Bundeskabinett beschließt Gesetzesentwurf zum Strommarktgesetz
« NewsübersichtDas Bundeskabinett hat am 04.11.2015 das Gesetz zur Weiterentwicklung des Strommarktes (Strommarktgesetz) beschlossen. Dieser Gesetzesentwurf markiert vorerst den Schlussstein des öffentlichen Konsultationsverfahrens über die zukünftige Ausgestaltung des Strommarktes, das bereits mit der Veröffentlichung des Grünbuchs im Oktober 2014 angestoßen und später mithilfe des Weißbuchs „Ein Strommarkt für die Energiewende“ im Sommer 2015 konkretisiert wurde (Wir berichteten: http://www.maslaton.de/news/Gruenbuch-Ein-Strommarkt-fuer-die-Energiewende--n335, http://www.maslaton.de/news/Reform-des-Strommarkts-Erster-Referentenentwurf-fuer-Strommarktgesetz-liegt-vor--n384). Das Gesetz geht nun zur parlamentarischen Beratung in den Bundestag.
Mit dem Strommarktgesetz sollen die Maßnahmen des Weißbuchs sowie des „Eckpunktepapiers für eine erfolgreiche Umsetzung der Energiewende“ vom 01.07.2015 umgesetzt werden. Im Zusammenspiel mit der Grundsatzentscheidung für einen Strommarkt 2.0 mit ergänzender Kraftwerksreserve und gegen einen Kapazitätsmarkt soll das Strommarktgesetz vornehmlich den Wettbewerb der Stromanbieter und der Flexibilitätsoptionen sowie auch die Rolle der Bilanzkreisverantwortlichen stärken. Darüber hinaus sollen angesichts eines immer größer werdenden Anteils die Kosten für die Integration des Stroms aus erneuerbaren Energien gesenkt werden.
Das Strommarktgesetz ist ein sog. Artikelgesetz, durch das insgesamt elf weitere Gesetze und Verordnungen reformiert werden sollen. Der Regelungsschwerpunkt liegt dabei auf der Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes (kurz: EnWG) sowie auf Änderungen der auf Grundlage dessen erlassenen Rechtsverordnungen, wie beispielsweise der Stromnetzzugangsverordnung (kurz: StromNZV) und Netzreserveverordnung (kurz: NetzResV, vorher: Reservekraftwerksverordnung, ResKV). Weiterhin ergeben sich daraus auch Anpassungen im EEG 2014.
Für Wind- und PV-Anlagenbetreiber dürfte insbesondere die sog. „Spitzenkappung“ relevant sein, wonach die Betreiber von Energieversorgungsnetzen den Berechnungen für ihre Netzplanung die Annahme zu Grunde legen können, dass die prognostizierte jährliche Stromerzeugung aus Wind- und Sonnenenergie je unmittelbar an ihr Netz angeschlossener Anlage um bis zu 3 % reduziert werden darf. In diesem Zusammenhang wird zur Überbrückung von Netzengpässen und zur Gewährleistung des Netzbetriebs die Netzreserve über den 31.12.2017 hinaus verlängert, um die Zeit zur Realisierung wichtiger Netzausbauvorhaben zu überbrücken. In begründeten Ausnahmefällen ist auch der Einsatz von Neuanlagen innerhalb der Netzreserve möglich und erwünscht. Bilanzkreisverträge müssen in Zukunft so ausgestaltet werden, dass sichergestellt ist, dass die Erbringung von Sekundärregelleistung und Minutenreserve eines Bereitstellers auch über einen anderen Bilanzkreis erfolgen kann. Insofern müssen die Bilanzkreise geöffnet werden.
Weiterhin soll der Anspruch auf die vermiedenen Netznutzungsentgelte für dezentrale Anlagen auf solche beschränkt werden, die vor dem 01.01.2021 in Betrieb genommen werden. Zu erwähnen ist an dieser Stelle auch, dass die Stromsteuerbefreiung gem. § 9 Abs. 1 Stromsteuergesetz (kurz: StromStG) auf Strom, der nach dem EEG gefördert wird, keine Anwendung findet.
Für alle Marktbeteiligten sieht das Strommarktgesetz verschiedene Regelungen zu Informationsrechten von Netzbetreibern (§ 12 EnWG), zum Monitoring der Versorgungssicherheit (§ 51 EnWG) und zur Transparenz (§ 111 EnWG) vor, die insgesamt zu erheblich mehr Auskunfts- und Berichtspflichten führen.
Daneben hat das Bundeskabinett am 04.11.2014 das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende beschlossen. Dieses Gesetz enthält Regelungen zum Smart-Meter-Rollout, zum Datenschutz, den Sicherheitsvorkehrungen und zum Messstellenbetrieb und ist damit insbesondere für PV- Anlagenbetreiber relevant. Die Einbauschwelle für sog. Smart-Meter und Smart-Meter-Gateways liegt für EE- und KWK-Anlagen ab 2017 bei 7 kW und reicht bis 100 kW installierter Leistung.
Angesichts der großen Zahl bereits installierter Anlagen soll die Einbaupflicht auch für Altanlagen bestehen. Die Kosten für den Einbau und Betrieb der Systeme trägt der Verbraucher oder Anlagenbetreiber. Schutz vor finanziellen Überbelastungen sollen individuelle, jährliche Kostenobergrenzen bieten. Diese Obergrenzen orientieren sich an Leistungsklassen. So zahlen Anlagenbetreiber als Erzeuger mit einer installierten Leistung von a) 7 bis 15 kWh maximal 100,00 €/a, b) 15 bis 30 kW 130,00 €/a, c) 30 bis 50 kW 170,00 €/a, d) 50 bis 100 kW 200,00 €/a. Ab 2020 können die Messstellenbetreiber das Rollout auf Erzeuger mit einer installierten Leistung von über 100 kW erweitern. Diese Kosten sind dann allerdings nicht gedeckelt. Netzbetreiber und Messstellenbetreiber sollen im Übrigen in besonderen Einzelfällen von einem Einbau absehen dürfen, wenn dies ansonsten mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden wäre.
Außerdem hat das Kabinett zur näheren Ausgestaltung der im EnWG anzulegenden Kapazitätsreserve die „Verordnung zur Regelung des Verfahrens der Beschaffung, des Einsatzes und der Abrechnung einer Kapazitätsreserve“ (Kapazitätsreserveverordnung) verabschiedet. Die Kapazitätsreserve soll außerhalb des Strommarktes bereitgehalten werden und mit einem Umfang von 2,7 GW zur Absicherung gegen unvorhersehbare Ereignisse dienen. Es ist vorgesehen, ab 2017 schrittweise ältere, emissionsintensive Braunkohlekraftwerke gegen eine kostenbasierte Vergütung in die Kapazitätsreserve zu überführen. Diese Reservekraftwerke bleiben für vier Jahre in der Sicherheitsbereitschaft und werden anschließend stillgelegt. Insofern gilt ein Vermarktungs- und Rückkehrverbot für Anlagen in der Kapazitätsreserve.
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