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Windenergie – Freie Fahrt zum Windpark?

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Wenn sich die Gemeinde in den Weg stellt, kann sich die Nutzung der Erschließungs- und Zufahrtsstraßen holprig gestalten. Zur Nutzung öffentlicher Wege und den Duldungspflichten und dem Kontrahierungszwang von Kommunen.

Die Nutzung von Gemeindewegen für die Errichtung und Erschließung von Erneuerbarer-Energien-Anlagen kann sich aufgrund kommunalen Widerstands problematisch gestalten. Gemeinden machen oft von ihrer Eigentümerstellung an Wegen Gebrauch, um die Errichtung und den Betrieb von Photovoltaik- und Windparks zu blockieren.

Schlüsselstelle Straßen und Wege: Ohne Zufahrt keine Anlage

Zugangswege zum Projektstandort sind in vier Konstellationen von großer Bedeutung:

  • Errichtungsverkehr wie z.B. Schwerlasttransporte
  • Erschließungsverkehr für z.B. Wartung, Feuerwehr oder Polizei
  • Verlegung von Leitungen für den Netzanschluss
  • Ggf. Rückbau der Anlage

Dabei ist insbesondere zwischen Erschließungs- und Errichtungsverkehr zu unterscheiden. Der Erschließungsverkehr bezieht sich auf den laufenden Betrieb der PV- oder Windenergieanlage, wie den Verkehr von Wartungsfahrzeugen, weshalb dieser Verkehr über die gesamte Betriebsdauer der Anlage hinweg ausreichend gesichert werden muss. Der Errichtungsverkehr hingegen betrifft den Verkehr während des Aufbaus und muss nur zeitweise gesichert werden – ist daher für die dauerhafte Erschließung unerheblich.

Die „gesicherte Erschließung“ für die immissionsschutzrechtliche Genehmigung

Um eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zu erhalten, müssen Projektierende lediglich nachweisen, dass die geplanten Windenergieanlagen (WEA) oder der Solarpark über eine ausreichend gesicherte Erschließung verfügen. Voraussetzung dafür ist, dass die Wege dem Betreiber dauerhaft zur Verfügung stehen. Gemeindewege stehen bereits dann dauerhaft zur Verfügung, wenn sie öffentlich gewidmet sind und der Projektierer der Gemeinde ein zumutbares Erschließungsangebot unterbreitet. Dabei kann bereits eine minimale Zugänglichkeit für den Erschließungsverkehr durch schlechte Feld- und Waldwege als Mindestanforderung ausreichen, diese vom Betreiber instandgesetzt werden können und so eine ausreichende Erschließung fingiert wird.

Nutzung öffentlich gewidmeter Straßen und Wege

Die tatsächliche Nutzung der Straßen ist mit der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung aber noch nicht gesichert. Die Nutzung der Wege und die Verlegung von Leitungen werden nicht von der Genehmigung erfasst, da der Wege- und Leitungsbau nicht Teil der Anlage ist. Hierfür sind separate Genehmigungen einzuholen.

Für den Errichtungsverkehr auf öffentlich gewidmeten Wegen mit Schwerlasttransporten (einschließlich ggf. Wegeausbau durch Verbreiterungen) bedarf es regelmäßig einer straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis. Diese dürfen die Genehmigungsbehörden jedoch nur aus straßenrechtlichen Erwägungen versagen. Bei nicht öffentlich gewidmeten Wegen kann sich ein Anspruch auf Wegenutzung für den Errichtungsverkehr aus dem notwegeähnlichen Benutzungsrecht ergeben, Art. 14 Abs. 1 GG, sofern der Anlagenstandort nicht anderweitig erreichbar ist.

Ob ein Weg öffentlich gewidmet ist, ist regelmäßig dem Straßenverzeichnis zu entnehmen. In der DDR gab es jedoch nicht für alle Straßen eine öffentlich bekannt gemachte Widmung, weshalb die Straßengesetze der neuen Bundesländer eine Widmungsfiktion für Wege kennen, die schon zu DDR-Zeiten öffentlich genutzt wurden.

Kontrahierungszwang: Gemeinden in der Monopolstellung

Ist die Gemeindestraße die einzige Zufahrt zum Anlagestandort kann der Kommune eine Monopolstellung oder eine marktbeherrschende Stellung zukommen. Durch Verweigerung der Nutzung bzw. des Vertragsabschlusses kann die Gemeinde diese Stellung sittenwidrig ausnutzen – insbesondere, wenn zumutbare Ausweichmöglichkeiten fehlen. Auch im Kontext der Privatwirtschaftsverwaltung durch Gebietskörperschaften kann die Gemeinde zur Gleichbehandlung verpflichtet sein, die im Ergebnis einem kontrahierungszwangs gleichkommt.

Solarpaket I – Duldungspflichten sollen kommen

Dem Solarpaket I zugrundeliegende Gesetzesentwurf sieht neben einer Duldungspflicht zur Verlegung der Leitungen (wir berichteten hier) auch eine Duldungspflicht zur Überfahrt vor. Bislang ist die Pflicht, die den Eigentümer und die Nutzungsberechtigten eines Grundstücks trifft, nur für die Errichtung und des Rückbaus – nicht dagegen für den allgemeinen Erschließungsverkehr vorgesehen. Die Sachverständigen hatten zuletzt am 15.11.2023 die Möglichkeit zum Gesetzesentwurf Stellung zu beziehen. Die Kritik und Verbesserungswünsche sind vielseitig, weshalb weitere Anpassungen nicht auszuschließen sind.

Ausblick: Der Teufel steckt im Detail

Zufahrtswege sind für das Gelingen eines Erneuerbare-Energien-Projekts unerlässlich. Da jedoch die Voraussetzungen für die Errichtung, Erschließung und Leitungsverlegung genau voneinander zu unterscheiden sind und die landesspezifischen Regelungen zu berücksichtigen sind, verläuft die Umsetzung in der Praxis oft nicht reibungslos. Selbst mit den geplanten Duldungspflichten im Solarpaket 1 gilt es die rechtlichen Rahmenbedingungen genau im Blick zu behalten.