Unwirksamkeit der urheberrechtlichen Abmahnung
« NewsübersichtSeit dem 9. Oktober 2013 sind die durch das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken (wir berichteten) erfolgten Änderungen des Urhebergesetzes in Kraft getreten. Diese Änderungen beinhalten nun hohe formelle Anforderungen an eine Abmahnung sowie eine Deckelung des Streitwertes gegenüber Privatpersonen.
Deckelung der Anwaltsgebühren
Der Streitwert für eine erstmalige Abmahnung aufgrund eines Verstoßes gegen das UrhG eines Verbrauchers darf den Betrag von 1.000 EUR gem. § 97a Abs. 3 S. 2 UrhG nun nicht mehr überschreiten. Diese Regelung soll den Verbraucher insbesondere vor überhöhten Abmahngebühren bei Urheberrechtsverletzungen schützen.
Fraglich ist, ob von diesem beabsichtigten Schutz viel übrig bleibt – die „Konkurrenz" schläft nicht. Viele Kollegen, Abmahnende in Filesharingfällen, haben bereits auf die Gesetzesnovelle reagiert und ihre Abmahnungen entsprechend angepasst. So hat die Kanzlei Waldorf/Frommer in den neueren Abmahnungen ihre Schadensersatzansprüche dementsprechend angepasst, um vermutlich so ihre gesunkenen „Rechtsanwaltskosten“ zu kompensieren. Aufgenommen wurden ebenso textbausteinartige Formulierung, in denen für den Fall einer gerichtlichen Auseinandersetzung vor Gericht darlegt wird, dass ein Streitwert von 1.000 EUR unbillig sei. Es bleibt daher abzuwarten, wie die Rechtsprechung die weitläufige Formulierung in § 97a Abs. 3 S. 3 UrhG auslegt und ob auch hier einen Riegel vorgeschoben wird.
Transparenzgebot
In Zukunft müssen alle Abmahnungen, die aufgrund einer Urheberrechtsverletzung erfolgen, gem. § 97a Abs. 2 UrhG besonderen formellen Anforderungen entsprechen. Werden diese Anforderungen nicht erfüllt, ist die Abmahnung unwirksam.
Es muss insbesondere in klarer und verständlicher Weise der Name der Firma des Verletzten aus der Abmahnung hervorgehen (§ 97a Abs. 2 Nr. 1 UrhG). Hiermit wurde v.a. dem Umstand Rechnung getragen, dass in den meisten Fällen Vertreter und nicht die Rechteinhaber selbst abmahnen.
Ebenso muss nun die Rechtsverletzung genau bezeichnet werden. Es müssen alle Informationen enthalten sein, um dem Abgemahnten die Möglichkeit zu geben, den Vorwurf außergerichtlich auszuräumen (§ 97a Abs. 2 Nr. 2 UrhG). Das abgemahnte Werk muss demzufolge mit Datensatz, Uhrzeit und IP-Adresse angegeben werden.
Des Weiteren müssen ab sofort sämtliche Zahlungsansprüche aufgeschlüsselt dargestellt werden (§ 97a Abs. 2 Nr. 3 UrhG). Dies soll insbesondere dem Abgemahnten helfen, Schadensersatz- und Kostenerstattungsansprüche getrennt voneinander zu bewerten.
Letztlich ist zu beachten, dass zukünftig keine Unterlassungsverpflichtungserklärungen mehr gefordert werden dürfen, die über die konkrete Rechtsverletzung hinausgehen. Diese Regelung bezieht sich ausschließlich auf die Unterlassungsverpflichtung (§ 97 Abs. 1 UrhG) und nicht auf die Beseitigungsansprüche aus § 97 Abs. 1 UrhG, Schadensersatzansprüche nach § 97 Abs. 2 UrhG und sonstige Ansprüche aus §§ 98 ff. UrhG. Der Unterlassungsanspruch ist dabei auf die konkrete Verletzungsform zu richten, wobei kerngleiche Handlungen eingeschlossen sind. Die Reichweite kann jedoch meist nur im Einzelfall bestimmt werden. Es bleibt daher auch hier abzuwarten, ob in der Rechtsprechung § 97a Abs. 2 Nr. 4 UrhG eingeschränkt ausgelegt wird und somit nur für Fälle gilt, in denen die Abmahnung ganz offensichtlich über das eigentlich Abgemahnte hinausgeht.
Problem: Altfälle
Altfälle, solche, die vor dem 9. Oktober 2013 bereits anhängig waren, sind von den Gesetzesänderungen zunächst nicht unmittelbar betroffen. Allerdings ist eine Tendenz der Gerichte zu beobachten, die in § 97a Abs. 3 UrhG veränderte Ansicht des Gesetzgebers, den Streitwert auf 1.000 EUR zu begrenzen, zu berücksichtigen und auch für bindend zu erklären (vgl. AG Hamburg, Hinweisbeschluss v. 14.07.2013, Az.: 31a C 109/13; AG München, Beschl. v. 24.07.2013, Az.: 224 C 19992/13; AG Hamburg, Hinweisbeschluss v. 24.10.2013, Az.: 32 C 405/13). Hier weist das AG Hamburg insbesondere darauf hin, dass sich der Rechteinhaber grundsätzlich nicht auf den Vertrauensschutz berufen darf.
Fazit
Insgesamt bleibt abzuwarten, wie genau die Rechtsprechung das Gesetz auslegt und wie die Anwaltspraxis die Änderungen umsetzen wird - bis dahin bleibt genügend Zeit, sich kreativ gegen die Abmahnung zu wehren. Das eigentliche Ziel der Erleichterungen bzw. der Schutz der Abgemahnten dürfte das Gesetz durch seine vielen Schlupflöcher und die unbestimmten Formulierungen jedoch eher verfehlt haben. Positiv ist anzumerken, dass der sog. fliegende Gerichtsstand abgeschafft wurde und die Kanzleien nicht mehr die abmahnfreundlichen Gerichte anrufen können.
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Ulrich Hauk, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz, E-Mail: hauk@maslaton.de
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