Nun auch in NRW: Entprivilegierung der Windenergie durch 1000m-Abstand geplant – Verfassung endlich ändern!
« NewsübersichtNoch kurz vor den Weihnachtsfeiertagen des letzten Jahres erreichte den Landtag von Nordrhein-Westfalen der Entwurf des Landesministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung zur Ausnutzung des § 249 Abs. 3 BauGB, der Länderöffnungsklausel. Der Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Baugesetzbuches in Nordrhein-Westfalen schlägt die Einführung eines 1000m-Abstandes zu Wohngebäuden für die Errichtung von Windenergieanlagen vor und nutzt so die vom Gesetzgeber vorgegebene Maximalgrenze aus.
Nach der Neuregelung müssen Windenergieanlagen zu Wohngebäuden, die sich im beplanten Gebiet oder in im Zusammenhang bebauten Ortsteilen befinden, einen Abstand von 1000 Metern einhalten, sofern nach dem ausgewiesenen Gebiet eine Wohnnutzung nicht nur ausnahmsweise zulässig ist. Im Außenbereich gilt der gleiche Abstand, jedoch nicht zu jedem einzelnen Wohnhaus, sondern zu mindestens zehn Wohngebäuden, die eine zusammenhängende Bebauung darstellen und keine „Schwarzbauten“ sind.
Begründet wird er abermals mit der Akzeptanzsteigerung in der Bevölkerung für die Nutzung von Windenergie für immer größer werdende Anlagen. Dabei sieht die Landesregierung ihren Vorschlag als gerechten Ausgleich zwischen Akzeptanzsteigerung und Vorantreiben des Ausbaus Erneuerbarer Energien. Ohne genauere Angaben wird festgestellt, es würden noch genügend Flächen für die Windenergie übrigbleiben, dementsprechend sei auch keine Aushöhlung der Privilegierung des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB zu befürchten. Gleichzeitig ist es zu bezweifeln, dass mit einem pauschalen Abstand die Kritiker der Windenergie, die für eine Verzögerung der Vorhaben bezwecken, verstummen werden.
Dem Gesetzesentwurf ist bislang aber eben diese gerechte Abwägung zwischen Akzeptanzsteigerung und Ausbau nicht zu entnehmen. So muss vom Landtag eine tiefgründige Diskussion der Regelung erwartet werden, die eine Analyse der Potentialflächen und die Auswirkung der neuen Regelung für die Windenergie im Land und für den Ausbau der Erneuerbaren bundesweit beinhaltet. Vielleicht kann in diesem Rahmen auch der angeführte Akzeptanzverlust näher bezeichnet werden.
Im Rahmen der Übergangsregelungen erfolgt eine verfassungsrechtlich bedenkliche Rückanknüpfung. Die Regelung soll für laufende Genehmigungsvorhaben nur dann nicht gelten, wenn ein vollständiger Antrag am 21. Dezember 2020 vorlag. Dabei geht die Landesregierung davon aus, dass erst die vollständige Stellung eines Antrages ein schutzwürdiges Vertrauen bergründet. Die Wahl des Zeitpunktes wird aber nicht näher erläutert.
Der Entwurf kann in dieser Form also noch nicht als ausgereift angesehen werden und bedarf zumindest weiterer Bearbeitung im Gesetzgebungsverfahren. Auch eine Sonderregelung für Repowering-Vorhaben wäre wünschenswert.
Betrachtet man sich die permanenten Restriktionen in nahezu allen windenergieprojektrelevanten Verfahren und nimmt man die im Galopp erreichte Kassierung des § 1 Abs. 5 EEG 2021 hinzu, wonach die Erneuerbaren Energien grundsätzlich ein öffentliches Interesse sind und der öffentlichen Sicherheit dienen, so wird klar: Die gesellschaftliche Aufgabe des Klimaschutzes durch die Energiewende kann ohne Änderungen der Verfassungen auf Bundes- und Landesebene nicht durchgreifend realisiert werden. Die "1000-m-Regelung NRW" ist da nur ein Beispiel unter zu Vielen.