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Windenergie – Die langersehnte BImSchG-Novelle ist da!

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Entbürokratisierung, Verfahrensbeschleunigung, Vereinfachung und Digitalisierung – Hält die Novelle des Bundes-Immissionsschutzgesetzes was sie verspricht? Die Neuerungen für Repowering, Vorbescheid und Genehmigungsverfahren im Blick.

Mit der Novellierung des BImSchG und der 9. BImSchV wurden weitere Gesetzesänderungen zur Beschleunigung des Genehmigungsverfahren von Erneuerbarer-Energien-Vorhaben am 6. Juni vom Bundestag und am 14. Juni vom Bundesrat verabschiedet. Die Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt steht noch aus. Wie schon bei vergangenen Gesetzesänderungen spricht die Koalition wieder mal von einem „Genehmigungsturbo“: Es soll digitalisiert, vereinfacht und entbürokratisiert werden. Und ein Blick in die vielen kleinen Änderungen zeigt durchaus das Beschleunigungs- und Vereinfachungspotenzial der Novelle - doch Verbesserungswünsche und Optimierungsbedarf bleiben nicht aus:

1. Gestärkte Wirkungskraft des Vorbescheids

Eine wirklich wichtige und positive Neuerung ist die Stärkung des Vorbescheids, durch den neu eingefügten § 9 Absatz 1 a BImSchG. Die Durchführung einer vorläufigen Gesamtprognose und einer vorläufigen Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) im Hinblick auf die Umweltauswirkungen des Gesamtvorhabens sind damit nicht mehr erforderlich. Der Wegfall dieser Erfordernisse sollte insbesondere im frühen Planungsstadium bei Investitions- und Konkurrenzfragen für zügigere Sicherheit sorgen.

2. Schnellere Genehmigungsverfahren und mehr Transparenz

Das Antrags- und Genehmigungsverfahren erhält mit einer Vielzahl an Änderungen insbesondere für Verfahren von Windenergieanlagen an Land und Elektrolyseuren für grünen Wasserstoff mehr Transparenz und Potenzial auf Beschleunigung.

• Behörden in Fristverlängerung beschränkt

Der § 10 Absatz 6a Satz 2 BImSchG sieht Seitens der Behörde nur noch eine einmalige Verlängerung der Genehmigungsfrist für drei Monate vor, welche von der Behörde zu begründen ist. Eine weitere Verlängerung ist nur mit Zustimmung des Antragstellers möglich. Da an die Nichteinhaltung der Frist keine Konsequenzen geknüpft sind (Stichwort: Genehmigungsfiktion), dürfte sich der Beschleunigungseffekt allerdings in Grenzen halten.

• Vollständigkeitsfiktion der Unterlagen für den Fristbeginn

In § 7 Absatz 1 9. BImSchV gelten die Antragsunterlagen nach Ablauf der einmonatigen Bearbeitungsfrist bzw. spätestens mit Eingang der von der Behörde erstmalig nachgeforderten Unterlagen als vollständig, womit die Genehmigungsfrist nach § 10 Absatz 6a Satz 1 BImSchG zu laufen beginnt und eine Verzögerung durch wiederholtes Nachfragen verhindert werden soll. Ebenfalls soll dadurch das Nachreichen von Unterlagen im Genehmigungsverfahren erleichtert werden, womit der Genehmigungsprozess weiter entzerrt und verschlankt werden soll. Zudem wurde die Vorschrift um eine Legaldefinition zur Vollständigkeit der Unterlagen ergänzt und verpflichtet die Genehmigungsbehörde den Antragsteller unverzüglich über die Vollständigkeit der Unterlagen zu informieren. Grundsätzlich ist diese Ergänzung zu begrüßen – eine Legaldefinition alleine wird jedoch nicht helfen. Wann Unterlagen Vollständig sind, wurde durch das BVerwG bereits geklärt. Allerdings ist diese Beurteilung im Einzelfall mitunter schwierig. Insofern wäre ein abschließendes Verzeichnis wünschenswert gewesen.

• Fristen und Weiterleitung von Stellungnahmen

Die Verpflichtung der Genehmigungsbehörde eingegangener Stellungnahmen unverzüglich an den Antragsteller weiterzuleiten, wird zu einer wichtigen Vereinfachung und Straffung des Genehmigungsprozesses führen, § 10 Absatz 5 Satz 2 BImSchG. Des Weiteren enthält § 10 Absatz 5 Satz 3 BImSchG die Vermutung, dass wenn eine zu beteiligende Behörde innerhalb einer Frist von einem Monat keine Stellungnahme abgegeben hat, dass diese sich nicht äußern will. In diesem Fall soll die zuständige Behörde entweder zu Lasten der zu beteiligenden Behörde ein Sachverständigen-Gutachten einholen oder selbst Stellung nehmen können.

• Austausch zwischen Behörde und Antragsteller

Mit § 10 Absatz 5 Satz 9 f. BImSchG hat eine beteiligte Behörde, die beabsichtigt ihre erforderliche Zustimmung zu verweigern, vor Abgabe ihrer Entscheidung dem Antragsteller innerhalb einer von der Behörde festzusetzenden Frist die Möglichkeit zur Stellungnahme zu geben. Damit sollten künftig Unstimmigkeiten schneller gelöst werden, da Antragsteller und betroffene Behörde in den direkten Austausch kommen und nicht erst im Nachhinein gegen die verweigerte Zustimmung vorgegangen werden muss. Ob hierdurch etwaigen verfahrensbeschleunigende Effekte, die durch § 10 Abs. 5 S. 3 BImSchG wieder zunichte gemacht werden, bleibt abzuwarten.

• Elektronisches Antragsverfahren

Bezüglich der Digitalisierung des Genehmigungsverfahrens wurden zwar mit § 10 Absatz 1 Satz 3 und 5 BImSchG neue Vorgaben zum elektronischen Antragsverfahren eingeführt, doch ob wann und wie es tatsächlich zu einer spürbaren (bundeseinheitlichen) Reduktion des Papier-Wahnsinns kommt, bleibt Zukunftsmusik.

3. Vereinfachung und Bürokratieabbau beim Repowering

In § 16b BImSchG wurde das Genehmigungsverfahren von Repowering-Vorhaben mit einigen Vereinfachungen erleichtert, die in erster Linie einen Bürokratieabbau erhoffen lassen. Die wichtigsten Änderungen zum Repowering im Überblick:

• Erweitere Abstandsvorgaben

Der Abstand zwischen Neu- und Altanlage darf nun die 5-fache Anlagenhöhe betragen als zuvor nur die 2-fache (statt 2H jetzt 5H), womit die notwendige Flexibilität beim Repowering gewährleistet wird, § 16b Absatz 2 BImSchG.

• Verlängerung der Frist zur Errichtung

Zwischen Rückbau der Altanlage und der Errichtung der neuen Windenergieanlage dürfen nun statt 24 Monaten bis zu 48 Monate liegen, § 16b Absatz 2 BImSchG.

• Klarstellung zur Betreiberidentität

§ 16b Absatz 10 BImSchG stellt klar, dass eine Betreiberidentität zwischen Bestands- und Neuanlage nicht bestehen muss, sondern die Einverständniserklärung des Altbetreibers zum Zeitpunkt der Genehmigung ausreichend ist.

• Erleichterte Änderung des Anlagentyps

Die Nutzung neuer Modelle desselben Anlagentyps erfährt bei nur geringen Änderungen starke Verfahrenserleichterungen. Denn wird der Standort der Anlage um nicht mehr als 8 Meter geändert, die Gesamthöhe um nicht mehr als 20 Meter erhöht und der Rotordurchlauf um nicht mehr als 8 Meter verringert, sind ausschließlich Anforderungen nach § 16b Absatz 8 BImSchG nachzuweisen und zu prüfen, § 16b Absatz 7 BImSchG.

Fazit: Eine notwendige Novelle mit Potenzial

Wie die vorstehende Auflistung zeigt, sind insbesondere die Vollständigkeitsfiktion der Antragsunterlagen, die Erleichterung des Repowering und Typenänderungen, sowie die Stärkung des Vorbescheids für den Ausbau der Windenergie an Land hervorzuheben. Ob diese Änderungen im Ergebnis zum gewünschten „Genehmigungsturbo“ führen, können allerdings erst die tatsächlichen Praxisauswirkungen zeigen. Klar ist, dass hierfür das Personal in den Ländern und Kommunen gefragt ist, das die vielen Neuerungen der Planungs- und Genehmigungsprozesse anwenden muss.