Tracking pixel Stilllegungsregelungen von Erzeugungsanlagen · MASLATON Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Stilllegungsregelungen von Erzeugungsanlagen

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Wir nehmen die kürzlich in Kraft getretene Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (kurz: EnWG) zum Anlass einen neuen Newsletter in unser Programm aufzunehmen. Dieser soll sich regelmäßig mit sämtlichen aufkommenden Rechtsfragen und der neusten Rechtsprechung zum Energiewirtschaftsrecht befassen.

Die ersten Newsletter werden sich mit den besonders in der Diskussion stehenden Themen des novellierten EnWG befassen. So werden im Anschluss an diesen Newsletter, der sich mit den Regelungen zur Stilllegung von Kraftwerken befasst, die neuen Regelungen zum Netzanschluss von Offshore-Windenergieanlagen und die damit einhergehenden Regelungen zur Haftung der Netzbetreiber bei verzögertem Netzanschluss sowie die erweiterte Ermächtigungsgrundlage für Verordnungen zum Lastmanagement dargestellt werden.

Nachdem das EnWG bereits Mitte des Jahres 2011 novelliert wurde, um die europarechtlichen Vorgaben des dritten Binnenmarktpaktes Energie umzusetzen, ist nun das Dritte Gesetze zur Neuregelung energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften gefolgt. Durch diese Novelle wurden die Regelungen zur Möglichkeit der vorübergehenden oder endgültigen Stilllegung von Erzeugungsanlagen wesentlich eingeschränkt.

Nach der im „Bericht zum Zustand der leitungsgebundenen Energieversorgung im Winter 2011/2012“ geäußerten Ansicht der Bundesnetzagentur (kurz: BNetzA) sind negative Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit insbesondere durch die Abnahme der dargebotsunabhängigen Kraftwerke im süddeutschen Raum zu befürchten. Die Versorgungssicherheit im Kraftwerksbereich soll nun u.a. durch die neuen §§ 13 ff. EnWG sichergestellt werden.

§ 13a EnWG verpflichtet Betreiber von Erzeugungs- oder Speicheranlagen mit einer Nennleistung ab 10 MW eine geplante Stilllegung möglichst frühzeitig, mindestens jedoch zwölf Monate vor der geplanten endgültigen oder vorübergehenden Stilllegung der gesamten Erzeugungsanlage oder Teilen der Erzeugungskapazität dem systemverantwortlichen Übertragungsnetzbetreiber und der Bundesnetzagentur anzuzeigen. Ausgenommen hiervon sind Revisionen und technisch bedingte Störungen vorübergehender Natur. Der systemverantwortliche Übertragungsnetzbetreiber hat die Möglichkeit, die Erzeugungsanlage als systemrelevant auszuweisen und hierdurch eine Stilllegung vorübergehend zu verhindern. Der Einsatz der als systemrelevant ausgewiesenen Kraftwerke erfolgt dann außerhalb des Marktgeschehens und soll im Sinne einer Netzreserve bei Versorgungsengpässen genutzt werden.

Eine endgültige Stilllegung von Anlagen mit einer elektrischen Nennleistung ab 50 MW, deren Weiterbetrieb technisch und rechtlich möglich ist, wenn die Anlage durch den systemverantwortlichen Betreiber des Übertragungsnetzes als systemrelevant ausgewiesen und diese Ausweisung durch die BNetzA genehmigt worden ist, ist auch nach Ablauf der Anzeigefrist verboten.

Als systemrelevant ist eine Anlage anzusehen, wenn ihre dauerhafte Stilllegung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einer nicht unerheblichen Gefährdung oder Störung der Sicherheit und Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems führt und diese Gefährdung nicht durch andere angemessene Maßnahmen beseitigt werden kann. Allerdings darf eine Ausweisung sowohl in Bezug auf den Umfang als auch zeitlich nur im erforderlichen Maß und höchstens für eine Dauer von 24 Monaten erfolgen. Dies unterfällt zunächst der Entscheidungskompetenz des Übertragungsnetzbetreibers, ist jedoch zusätzlich durch die BNetzA zu genehmigen. Die Genehmigung der BNetzA gilt als erteilt, sofern diese nicht innerhalb von drei Monaten nach Vorliegen der vollständigen Unterlagen den Antrag beschieden hat.

Der Übertragungsnetzbetreiber hat dem Betreiber die Ausweisung der Anlage als systemrelevant unverzüglich nach Genehmigung durch die BNetzA mitzuteilen. Der Betreiber der Anlage ist dann verpflichtet, das Kraftwerk in einem Zustand zu erhalten, der zumindest die Wiederherstellung der Betriebsbereitschaft ermöglicht. Der Betreiber erhält im Gegenzug dem systemverantwortlichen Übertragungsnetzbetreiber einen Anspruch eine angemessene Vergütung. Bis zu der endgültigen Stilllegung der Anlage ist ausschließlich der Betrieb nach Maßgabe angeforderter Systemsicherheitsmaßnahmen zulässig.

Eine Anzeigepflicht besteht ebenfalls für Betreiber von Gaskraftwerken, die für das Elektrizitätsversorgungssystem als systemrelevant ausgewiesen wurden. Hier besteht jedoch die Besonderheit, dass die Übertragungsnetzbetreiber eine Liste der systemrelevanten Kraftwerke aufstellen und diese gegebenenfalls zu aktualisieren müssen. Erstmals muss eine solche Liste zum 31.03.2013 aufgestellt werden. Durch die Neuregelung im § 13c EnWG soll der notwendige Gasbezug für das als systemrelevant ausgewiesene Gaskraftwerke gesichert werden. Betreiber sind verpflichtet, sofern dies technisch und rechtlich möglich und auch wirtschaftlich zumutbar ist, einen Brennstoffwechsel vorzunehmen ist. Die durch den Wechsel entstehenden Merkosten werden durch den Übertragungsnetzbetreiber erstattet. Für den Fall, dass ein Brennstoffwechsel nicht möglich ist, muss durch anderweitige Ausbau- oder Optimierungsmaßnahmen der Kapazitätsbedarf befriedigt werden.

Eine konkrete Regelung wie die Inanspruchnahme dieser Kraftwerke zu erfolgen hat enthält das EnWG bisher nicht. Vielmehr ist eine Verordnungsermächtigung zugunsten der Bundesregierung zur Regelung eines transparenten Prozesses zur Beschaffung einer Netzreserve aus vorläufig stillgelegten Anlagen und aus von vorläufiger oder endgültiger Stilllegung bedrohten Anlagen vorgesehen. In Ausnahmefällen können auch neue Anlagen zum Zwecke der Gewährleistung der Sicherheit und Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems in Anspruch genommen werden. Insgesamt sind diese durch Rechtsverordnung zu treffenden Regelungen bis zum 31.12.2017 zu befristen. Bis zu diesem Zeitpunkt muss folglich ein neues Strommarktmodell, dass die Erneuerbaren Energien zu berücksichtigen hat, entwickelt werden.

Grundsätzlich ist die durch die Neuregelung angestrebte Übergangslösung zur Sicherung der Versorgungssicherheit nicht zu beanstanden. Es darf jedoch nicht übersehen werden, dass diese Regelung mit einer deutlichen Einschränkung der Eigentumsrechte der Kraftwerksbetreiber einhergeht. Auch ist nicht erkennbar, inwieweit genehmigungsrechtliche Fragestellungen, wie beispielsweise auslaufende Betriebserlaubnisse, bei der Einstufung als systemrelevantes Kraftwerk Berücksichtigung finden.

Rückfragen & weitere Informationen: Prof.Dr. Martin Maslaton, Tel.: 0341/149500
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