Tracking pixel Windenergie – OVG Bautzen bestätigt Vorrang von Windenergieanlagen gegenüber UNESCO-Welterbe · MASLATON Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Windenergie – OVG Bautzen bestätigt Vorrang von Windenergieanlagen gegenüber UNESCO-Welterbe

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Das OVG Bautzen räumt Windenergieanlagen den Vorrang gegenüber UNESCO-Weltkulturerbe ein: Nur relevante Sichtbeziehungen können zu einer optischen Beeinträchtigung führen und daher kein Umgebungsschutz außerhalb der Pufferzone.

Das Spannungsfeld zwischen Denkmalschutz und Windenergie, sowie die angemessene Berücksichtigung beider Schutzgüter sind regelmäßig Gegenstand vor Gericht. Ob jedoch bei einem UNESCO-Weltkulturerbe andere Maßstäbe gelten müssen, war die zentrale Frage in zwei oberverwaltungegerichtlichen Entscheidungen. Einerseits hatte das OVG Bautzen (21.03.2024 – 1 C 2/24) zu entscheiden, dessen Urteil wir im Folgenden betrachten. Andererseits war bereits das OVG Koblenz (14.08.2023 – 1 C 10576/21) mit dieser Frage befasst, dessen Urteilsgründe wir in diesem Newsbeitrag näher beleuchten. 

Obwohl die Sachverhalte unterschiedlich sind, ist beiden Entscheidungen gemeinsam, dass sie dem Klimaschutz durch den Bau von Windenergieanlagen Vorrang einräumen. Das Problem Erneuerbare Energien und Denkmalschutz im Hinblick auf UNESCO-Weltkulturerbe wird damit für Projektierende immer mehr zur lösbaren Herausforderung.

Der Sachverhalt: Drei Windenergieanlagen, vier Denkmäler und ein Welterbe

Der Kläger plante den Bau von drei Windenergieanlagen auf landwirtschaftlich genutzten Flächen. In der Nähe befinden sich vier Kulturdenkmäler sowie eine UNESCO-Welterbestätte. Östlich, etwa 3,6 km von der nächsten Windenergieanlage entfernt, liegt das Schloss Wolkenstein. Südwestlich in einer Entfernung von etwa 2,1 km zu den geplanten Windenergieanlagen befinden sich weitere Denkmäler - der „Sauberger Haupt- und Richtschacht“ und der „Förderturm Schacht 2“. Diese Denkmäler gehören zur Welterbestätte „Montanregion Erzgebirge/Krušnohoří“. Die geplanten Windenergieanlage liegen außerhalb der Kern- und Pufferzone der Welterbestätte, mit einer Entfernung von etwa 1,3 km zur Pufferzone. Zwischen den Windenergieanlage und den Denkmälern befindet sich zudem eine bewaldete Hügelkette.

Die zentralen Rechtsfragen 

Die zwei zentralen, vom OVG Bautzen zu klärenden Rechtsfragen sind Folgende:

1. Wird die Welterbestätte „Bergbaulandschaft Ehrenfriedersdorf“ durch die Windenergieanlagen in ihrer Substanz beeinträchtigt?

2. Folgt aus einer visuellen Beeinträchtigung des Welterbes ein denkmalschutzrechtlicher Umgebungsschutz für den Vorhabenstandort?

Das Urteil: Umgebungsschutz schützt nicht jede Sichtachse  

Der Schutz von UNESCO-Weltkulturerbestätten wird in Deutschland durch die Denkmalschutzgesetze der Länder geregelt. Im Sächsischen Denkmalschutzgesetz gibt es jedoch keine speziellen Regelungen für Welterbestätten oder deren Umgebungsschutz. Der allgemeine Umgebungsschutz von Denkmälern findet Anwendung, wenn die Umgebung für das Erscheinungsbild oder den Bestand eines Denkmals von erheblicher Bedeutung ist (§ 2 Abs. 3 Nr. 1 SächsDSchG). Eine Genehmigung kann in der Folge nur verweigert werden, wenn eine erhebliche Beeinträchtigung vorliegt und keine höherrangigen Interessen dagegen sprechen. 

Das OVG Bautzen stellte bereits in Frage, ob in der Pufferzone überhaupt noch ein Umgebungsschutz greife. Wenn dies der Fall sei, so das OVG Bautzen, käme dieser an den Standorten der geplanten Windenergieanlagen, die sich 1,3 km außerhalb der Pufferzone befinden, jedoch in keinem Fall mehr zum Tragen. Bei der Frage, welche Sichtachsen für eine mögliche Beeinträchtigung zu berücksichtigen sind, betonte der 1. Senat des OVG Bautzen in den Urteilsgründen wiederholt, dass nur die im Welterbe-Management-Plan festgelegten relevanten Sichtbeziehungen maßgeblich sind. 

Die Entscheidung zeigt damit deutlich auf, dass die bloße Sichtbarkeit der Windenergieanlagen in der Landschaft oder ihre auffällige Bewegung nicht automatisch zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Denkmals führen. Je nach Entfernung und Lage der Anlagen hinter Hügeln werden sie oft nicht als Panorama in Verbindung mit den Denkmälern wahrgenommen, sondern eher als eine Abfolge einzelner visueller Eindrücke, was weniger störend wirkt. Das OVG Bautzen kam zu dem Ergebnis, dass die geplanten Windenergieanlagen lediglich eine unerhebliche Beeinträchtigung im Sinne von § 12 Abs. 2 Satz 3 Var. 1 SächsDSchG darstellen und somit genehmigungsfähig sind.

Fazit: Der Schutz von Welterbe und Klima schließt sich nicht aus

Das OVG Bautzen hat in seinem Urteil klar aufgezeigt, wie sich Windenergieanlagen auf Welterbestätten sowohl innerhalb als auch außerhalb der Pufferzonen auswirken. Die Entscheidung macht deutlich, dass nicht jede Sichtachse relevant ist und dass die Wirkung von Windenergieanlagen im Zusammenspiel mit Denkmälern immer im Zusammenhang mit der Landschaft, der Topografie und der Entfernung bewertet werden muss. Zusammen mit dem Urteil des OVG Koblenz setzen nun zwei Gerichte ein eindeutiges Zeichen: Klimaschutz und der Bau von Windenergieanlagen haben Vorrang, auch bei der Nähe zu UNESCO-Welterbestätten, und das – dies ist besonders hervorzuheben - auch ohne Rückgriff auf § 2 EEG 2023. 

Kritik am Urteil: Bereits der historische Bezug streitet für die Erneuerbaren Energien 

Wie alle Entscheidungen, so leidet auch diese Entscheidung an einem fehlenden Verständnis, ja einer völlige Nichterwähnung der historischen Dimensionen. Der studierte Historiker Prof. Dr. Maslaton kann sich dieses Kommentars nicht enthalten: 

„Denkmalschutz ist ein Zeit-Moment inhärent. Wie sah denn die Umgebung des Denkmals vor 50, 100, 200 oder 300 Jahren aus? Würde der Aspekt aufgenommen werden und zusätzlich begriffen werden, dass die Vorhaben der Windenergie und der Photovoltaik als befristete Vorhaben im historischen Tank keine Relevanz entfalten können, eben weil sie in historischen Dimensionen kein zeitliches Gewicht haben, da die Umgebung historisch gesehen immer kurzfristigen Eingriffen unterliegt, würde man merken, dass der Umgebungsdenkmalschutz unberührt bleibt! Historisch betrachtet!“

Man kann nur mit Adorno schließen: 

„Bedeutende Kunstwerke der Vergangenheit arten in dem Augenblick, in dem das Bewußtsein sie als Reliquien anbetet, in Bestandstücke einer Ideologie aus, die am Vergangenen sich labt, damit sich am Gegenwärtigen sich nichts ändere.“

(Zitat aus Theodor W. Adornos Traditionsaufsatz, Darmstadt 1998, S. 312)


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