Sonstige Direktvermarktung und Vertragsgestaltung
« NewsübersichtDirektvermarktungsvertrag als Grundlage einer vertrauensvollen Zusammenarbeit
Sehr geehrte Damen und Herren,
nachdem wir Ihnen in den vorangegangenen Newslettern zum Thema Direktvermarktung nach dem EEG 2012 die allgemeinen Voraussetzungen, die Marktprämie und das Grünstromprivileg erläutert haben, möchten wir Ihnen an dieser Stelle die „sonstige Direktvermarktung“ im Sinne des § 33b Nr. 3 EEG 2012 vorstellen. Gleichzeitig möchten wir Ihnen die üblichen Regelungsinhalte von Direktvermarktungsverträgen näher bringen und auf mögliche Fallstricke hinweisen.
I. „Sonstige Direktvermarktung“ im Sinne des § 33b Nr. 3 EEG 2012
Die „sonstige Direktvermarktung“ greift die bisherige Regelung der Direktvermarktung nach § 17 EEG 2009 auf. Im zeitlichen Anwendungsbereich des EEG 2009 wurde ca. 3.000 MW zumeist von Windenergieanlagen im Rahmen der Direktvermarktung an Dritte veräußert. Die Voraussetzungen sind im Rahmen der Novellierung des EEG im Wesentlichen gleich geblieben. Der Gesetzgeber wollte gegenüber der Marktprämie und dem Grünstromprivileg einen Auffangtatbestand mit der sonstigen Direktvermarktung im Sinne des § 33b Nr. 3 EEG 2012 bereithalten. Der Anlagenbetreiber, der gegen die Pflichten der Marktprämie oder des Grünstromprivilegs verstößt, fällt für den Zeitraum des Verstoßes, der bei der Marktprämie mindesten drei Monate dauert, in den Anwendungsbereich der sonstigen Direktvermarktung.
Eine finanzielle Förderung durch das EEG findet im Rahmen der sonstigen Direktvermarktung nicht statt. Jedoch kann der erzeugte Strom als „Grünstrom“ verkauft werden. Im Gegensatz zur Direktvermarktung zur Inanspruchnahme der Marktprämie und zur Verringerung der EEG-Umlage findet eine doppelte Förderung nicht statt, da die vermarkteten Strommengen in der sonstigen Direktvermarktung keine Auswirkungen auf die EEG-Umlage haben. In der Folge kann der Anlagenbetreiber nach § 55 EEG 2012 entsprechende Herkunftsnachweise von der zuständigen Behörde verlangen.
Ferner kann der Anlagenbetreiber vom Netzbetreiber beim Vorliegen der Voraussetzungen vermiedene Netzentgelte nach § 18 StromNEV für die dezentrale Einspeisung von Strom beanspruchen. Sofern der Strom durch die Erneuerbaren Energien Anlage nicht dezentral eingespeist würde, müsste der Netzbetreiber für die Nutzung der vorgelagerten Netze und für die Umspannung des Stromes aus „zentraler Einspeisung“ entsprechende Netzentgelte zahlen. Die vermiedenen Netzentgelte werden nicht ausgezahlt, wenn eine EEG-Vergütung beansprucht wird, da es ansonsten nach Ansicht des Gesetzgebers zu einer doppelten Förderung käme.
Es kann mithin festgehalten werden, dass das Instrument der sonstigen Direktvermarktung als Auffangtatbestand zur Anwendung gerät, wenn die Pflichten der Direktvermarktung nicht eingehalten werden. Die wirtschaftlichen Vorteile in Form der Herkunftsnachweise und vermiedenen Netzentgelte gegenüber den anderen Vermarktungsformen fallen aber nicht ins Gewicht, sodass die sonstige Direktvermarktung auch langfristig nicht in größerem Umfang in Anspruch genommen werden wird. Ein Direktvermarktungsvertrag, der alle Formen der Direktvermarktung umfasst, sollte dennoch entsprechende Regelungen enthalten.
II. Direktvermarktungsverträge
Grundlage der Direktvermarktung für Anlagenbetreiber ist, dass der Anlagenbetreiber sich einen vertrauensvollen Vertragspartner sucht, der das erforderliche Know-how für die Vermarktung mitbringt. Das Verhältnis zwischen Anlagenbetreiber und Direktvermarkter ist durch einen Vertrag über die Lieferung von Strom in den Bilanzkreis des Direktvermarkters ausgestaltet.
Aufgrund der neuen Regelungen der Direktvermarktung sind viele neue Mitbewerber um die Vermarktung des EEG-Stromes entstanden, die höchst unterschiedliche Angebote mit stark variierenden Verträgen unterbreiten. Hierbei ist dringend zu empfehlen, sich mehrere Angebote für die jeweilige Anlage einzuholen und diese zu vergleichen. Nicht allein maßgeblich ist, welchen zusätzlichen Betrag der Anlagenbetreiber über die EEG-Vergütung hinaus erhält, sondern es ist zu prüfen, ob der gesamte oder nur ein Teil des Stromes abgenommen wird und die Regelung der Einspeisung des Stromes unter Umständen entschädigt wird.
Bei Direktvermarktungsverträgen sollte darauf geachtet werden, wie die Pflichten nach § 33c EEG 2012 bzw. für die Inanspruchnahme der Marktprämie, dem Grünstromprivileg oder der sonstigen Direktvermarktung aufgeteilt sind. Nach dem EEG 2012 ist der Anlagenbetreiber gegenüber dem Netzbetreiber dazu verpflichtet, die Voraussetzungen zu erfüllen. Es ist jedoch sinnvoll, dass die Mehrheit der Pflichten auf den Direktvermarkter vertraglich übertragen wird; hierzu zählt insbesondere die Aufnahme des Stromes in einen Bilanzkreis und die Einhaltung der Meldefristen. Auch im Direktvermarktungsvertrag sollte die Übernahme der Pflichten nach § 33c EEG 2012 als vertragliche Pflicht ausgestaltet sein, da bei einem Verstoß durch den Direktvermarkter ein ggf. ansonsten einzufordernder Schadenersatzanspruch mangels Pflichtverletzung nicht zur Entstehung gelangt. Der Schaden könnte z.B. im Verlust der Marktprämie für insgesamt drei Monate liegen.
Wesentliche Vertragsinhalte können neben der Pflichtenaufteilung auch etwaige einzuräumende Bankbürgschaften, Kündigungsfristen, Abnahmepflichten, Vollmachten zur Wahrnehmung der Meldung gegenüber dem Netzbetreiber, Art der Vermarktungsform und Regelung über die Geltendmachung der Marktprämie sein. Insgesamt sollte der Vertrag in sich stimmig sein. Das durch die Direktvermarktung eingegangene Risiko sollte in einem angemessenen Verhältnis zum zusätzlichen Gewinn stehen. Bei den Kündigungsrechten sollte daher darauf geachtet werden, dass der Anlagenbetreiber nach der Kündigungserklärung noch ausreichend Zeit hat, wieder in die feste Vergütung zu wechseln bzw. einen anderen Direktvermarkter mit der Direktvermarktung zu beauftragen. Da der Anlagenbetreiber sich als gleichberechtigter Partner sehen sollte, sollte er darauf bestehen, dass bei Änderung der wirtschaftlichen Rahmendaten bzw. des Gesetzes nicht nur dem Direktvermarkter ein Kündigungsrecht zugestanden wird. Auch der Anlagenbetreiber kann ein Interesse daran haben, ggf. den Direktvermarkter zu wechseln.
Es bleibt insgesamt festzuhalten, dass der Gesetzgeber mit der Direktvermarktung im Sinne der §§ 33a ff. EEG 2012 eine hoch komplexe Regelungsmaterie geschaffen hat, die zum Teil umfassende Verträge erforderlich macht. Die Verträge müssen deshalb präzise geprüft werden, da das EEG 2012 bei Pflichtverstößen massive finanzielle Einbußen für den Anlagenbetreiber vorsieht.
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Rückfragen & weitere Informationen: Prof.Dr. Martin Maslaton, Tel.: 0341/149500
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