Teuerer Strom - Die wahren Gründe für den Anstieg der EEG-Umlage
« NewsübersichtÜber die steigenden Strompreise wird derzeit heftig diskutiert. Oft werden die erneuerbaren Energien für den Anstieg der EEG-Umlage verantwortlich gemacht. Energieexperte Prof. Dr. Martin Maslaton meint zu Unrecht. Damit die Strompreise gemäßigter steigen, müssten die stromintensiven Industrien wieder die EEG-Umlage sowie Netzentgelte zahlen.
„Leider nehmen es alle Seiten nicht so genau mit der Wahrheit. Die Lobbyarbeit durch die großen Stromkonzerne, aber auch durch die Stadtwerke, Netzbetreiber und die erneuerbaren Energien wird erleichtert durch die ungeheuer komplizierte Art und Weise, wie heute in Deutschland der Strompreis entsteht“, so Prof. Martin Maslaton, Honorarprofessor für das Recht der erneuerbaren Energien an der TU Chemnitz und Bergakademie Freiberg sowie erster Vorsitzender der Forschungsstelle Neue Energien und Recht an diesen beiden Hochschulen.
EEG-Umlage wird fälschlicherweise mit den Kosten der Energiewende gleichgestzt
„Allein die vielgescholtene EEG-Umlage, die neben dem Strompreis an der Börse, den Netzentgelten einschließlich der Konzessionsabgaben, der Mehrwertsteuer und der Stromsteuer mit derzeit 14 % nur einen Teil des heutigen Strompreises ausmacht, ist eine hochkomplexe Angelegenheit“, so der Jurist und Wissenschaftler weiter.
Die EEG-Umlage verteilt die Mehrkosten der fixen Einspeisevergütungen für die erneuerbaren Energien auf die Stromkunden. Derzeit wird sie allerdings fälschlicherweise mit den Kosten der Energiewende gleichgesetzt und als Argument gegen den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien missbraucht.
„Dabei entwickelt sich die Umlage zunehmend zum eigentlichen Strompreis, denn durch die steigende Einspeisung von Wind- und Solarstrom befinden sich die Börsenstrompreise an der Leipziger Börse im Sinkflug. Nirgends in Europa liegt der Börsenstrompreis so niedrig wie in Deutschland“, betont der Professor.
Maslaton sieht Widersprüche in Minister Altmaiers Argumentation
Und dennoch bleibt die EEG-Umlage im Fokus der Diskussion. „Der neue Bundesumweltminister Peter Altmaier etwa hält weiter daran fest, die Einspeisevergütungen über die bereits vorgesehenen Schritte hinaus weiter abzusenken. Gleichzeitig erklärt er aber, der Zeitplan der Energiewende sei zu ambitioniert und nicht zu schaffen. Das passt überhaupt nicht zusammen!“ ärgert sich Professor Maslaton.
Dabei wissen die meisten Bürger gar nicht so recht, wie die EEG-Umlage zustande kommt. Maslaton erläutert, wie die EEG-Umlage funktioniert: „Die Betreiber der Nieder- und Mittelspannungsnetze nehmen den Strom aus erneuerbaren Energien ab und zahlen hierfür die EEG-Einspeisevergütungen an die Anlagenbetreiber aus. Das Geld zur Auszahlung erhalten die lokalen Netzbetreiber zum großen Teil von den Übertragungsnetzbetreibern (ÜNB). Diese bieten den Strom dann an der Strombörse EEX in Leipzig an. Dort werden etwa 30 % des erzeugten Stroms gehandelt, auch Atom- und Kohlestrom. Stündlich wird an der EEX der Preis für den deutschen Strommix festgesetzt. Die Differenz zwischen der Einspeisevergütung und dem erzielten Börsenpreis holen sich die ÜNB über die EEG-Umlage von den unmittelbar den Letztverbraucher beliefernden Stromversorgern wieder, die sie wiederum auf ihre insgesamt verkauften Kilowattstunden umlegen und sich so das Geld bei den Stromkunden holen“, erklärt der Energieexperte.
EEG-Umlage wegen Fehleinschätzung zu hoch angesetzt
„Die EEG-Umlage setzen die Übertragungsnetzbetreiber ein Jahr im Voraus für das Folgejahr fest. Grundlage bilden Ausbauprognosen über den Zubau von Erneuerbare-Energien-Anlagen. Hierbei verschätzten sich die ÜNB in den vergangenen Jahren jedoch wiederholt und prognostizierten einen größeren Zubau, als er dann tatsächlich eintrat“, berichtet Maslaton. So wurde die EEG-Umlage zu hoch angesetzt. „Hinzu kommt, dass die ÜNB für die EEG-Umlage im Voraus Rücklagen bilden dürfen. Allein für diese Rücklagenbildung ist eine Erhöhung der Umlage zulässig“, so Maslaton.
Für Stromeinkäufer an der EEX ist der „Merit-Order-Effekt“ ein Segen
Weite Teile der Industrie können sich zudem von der Zahlung der EEG-Umlage befreien lassen. Die sogenannte „stromintensive Industrie“ sowie Eisenbahnunternehmen müssen lediglich eine Umlage von 0,05 Cent pro Kilowattstunde entrichten gegenüber 3,59 Cent, die alle anderen in diesem Jahr bezahlen. Mittlerweile macht dies einen Stromanteil von beachtlichen 14 bis 16 % der umlagefähigen Strommenge aus. Ohne diese Befreiung läge die Umlage derzeit nur bei 3,39 Cent.
Generell steigt die Umlage natürlich auch aufgrund des Erfolges der erneuerbaren Energien in Deutschland. Je mehr Strom aus erneuerbaren Energien an der Strombörse angeboten wird und den Börsenpreis drückt, desto weiter entfernt er sich von der Einspeisevergütung. Die Umlage steigt also. Auf diesen Punkt stürzen sich die Kritiker.
Doch die erneuerbaren Energien senken auch zum Vorteil der Industrie messbar den Strompreis an der Leipziger Strombörse. Wegen niedriger Grenzkosten verdrängt der Strom aus regenerativen Quellen an der Strombörse zunehmend den teurer erzeugten unflexiblen, konventionellen Strom, der auch aufgrund fehlender Flexibilität maßgeblich für negative Strompreise verantwortlich ist. Für die Stromeinkäufer an der Börse ist dieser „Merit-Order-Effekt“ ein Segen.
Die geringeren Einkaufskosten werden aber nicht an den Endkunden weiter gegeben. Für den Endverbraucher bedeutet der Erfolg der Erneuerbaren, dass die EEG-Umlage steigt. Schließlich ergibt sich die Umlage aus der Differenz zwischen der Einspeisevergütung und dem Börsenpreis. Sie wird immer höher, wenn der Börsenpreis fällt. „Der Verbraucher ist diesem Effekt aber keineswegs völlig ausgeliefert“, betont Energieexperte Professor Maslaton. „Durch sparsamen Stromverbrauch lassen sich Preissteigerungen kompensieren. Möglichkeiten zum Stromsparen gibt es schließlich viele.“
Maslaton: Befreiung der stromintensiven Industrie von Umlage und Netzentgelten zurückfahren
Daneben gibt es noch einige weitere kleinere Effekte, die an der Preisspirale bei der EEG-Umlage drehen, wie zum Beispiel die Kosten für die von den ÜNB verlangte Umrüstung sämtlicher Wechselrichter an Photovoltaikanlagen. Diese Kosten werden hälftig auf die EEG-Umlage und auf die Netzentgelte aufgeschlagen.
Professor Maslaton fasst zusammen: „Man sieht, dass die erneuerbaren Energien zu Unrecht allein für den Anstieg der EEG-Umlage verantwortlich gemacht werden. Vor allem die Befreiung der stromintensiven Industrie von der Umlage und den Netzentgelten muss umfassend zurückgefahren werden“, fordert Prof. Martin Maslaton. „In jedem Fall wird die derzeitige Gemengelage in der Energiepolitik den Trend zum Eigenverbrauch selbst produzierten Stroms aus erneuerbaren Energien fortsetzen und dazu führen, dass am Ende die EEG-Umlage auf jede Stromart ausgedehnt werden muss. So wird die Umlage letztendlich zum Kern des Strompreises der Zukunft.“