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Windenergie - BVerwG stellt Anforderungen an Kompensationsregelungen infrage

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Das Bundesverwaltungsgericht hat die geltende Verwaltungspraxis zur Kompensation von Landschaftseingriffen durch Windenergieprojekte infrage gestellt. Können Ausgleichsmaßnahmen zukünftig zur Akzeptanzsteigerung genutzt werden?

Am 12. September entschied das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, 12.09.2024 - 7 C 3.23 und 7 C 4.23) über die Anforderungen an Kompensationsmaßnahmen für Eingriffe durch Windenergieanlagen. Während die Urteilsbegründung noch aussteht, lassen sich bereits jetzt mögliche Auswirkungen auf die zukünftige Genehmigungspraxis der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen erkennen.

Sachverhalt: Abriss von Stallgebäuden als Realkompensation unzureichend 

Gemäß § 13 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) müssen Eingriffe durch Windenergieanlagen in das Landschaftsbild durch Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen kompensiert werden. Wenn diese Maßnahmen nicht möglich sind, ist eine Ersatzzahlung zulässig, wie es etwa das Land Brandenburg im Rahmen seines "Kompensationserlasses Windenergie" regelt. Die Klägerinnen, Betreiberinnen von fünf Windenergieanlagen in Brandenburg, wehrten sich gegen die Nebenbestimmung zur Verpflichtung von Ersatzzahlungen. Sie schlugen den Abriss leerstehender Stallgebäude und die Pflanzung von Gehölzen als Kompensationsmaßnahmen vor. Das Landesamt für Umwelt Brandenburg erkannte diese Maßnahmen jedoch nicht an, da sie nicht den geforderten Rückbau von mastartigen Strukturen oder Hochbauten (mindestens 25 Meter Höhe) beinhalteten.

Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG 3a A 47/23 und 3a A 37/23) bestätigte die behördliche Entscheidung und verpflichtete die Klägerinnen zur Ersatzzahlung, da es an einem hinreichenden Zusammenhang zwischen den vorgeschlagenen Maßnahmen und dem Eingriff in das Landschaftsbild fehle.

BVerwG: Weite Auslegung der Kompensationsmaßnahmen

Das BVerwG hob die Entscheidung des OVG auf und verwies den Fall an dieses zur erneuten Entscheidung zurück. Es stellte fest, dass dieses einen zu strengen Maßstab an die vorgeschlagenen Maßnahmen gelegt hatte. Nach Auffassung des BVerwG sind an Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen unterschiedliche Anforderungen zu stellen:

  • Ausgleichsmaßnahmen erfordern eine gleichartige Herstellung der betroffenen Funktionen.
  • Ersatzmaßnahmen erfordern lediglich eine gleichwertige Herstellung der betroffenen Funktionen.

Das BVerwG betonte, dass nicht nur der Rückbau von "vertikalen Strukturen" als Kompensation in Betracht kommt, wie es Brandenburg fordert. Auch andere Maßnahmen, die den Landschaftswert durch Vielfalt, Eigenart und Erholungswert steigern, können geeignet sein.

Auswirkungen der Entscheidung für die Praxis

Die Entscheidung des BVerwG könnte erhebliche Auswirkungen auf die Praxis der Kompensation von Eingriffen in das Landschaftsbild haben. Bundesländer, die wie Brandenburg die Zulässigkeit von Realkompensationen auf den Rückbau technischer Strukturen, wie Strommasten oder andere mastartige, vertikale Gebäude beschränken, müssen gegebenenfalls ihre Verwaltungsvorschriften anpassen. Für Projektierer ergeben sich daraus zwei Schlussfolgerungen:

  • Die Kompensation mittels Ersatzzahlung, ist zwar gut planbar, wird aber durch die Entscheidung gegebenenfalls zukünftig nicht mehr den Regelfall darstellen.
  • Doch zum anderen ergibt sich im Rahmen der Realkompensation, indem auch andere Maßnahmen gleichwertig sein können (wie hier der Rückbau von Stallgebäuden), ein größerer Handlungsspielraum. Damit kann nicht nur besser auf die örtlichen Gegebenheiten des Projekts eingegangen werden, sondern womöglich auch die Akzeptanz der Bürger:innen für die Windenergieanlagen gefördert werden.

Da die Urteilsbegründung des BVerwG noch aussteht, bleibt abzuwarten, wie konkret die Vorgaben für die Ausgestaltung von Kompensationsmaßnahmen aussehen werden. Wir werden berichten.