UPDATE: Denkmalschutz steht der Windenergie nicht entgegen
« NewsübersichtIn unserer Meldung vom 17.06.2019 (https://www.maslaton.de/news/VG-Sigmaringen-Denkmalschutz-steht-der-Windenergie-nicht-entgegen--n700) berichteten wir bereits über ein durch uns erstrittenes Urteil vor dem VG Sigmaringen vom 14.02.1019 (9 K 4136/17), in dem es um das Entgegenstehen des Belangs des Denkmalschutzes gegenüber einem Windenergievorhaben ging. Eine erhebliche Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes des ca. 3 km entfernten Kulturdenkmals „Schloss Lichtenstein“ konnte nach einer Inaugenscheinnahme sowie einer abschließenden Gesamtwürdigung durch das VG ausgeschlossen werden.
Gegen dieses Urteil stellte die Gegenseite einen Antrag auf Zulassung zur Berufung vor dem VGH Mannheim. Mit Beschluss vom 20.04.2020 (1 S 1943/19) hat der VGH den Antrag abgelehnt und gleichzeitig die Rechtsauffassung des VG Sigmaringen zum Denkmalschutzrecht bestätigt.
Inaugenscheinnahme
Im Rahmen des sechsstündigen Termins zur mündlichen Verhandlung vor dem VG Sigmaringen sind die relevanten Aussichtspunkte auf das Schloss Lichtenstein von sämtlichen Beteiligten in Augenschein genommen worden. Für die Beurteilung nach § 15 Abs. 3 S. 3 DSchG Baden-Württemberg – sprich, ob das Windenergievorhaben das Erscheinungsbild des Kulturdenkmals erheblich beeinträchtigt – hat das Gericht mithin das Beweismittel des Augenscheins zugrunde gelegt. Lediglich zu dessen Veranschaulichung hat es dem Urteil Lichtbilder beigefügt, die während der in Augenscheinnahme angefertigt worden sind. Der VGH Mannheim attestiert, dass durch eben dieses Beweismittel der für die Beurteilung der Verletzung des denkmalschutzrechtlichen Umgebungsschutzes erforderlichen Einzelfallprüfung Rechnung getragen wird. Begehungen vor Ort als Gegenstand einer mündlichen Verhandlung sind als Beweismittel des Augenscheins geeignet, eine Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes auszuschließen.
Keine Zweifel an der Richtigkeit des Urteils
Der Berufungszulassungsantrag vermag keine ernstlichen Richtigkeitszweifel des angefochtenen Urteils des VG Sigmaringen darzulegen. Vielmehr hat das VG Sigmaringen einzelfallbezogen den Einwand Denkmalschutz abgeprüft. Zu berücksichtigen waren insbesondere Art, Größe und Lage des Denkmals sowie topografische Besonderheiten der Umgebung.
Allein aus der Sichtbarkeit von Windenergieanlagen in der Umgebung eines Kulturdenkmals folgt noch keine erhebliche Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes. Denn nicht jede nachteilige Beeinflussung des Erscheinungsbildes stellt sich auch als „erheblich“ im Sinne des § 15 Abs. 3 S. 3 DSchG dar. Vielmehr muss ein Gegensatz zwischen Denkmal und Windenergieanlagen deutlich wahrnehmbar sein und vom Betrachter als belastend empfunden werden.
Nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung hat das VG Sigmaringen richtigerweise festgestellt, dass die Windenergieanlagen weder die Blicke zwingend auf sich ziehen noch den Blick vom Schloss Lichtenstein weglenken.
Maßstäbe hinreichend geklärt
Darüber hinaus sind die Maßstäbe, die einer solchen Beurteilung zugrunde zu legen sind, bereits hinreichend durch die Rechtsprechung des VGH Mannheim geklärt. Verwiesen wird hier insbesondere auf das Urteil des VGH Mannheim vom 01.09.2011 (1 S 1070/11), an dem sich ferner das VG Sigmaringen in seiner Begründung orientiert hat. Die anschließende Prüfung der Maßstäbe erfolgt im jeweiligen Einzelfall.
Neben der Festlegung, dass die Umgebung eines Kulturdenkmals den sog. Wirkbereich darstellt, auf den das Denkmal ausstrahlt und den es seinerseits prägt und beeinflusst, ist auch der Maßstab der Erheblichkeit bereits angemessen konkretisiert worden. Diese liegt vor, wenn die Ausstrahlungskraft des Kulturdenkmals wesentlich von der Gestaltung seiner Umgebung abhängt.
Aufgrund des Vorhandenseins eindeutiger Maßstäbe für die Einzelfallprüfung, misst der VGH Mannheim der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO bei.
Fazit
Die Richtigkeit des Urteils des VG Sigmaringen kann durch den Berufungszulassungsantrag nicht in Zweifel gezogen werden. Entsprechend der vom VGH Mannheim aufgestellten Maßstäbe für die Prüfung des Belangs Denkmalschutz, hat das VG eine Gesamtwürdigung vorgenommen, die zugunsten des Windenergievorhabens ausgefallen ist. Eine Ablehnung der Berufungszulassung durch den VGH Mannheim ist im Ergebnis nur konsequent. Damit bestätigt sich ein weiteres Mal, dass der Belang Denkmalschutz nach einem relativ klären juristischen Arbeitsprogramm in enger Abstimmung mit Fachgutachtern erfolgreich bewältigt werden kann.