Vieles geklärt, aber neue Probleme
« NewsübersichtEinspeisegesetz: Ob Maisdeckel oder Wärmekonzept – mit dem neuen EEG 2012 ändert sich einiges für Biogasanlagenbetreiber. Professor Martin Maslaton sagt Ihnen, worauf Sie jetzt besonders achten müssen.
Ab 01.01.2012 gilt das neue EEG 2012. Ob Neu- oder Bestandsanlage, alle Betreiber sollten sich mit den Neuregelungen befassen. Das EEG 2009 gilt für Neuanlagen künftig nicht mehr. Trotzdem besteht es für Altanlagen in weiten Teilen weiter, bis auf die zahlreichen Ausnahmen, die die Übergangsvorschriften im neuen EEG festlegen. Beide Fassungen des EEGs gelten bis Ende 2031 nebeneinander. Dadurch wird die Rechtslage insgesamt unübersichtlich.
Abweichungen jetzt erlaubt
Die Grundstrukturen des „alten EEG“ bleiben in weiten Teilen erhalten. Eine beachtliche Änderung ist jedoch die Aufweichung des im EEG 2009 bestehenden Abweichungsverbots. Demnach waren Abweichungen von den gesetzlichen Regelungen sowohl zulasten des Anlagenbetreibers als auch zulasten des Netzbetreibers unzulässig. Das neue EEG ermöglicht das nun unter bestimmten Voraussetzungen. Obwohl diese Veränderung für den Anlagenbetreiber sicherlich auch Verhandlungsspielraum gegenüber seinem Netzbetreiber ermöglicht, sollte der Anlagenbetreiber genau prüfen, welche Folgen sich aus einem Vertragsabschluss unter diesen Bedingungen ergeben könnten. Weil das System des EEG kompliziert ist, lässt sich das oft nicht auf den ersten Blick erkennen.
Betriebsstart unklar
Wann eine Anlage in Betrieb geht, ist für den Beginn der Vergütungsdauer und für die Vergütungshöhe wichtig. Darüber entscheidet der sogenannte Inbetriebnahmezeitpunkt. Im EEG 2004 war es möglich, eine Anlage, die bereits gelaufen ist, wiederholt neu in Betrieb zu nehmen. Mit dem EEG 2009 wurde diese Regelung abgeschafft. Nun hat der Gesetzgeber den Begriff der Inbetriebnahme im Sinne des EEG 2012 neu definiert. Während für die Inbetriebnahme nach dem EEG 2009 die erstmalige Inbetriebsetzung des Generators entscheidend war, ist jetzt zusätzlich die technische Betriebsbereitschaft der Anlage maßgebend. Was das konkret heißt, hat der Bundesgerichtshof in seiner Rechtsprechung zum EEG 2004 entschieden. So ist eine Anlage dann technisch betriebsbereit, wenn sie Biogas produzieren und Strom erzeugen kann. Das heißt, sämtliche Einrichtungen zur Stromerzeugung sind unter Einsatz des
jeweiligen Energieträgers verfügbar und eine dauerhafte Stromerzeugung ist möglich. Dies hat für die technische Betriebsbreitschaft der Anlage weitreichende Folgen. Dazu folgendes Beispiel:
Das BHKW einer im Bau befindlichen Biogasanlage geht Ende 2011, also unter dem EEG 2009, durch Einschalten des
Generators in Betrieb. Da die Gaserzeugungseinrichtungen (z. B. Fermenter) noch nicht fertig sind, wird der Generator wieder abgestellt und im Januar 2012 mit der Fertigstellung der Anlage erneut in Betrieb genommen. Wird das gültige
Recht konsequent angewendet, gilt dieser Fall als Einbau eines alten Generators in eine neue Biogasanlage und damit als Neuinbetriebnahme der Anlage. Das hat zur Folge, dass auch die Vergütungsdauer neu zu laufen beginnt. Es findet also eine Neuinbetriebnahme statt, die – wie erwähnt – im Rahmen der EEG-Novelle 2009 ausdrücklich abgeschafft wurde. Ob das der Gesetzgeber so gewünscht hat, ist bislang unklar. Andererseits dürfte es für Biogasanlagen, die in 2011 nicht mehr vollständig fertiggestellt werden können, schwierig werden, sich durch eine Vorab-Inbetriebnahme des Generators mit anderen Einsatzstoffen die Geltung des EEG 2009 zu erhalten.
Neue Begriffe, neuer Status
Das neue EEG enthält in den Begriffsbestimmungen neue Begriffe, die die Branche bereits längere Zeit geläufig nutzt. So unterscheidet das Gesetz jetzt ausdrücklich zwischen Biogas und Biomethan. Das Gesetzt definiert Biomethan so: „Biogas oder sonstige gasförmige Biomasse, das oder die aufbereitet und in das Erdgasnetz eingespeist worden ist“.
Ein „Problemkind“ bleibt weiterhin der Anlagenstatus. Dieser entscheidet beim Bau und Ausbau von Anlagen über
deren Wirtschaftlichkeit. Der Gesetzgeber hat lediglich den Anlagenstatus von sogenannten Satelliten-BHKWs ausdrücklich geklärt. Mehrere BHKWs gelten zukünftig als eine gemeinsame Anlage, wenn das zu verstromende Biogas aus einer gemeinsamen Biogasanlage stammt. Die räumliche Nähe und der zeitliche Ablauf der Inbetriebsetzung spielen dabei keine Rolle. Allerdings betrifft diese Regel nur Anlagen, die ab 2012 in Betrieb gehen. Bestandsanlagen behalten ihren bestehenden rechtlichen Status.
NaWaRo-Bonus bleibt
Ganz erhebliche Veränderungen ergeben sich durch die Auflösung der bisherigen Vergütungssystematik. Das EEG 2012 spaltet diese auf in Vergütungen für Strom aus der Vergärung von Biomasse allgemein sowie von Bioabfällen und von Gülle im Besonderen. Die bisher gewährten Boni entfallen mit Ausnahme des Gasaufbereitungsbonus vollständig. In der Grundvergütung gibt es fünf Leistungsklassen, von 150 kW bis zu 20 MW. Außerdem werden diese Leistungsklassen in zwei Einsatzstoffvergütungsklassen unterteilt. Für diese gibt es eine zusätzliche degressionsfreie Vergütung, die dem bisherigen NaWaRo-Bonus entspricht. Die Differenzierung der Einsatzstoffklassen regelt der neue Anhang zur BiomasseV. Inputsubstrate werden darin anhand des Energiegehalts unterschieden. Neu ist eine Güllevergütung von 25 Cent/kWh für Kleinanlagen bis 75 kWel. Um diese zu bekommen, muss der Betreiber, unter anderem, in der Anlage mindestens 80 Masseprozent Gülle vergären.
Nur mit Wärmekonzept
Künftig erhalten Betreiber nur noch eine Vergütung, wenn ihre Anlagen ein effizientes Wärmenutzungskonzept haben.
Dazu muss der erzeugte Strom nach der Inbetriebnahme im ersten Kalenderjahr zu 25 Prozent und ab dem zweiten Kalenderjahr zu mindestens 60 Prozent in Kraft-Wärme-Kopplung erzeugt worden sein. Die Wärmenutzung zur Fermenterheizung wird dabei pauschal in Höhe von 25 Prozentpunkten angerechnet. Alternativ kann zur Erzeugung des Biogases im jeweiligen Kalenderjahr durchschnittlich ein Gülleanteil von mindestens 60 Masseprozent eingesetzt werden. Für Biogasanlagen wird außerdem ein „Maisdeckel“ eingeführt. Eine Vergütung gibt es nur noch, wenn der zur Stromerzeugung eingesetzte Mais-, Corn-Cob-Mix- und Getreidekornanteil einschließlich Lieschkolbenschrot im Kalenderjahr bei höchstens 60 Masseprozent liegt. Bis zum fünften Kalenderjahr nach der Inbetriebnahme führt ein Verstoß gegen diese Regelungen dazu, dass statt der EEG-Vergütung lediglich ein dem Monatsmittelwert am Spotmarkt EPEX Spot in Leipzig entsprechender Preis gezahlt wird. Nach dem fünften Kalenderjahr verringert sich die Grundvergütung auf 80 Prozent für jedes Folgejahr.
Marktprämie für Großanlagen
Und es gibt eine weitere Vergütungseinschränkung: Anlagen, die nach dem 31.12.2013 in Betrieb genommen werden
und deren installierte Leistung 750 kW übersteigt, werden nicht mehr nach dem EEG vergütet. Sie müssen die Marktprämie im Rahmen der Direktvermarktung nutzen. Durch den Bezug auf die installierte Leistung der Anlage wird klar, dass diese Regelung auch keine anteilige Vergütung zulässt. Vielmehr sollen diese Anlagen dann vollständig wettbewerbsfähig betrieben werden. Durch die verschärften Voraussetzungen für den Erhalt der Vergütung und durch die Einführung der Marktprämie versucht der Gesetzgeber, einen erhöhten Anreiz für die Direktvermarktung von Strom
aus erneuerbaren Energien zu schaffen. Das EEG 2012 legt für die Höhe der Marktprämie keinen fixen Wert fest.
Sie wird vom Netzbetreiber kalendermonatlich berechnet. Ihre Höhe entspricht der Differenz zwischen der normalen
EEG-Vergütung und dem energieträgerspezifischen Referenzmarktwert zuzüglich einer fixen Managementprämie. Der
Anlagenbetreiber kann dadurch mehr verdienen, und zwar dann, wenn die Marktprämie und der ihm zustehende Vermarktungserlös für den Strom unterm Strich mehr ergibt als die reine EEG-Vergütung. Auf der anderen Seite
sind die organisatorischen Anforderungen bei der Direktvermarktung sehr hoch. Es ist deshalb fraglich, ob dieses
Instrument seine beabsichtigte Wirkung erzielen kann.
Fazit
Zusammenfassend kann man sagen, dass die EEG-Novelle 2012 einige grundsätzliche und wichtige Fragen des EEG 2009, wie beispielsweise den Anlagenstatus von Satelliten-BHKWs, klären konnte. Aber es gibt neue Probleme. Bereits in den Begriffsbestimmungen des EEG 2012 sind neue Komplikationen angelegt, mit denen sich sicherlich die Clearingstelle EEG und auch die Gerichte befassen müssen. Eine vereinfachte Vergütungsstruktur ist im Gesetz kaum erkennbar, trotz der Streichung sämtlicher Boni und der Etablierung völlig neuer Vergütungsstrukturen. Die Tatsache, dass die Regelungen des EEG 2009 für Bestandsanlagen noch bis 2031 weitergelten werden, schafft eine unübersichtliche Rechtslage.
jb