nachfrage an der Strombörse EEX führen zu einer Auslastung der Erzeugungsanlagen entsprechend dem Strombedarf aller Abnehmer; zumal unter Berücksichtigung der volkswirtschaftlich günstigsten Konstellation von Erzeugern. Dieser Markmechanismus hat aber dem Grunde nach nichts mit der Netznutzung zu tun. Unternehmen mit mehr als 10 Gigawatt Strombedarf können durch eigenständigen Stromeinkauf von den niedrigen Strompreisen an der Strombörse oder auf dem OTC-Markt profitieren und ihren Bedarf dem Preis sogar anpassen. Auch nur weil über 7.000 h ein Anschluss genutzt wird, gibt dies noch keinen Aufschluss darüber, auf welche Weise er genutzt und mithin den Netzausbau beeinflusst wird. Es muss kritisch durch die Wettbewerbshüter der EU geprüft werden, ob durch die Netzentgeltbefreiung nicht der Wettbewerb in unzulässiger und unberechtigter Weise beeinflusst wird.

Rückfragen & weitere Informationen: Prof. Dr. Martin Maslaton und Florian Brahms, Tel.: 0341/149500,
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