Zertifizierung nach der BDEW-Mittelspannungsrichtlinie
« NewsübersichtNachdem in Hoch- und Höchstspannungsnetzen einspeisende Erzeugungsanlagen an der Netzstützung beteiligt wurden, wird dies seit der Mittelspannungsrichtlinie des BDEW (nachfolgend: BDEW-MR), die seit dem 01.01.2009 Geltung beansprucht, auch für Erzeugungsanlagen am Mittelspannungsnetz eingefordert. Sie soll der Sicherstellung der Versorgungsqualität mit Strom dienen. Laut dem Vorwort zur Mittelspannungsrichtlinie sollen die geltenden Vorgaben des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (nachfolgend: EEG) entsprechend berücksichtigt worden sein.
Nach Punkt 6.1 der BDEW-MR ist für jede Erzeugungseinheit ein typenspezifisches Einheiten-Zertifikat erforderlich, in dem die elektrischen Eigenschaften der Erzeugungseinheit ausgewiesen werden. Hierdurch soll die Konformität der Erzeugungsanlage mit den Anforderungen der Richtlinie nachgewiesen werden. Weiterhin muss der Anlagenbetreiber gegenüber dem Netzbetreiber durch ein sogenanntes Anlagenzertifikat belegen, dass die elektrischen Eigenschaften und das richtlinien-konforme Verhalten der Summe aller am Netzanschlusspunkt angeschlossenen Erzeugungseinheiten einschließlich der Anschlussleitungen zum Netzanschlusspunkt eingehalten sind. Die vorgenannten Zertifikate mussten nach der BDEW-MR für Anlagen, die im Zeitraum vom 1.1.2009 bis 1.1.2010 beim Netzbetreiber angemeldet worden sind, bis spätestens 30. Juni 2011 beim Netzbetreiber nachgereicht werden. In der Konformitätserklärung hingegen, die Voraussetzung der Inbetriebsetzung ist, bestätigt der Anlagenbetreiber gemäß Punkt 1.4 der BDEW-MR, dass die Erzeugungsanlage die Vorschriften, Normen und Bestimmungen nach der Richtlinie erfüllt.
1. Photovoltaikanlagen
Photovoltaikanlagen und Brennstoffzellenanlagen müssen das Erfüllen der Anforderungen der Richtlinie im Zeitpunkt der Inbetriebsetzung ausweislich der 2. Ergänzung zur BDEW-MR bis spätestens 01.04.2011 eingehalten und die entsprechende Nachweise gegenüber dem Netzbetreiber erbracht haben. Der Zeitpunkt des Nachweises der Zertifikate wurde aufgrund von Engpässen bei der Zertifizierung nach der 3. Ergänzung auch dann als eingehalten betrachtet, wenn das Zertifikat bis zum 30.09.2011 vorgelegt und die technischen Voraussetzungen ab dem 01.04.2011 eingehalten wurden. Sofern ein Zertifikat nicht vorgelegt worden sein sollte, sieht die Ergänzung des BDEW vor, dass der Netzbetreiber dazu berechtigt sei, die Trennung der Erzeugungsanlage vom Netz zu verlangen oder die Trennung der Anlage vom Netz selbst vorzunehmen. In der Handlungsempfehlung vom 22.09.2011 wurde aus Mangel an Zertifizierungsstellen auch bereits der Nachweis der Beauftragung der Zertifikate bis zum 30.09.2011 als ausreichend erachtet, sofern die Zertifikate unverzüglich nach Fertigstellung, spätestens jedoch bis zum 01.07.2012 nachgereicht würden.
2. Sonstige Erzeugungsanlagen
Für sonstige Erzeugungsanlagen mit Verbrennungskraftmaschine sieht die 2. Ergänzung zur BDEW-MR vor, dass die geforderten Nachweise bis spätestens 01.08.2013 zu erbringen sind. Für Windenergieanlagen ergibt sich bereits aus der Systemdienstleistungsverordnung (nachfolgend: SDLWindV), dass ein Nachweis für die Einhaltung der Voraussetzungen des Systemdienstleistungsbonus durch Vorlage eines Einheitenzertifikats erforderlich ist. Für Übergangsanlagen sah die bis zum 31.12.2011 geltende Fassung der SDLWindV vor, dass ein Nachweis auch bis zum 30.09.2011 für die Voraussetzungen des Systemdienstleistungsbonus gegenüber dem Netzbetreiber erbracht werden könnte. Ob der Nachweis der Einhaltung der Voraussetzungen den Bonus ab der Inbetriebnahme der Windenergieanlage oder erst mit Erbringen der erforderlichen Zertifikate entstehen lässt, ist derzeit Gegenstand eines Hinweisverfahrens vor der Clearingstelle EEG. Ferner hatte der BDEW für das Vorlegen der Konformitätserklärung bei Windenergieanlagen auf den Mangel an Zertifizierern reagiert und den Nachweis akzeptiert, wenn bei Beauftragung vor dem 30.09.2011 der Nachweis bis zum 15.12.2011 erbracht wurde.
3. Handlungsempfehlung des BDEW vom 13.01.2012
Nunmehr hat der BDEW abermals auf den Mangel an akkreditierten Zertifizierern reagieren müssen. In seiner Handlungsempfehlung vom 13.01.2012 werden die Anforderungen auf Hinweis der Deutschen Akkreditierungsstelle (nachfolgend: DAkkS) für die Berechtigung zur Ausstellung der Anlagen- und Einheitenzertifikate heruntergesetzt. Danach empfiehlt der BDEW den Netzbetreibern, auch solche Zertifikate als gültig anzuerkennen, die von einem Unternehmen stammen, dessen Akkreditierung durch die DAkkS noch nicht erfolgt, welches jedoch durch den BDEW als Zertifizierungsstelle endgültig empfohlen worden ist. Das Zertifizierungsunternehmen muss jedoch über das Fach- und Systemaudit nach DIN EN 45011 für Anlagenzertifikate gemäß FGW TR8 Rev. 05 oder neuer verfügen. Darüber hinaus muss sich das zertifizierende Unternehmen dazu verpflichten, gegenüber dem Netzbetreiber innerhalb von sechs Monaten ein revisioniertes und aktualisiertes Anlagenzertifikat/Anlagengutachten einer akkreditierten Zertifizierungsstelle unverzüglich vorzulegen.
Einerseits ist zu begrüßen, dass sich der BDEW angesichts des Mangels an Zertifizierungsstellen als flexibel erweist, jedoch ist die Empfehlung an die Netzbetreiber, bei nicht fristgerechtem Einreichen der Zertifizierung die Anlage vom Netz zu trennen, als fragwürdig zu betrachten. Hier legt der BDEW weitere Voraussetzungen fest, die nicht im Einklang der Netzanschlusspflicht und der Abnahmepflicht nach dem EEG stehen. Auch verweist der Gesetzgeber ausschließlich in der SDLWindV auf die Mittelspannungsrichtlinie, ohne dass sich daraus eine weitere Ermächtigung für andere Erneuerbare Energien herleiten lässt bzw. in der Novellierung zum EEG 2012 in den Gesetzestext Eingang gefunden hätte. So kann sich die Verweigerung eines Netzbetreibers, die lediglich auf Grundlage der Mittelspannungsrichtlinie erfolgt, ohne dass konkrete Anhaltspunkte für eine Gefahr für die Netzstabilität bestehen, als unrechtmäßig im Sinne des EEG darstellen und Schadenersatzansprüche zugunsten des Anlagenbetreibers entstehen lassen. Es empfiehlt sich daher im Einzelfall eine entsprechende, rechtliche Prüfung.
Rückfragen & weitere Informationen: Prof.Dr. Martin Maslaton, Tel.: 0341/149500
e-mail: martin@maslaton.de, Internet: www.maslaton.de