Windenergie und Artenschutz – OVG NRW bestätigt Abriss künstlicher Nisthilfe
« NewsübersichtDie rechtliche Behandlung künstlicher Nisthilfen als Instrument gegen Windenergieanlagen war lange unklar. Das OVG NRW stärkt jetzt alle Betreiber:innen.
Künstliche Nisthilfen werden häufig von Windenergiegegner:innen in näherer Umgebung bereits realisierter Windenergieanlagen aufgestellt. Durch das Ansiedeln windenergiesensibler Arten, ob Vögel oder Fledermäuse, soll so der Betrieb von Windenergieanlagen durch nachträgliche Nebenbestimmungen erschwert werden.
Die Entscheidung:
Das OVG NRW hat in seinem unanfechtbaren Beschluss vom 14.06.2022 (Az.: 7 B 460/22) die Rechtsauffassung des VG Münster (wir berichteten hier) bestätigt, wonach eine Nisthilfe für Storche, bestehend aus einem 7,5 m hohen Mast mit Kopfplatte, trotz noch fehlender endgültiger Entscheidung in der Hauptsache „vorzeitig“ abgerissen werden darf.
Die von den Gerichtsentscheidungen profitierende Projektiererin wurde im Verfahren durch die MASLATON Rechtsanwaltsgesellschaft vertreten.
Formelle Illegalität der Nisthilfe bestätigt
Die Argumente der sich gegen den Abriss wendenden Antragsteller:innen wurden vom OVG NRW in ihrer Gesamtheit zurückgewiesen. Im Ergebnis kommt das Gericht zur Entscheidung, dass die Abrissverfügung gegen die Nisthilfe sofort vollziehbar ist. D. h. auf die – noch ausstehende – Abrissentscheidung in der Hauptsache muss nicht gewartet werden.
Entscheidender Punkt im Verfahren war die Frage, ob eine künstliche Nisthilfe als bauliche Anlage im Sinne der Bauordnung einzustufen ist und demnach einer Baugenehmigung bedarf. Dies bejahte das OVG NRW. Das Gericht betonte, dass der Mast in auf Dauer gedachter Weise künstlich mit dem Boden verbunden sei, was eine der Voraussetzungen für das Vorliegen einer baulichen Anlage darstellt. Auch eine Verfahrensfreiheit der Nisthilfe, weil diese aus Gründen des Brauchtums errichtet worden sei, wies das Gericht mit deutlichen Worten als „fernliegend“ zurück.
Wegen der fehlenden Baugenehmigung ist die Nisthilfe als formell illegal einzustufen. Der sofortige Abriss konnte deshalb durch das OVG NRW bestätigt werden. Anders kann dies in anderen Bundesländern zu bewerten sein. So ist beispielsweise in Hessen ausdrücklich geregelt, dass Nisthilfen als verfahrensfreie Vorhaben von dem Erfordernis einer Baugenehmigung „befreit“ sind. In diesen Ländern ist in der Folge ein bauaufsichtliches Einschreiten in Form einer Beseitigungsanordnung zunächst ausgeschlossen.
Abriss der Nisthilfe: Gesetzgeber unterstützt Windenergie
Im verhandelten Fall kann die Nisthilfe abgerissen werden und die Projektiererin ihr Vorhaben ohne Verzögerung und Behinderungen umsetzen. Für andere Vorhabenträger:innen und auch für anhängige Gerichtsverfahren sendet diese Entscheidung im besten Fall ein deutliches Signal: (Vorgeschobener) Artenschutz ist gegenüber Windenergievorhaben kein pauschaler Vorrang einzuräumen.
Dies bestätigt erfreulicherweise ein Blick in den neuen § 45b Abs. 7 BNatSchG, indem das Aufstellen von Nisthilfen für kollisionsgefährdete Vogel- und Fledermausarten verboten wird. Dass der Gesetzgeber zu einer solchen Regelung gezwungen war, ist bezeichnend; im Sinne des Klimaschutzes und des Ausbaus der erneuerbaren Energien aber absolut richtig.