Tracking pixel Optisch bedrängende Wirkung. Auflagen im Betrieb überwachbar – kein Klagegrund für Nachbarn · MASLATON Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Optisch bedrängende Wirkung. Auflagen im Betrieb überwachbar – kein Klagegrund für Nachbarn

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Aktuelles 16.03.2011

„Oberverwaltungsgericht Koblenz konkretisiert die Anforderungen an eine „optisch bedrängende Wirkung“ und stärkt die Rechte von Genehmigungsinhabern gegenüber Drittanfechtungen“


Das Oberverwaltungsgericht Koblenz hatte sich im Rahmen eines Berufungszulassungsantrages mit den Fragen der „optisch bedrängenden Wirkung“ von Windenergieanlagen sowie der Abgrenzung zwischen Genehmigungserteilung/-versagung und Anlagenüberwachung nach Betriebsaufnahme zu befassen und stärkte mit seinem Beschluss vom 10.03.2010 insgesamt die Rechte der Anlagenbetreiber und Antragsteller.

Im zu Grunde liegenden Fall ging die Antragstellerin als Drittbetroffene gegen eine erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von acht Windenergieanlagen vor: Die WKA warren in einem Halbkreis mit mindestens 500 m Abstand zu seinem Anwesen angeordnet und sie seien optisch bedrängend, da sie aufgrund der Sichtbarkeit zumindest eines Teiles der Anlagen aus jedem Fenster des Anwesens keinen Rückzugsmöglichkeit vor dem Anblick der Windenergieanlagen ermöglichten. Zudem seien die Lärmschutzauflagen der Genehmigung durch den Betreiber nicht eingehalten worden, woraus sich ergäbe, dass diese Auflagen nicht ausreichend gewesen seien um die Antragstellerin vor schädlichen Lärmbelästigungen zu schützen.

Das Oberverwaltungsgericht Koblenz vermochte dieser Auffassung der Antragstellerin hingegen nicht zu folgen und bestätigte das Urteil der Vorinstanz:

Optisch bedrängende Wirkung – ein Ausnahmefall

Maßgebliche Beurteilungskriterien für eine optisch bedrängende Wirkung sind nach ständiger Rechtsprechung Entfernung und Gesamthöhe der Anlagen im Einzelfall. Dabei sind die topographischen Besonderheiten zu berücksichtigen; grober Orientierungswert der Rechtsprechung ist, dass bei einer Entfernung vom Dreifachen des Rotorradius keine unzumutbare optisch bedrängende Wirkung ausgeht. Nach dem Oberverwaltungsgericht Koblenz ist zudem zu berücksichtigen, dass einer Windenergieanlage, die soweit entfernt steht, dass ihr keine erdrückende Wirkung zukommt, eine solche Wirkung in der Regel auch dann nicht zu kommt, wenn im Blickfeld weitere, für sich genommen ebenfalls nicht erdrückend wirkende Anlagen befinden. Im Übrigen genügt eine lediglich „umzingelnde“ Wirkung, in dem Sinne dass sich der Betroffene dem Anblick nicht entziehen kann für die Annahme einer optisch bedrückenden Wirkung nicht. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Betroffene im bauplanungsrechtlichen Außenbereich wohnt, denn durch die Privilegierung der Windenergie im Außenbereich und dem Planungsvorbehalt in § 35 BauGB, müssen insbesondere Betroffene, die in der Nähe von Vorrangflächen für Windenergienutzung grundsätzlich mit der Errichtung und der optischen Wirkung von Windenergieanlagen rechnen. Dies führt selbst dann nicht automatisch zu einer optisch bedrängenden Wirkung, wenn Windenergieanlagen aus allen Fenstern eines Wohnhauses sichtbar sind.

Drohende Auflagenverletzung – kein Genehmigungsanfechtungsgrund

Auch die Überschreitung von in der Genehmigung angeordneten Lärmschutzauflagen ist nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichtes Koblenz im Rahmen einer Genehmigungsanfechtung grundsätzlich unerheblich, denn dies betrifft die Anlagenüberwachung und nicht die Anlagenzulassung. Maßgeblich für die Rechtmäßigkeit einer Genehmigung ist insoweit nur, dass nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung die Genehmigung mit Auflagen versehen ist, die die Einhaltung der Genehmigungsvoraussetzungen sicherstellen. Davon ist hinsichtlich der Lärmbeeinträchtigungen nach gefestigter Rechtsprechung dann auszugehen, wenn mit Hilfe
einer „auf der sicheren Seite“ liegenden Lärmprognose die Einhaltung der maßgeblichen Richtwerte der TA-Lärm nachgewiesen ist und der dieser Prognose zu Grunde liegende Schalleistung in die Nebenbestimmungen aufgenommen wurde. Werden diese Auflagen später durch den Genehmigungsinhaber nicht eingehalten, ist grundsätzlich zwischen der Frage der Rechtmäßigkeit der Genehmigung und der Überwachung des genehmigten Betriebs zu unterscheiden. Hat die Genehmigungsbehörde die Genehmigung mit Auflagen versehen, die geeignet sind, die Genehmigungsvoraussetzungen sicherzustellen, ist die Genehmigung rechtmäßig erteilt. Daran ändert sich nichts, wenn der Betreiber sich nach der Erteilung nicht an die festgesetzten Auflagen hält. Rechtschutz steht den Betroffenen somit nur auf der Ebene der Anlagenüberwachung, beziehungsweise der Überwachung des genehmigten Betriebs durch die zuständigen Behörden zu, dessen Durchsetzung ihnen unbenommen ist. Die Genehmigung selbst kann jedoch wegen des bloßen Verstoßes gegen
Auflagen der Genehmigung nicht mit Erfolg angegriffen werden.

Kommentar:

Das Oberverwaltungsgericht stellte mit seinem Beschluss die grundlegenden Kriterien für die Annahme einer optisch bedrückenden Wirkung klar. Vor allem die strikte Trennung zwischen Genehmigungssituation und Anlagenüberwachung ist für WKA-Projektanten essentiell wichtig: Genehmigungen sind unter Auflagen zu erteilen. Zweifel Dritter an diesen Nebenbestimmungen begründen keinen Genehmigungsversagungsgrund.


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