Windenergie – BVerfG macht Mecklenburg-Vorpommern für Branche unattraktiv
« NewsübersichtDas BVerfG hält das Bürger- und Gemeindenbeteiligungsgesetz (BüGembeteilG MV) für überwiegend verfassungsgemäß: Mecklenburg-Vorpommern droht ins Hintertreffen zu geraten.
In der Entscheidung des BVerfG (Az.: 1 BvR 1187/17) – zur Pressemitteilung vom 05.05.2022 geht es hier – bezeichnet das BVerfG das BüGembeteilG sogar als Modell für vergleichbare Regelungen in anderen Bundesländern. Damit hat es klargemacht, dass die bundesgesetzlichen Regelungen, allen voran § 6 EEG 2021, nicht abschließend sind. Es steht zu befürchten, dass in Zukunft auch andere Länder – unter dem Deckmantel des Klimaschutzes – von der Länderöffnungsklausel des § 36g Abs. 5 EEG 2021 Gebrauch machen.
Leidtragende sind die Projektierer:innen und der Klimaschutz.
Das BüGembeteilG MV:
Gegenstand des Verfahrens war eine Verfassungsbeschwerde, bei der die MASLATON Rechtsanwaltsgesellschaft mbH die Beschwerdeführerin, ein Unternehmen aus der Windenergiebranche, vertrat. Angegriffen wurde dabei die Verfassungsmäßigkeit der §§ 3, 4, 6, 11 und 12 des BüGembeteilG MV.
Das BüGembeteilG MV sieht vor, dass die Realisierung von Windenergieanlagen durch Projektgesellschaften mit Haftungsbeschränkung zu erfolgen hat. Zudem sind die Projektierer:innen verpflichtet, 20 % der Anteile dieser Projektgesellschaft an Kommunen und Bürger:innen im Umkreis von 5 Km zum Vorhabenstandort zum Kauf zu offerieren. Der sich daraus ergebende Verwaltungsaufwand ist enorm. Dadurch sah die Beschwerdeführerin ihre Grundrechte der Berufs- (Art. 12 Grundgesetz, GG) und Eigentumsfreiheit (Art. 14 GG) sowie den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 GG) verletzt.
Die Entscheidung:
Dem hat das BVerfG nun größtenteils widersprochen. Nur § 10 Abs. 6 S. 2 BüGembeteilG MV wurde als mit dem Grundgesetz nicht vereinbar erklärt. Damit fallen in Zukunft lediglich Teile des erheblichen Verwaltungsaufwands weg.
Zwar spricht das BVerfG von einer „beträchtlichen Intensität“, die das BüGembeteilG MV für die Berufsfreiheit der Projektierer:innen bedeute. Diesem Eingriff stünden aber „Gemeinwohlbelange von ebenfalls beträchtlichem Gewicht“ gegenüber. Insbesondere der Klimaschutz und das Ziel der Akzeptanzsteigerung von Windenergie-Vorhaben in der Bevölkerung, rechtfertigten den Eingriff.
Dass das BVerfG in dem BüGembeteilG sogar ein Modell für andere Länder sieht, zeigt, dass es den Klimaschutz weiter als überragendes öffentliches Interesse sieht. Alles was dem Klimaschutz dient, kann erhebliche Eingriffe in die Grundrechte von Projektierer:innen rechtfertigen. Damit stellt das BVerfG den Klimaschutz zwar weiter nach vorne, verliert aber die Praxis aus den Augen. Ob das dem Klimaschutz wirklich hilft, erscheint mehr als fraglich.
Ausblick: Einheitliche Regelungen erforderlich
Der Standort Mecklenburg-Vorpommern droht damit ins Hintertreffen zu geraten. Die Stagnation beim Ausbau der Windenergie – seit 2019 ging die Anzahl der Anlagen von 1.942 auf 1.834 zurück – dürfte so nur schwierig zu durchbrechen sein. Aus unternehmerischer Sicht bleibt der Standort unattraktiv: Denn anders als § 6 EEG 2021, der nur eine freiwillige Beteiligung von Kommunen vorsieht, sind in Mecklenburg-Vorpommern nach dem BüGembeteilG auch in Zukunft mindestens 20 % der Anteile der Projektgesellschaft an Kommunen und Bürger:innen zum Kauf zu offerieren.
Daher gilt, wie so oft im Bereich der Erneuerbaren Energien: Der Gesetzgeber muss schnellstens einheitliche Regelungen schaffen. Der aktuelle Gesetzesrahmen scheint nach dieser Entscheidung für die Durchsetzung der Energiewende nicht auszureichen. Ohne gesetzgeberische Änderung droht ein Flickenteppich von Beteiligungsgesetzen.