Erneuerbare Energien - Gesetzesänderungen für Photovoltaik, Windenergie und Wasserstoff
« NewsübersichtEin weiteres Gesetz soll die energiepolitische Lage entschärfen und den Ausbau der Erneuerbaren Energien beschleunigen: Autobahnen, Schienenwege und Tagebaufolgeflächen sind im Fokus.
Das Gesetz zur sofortigen Verbesserung der Rahmenbedingungen für die erneuerbaren Energien im Städtebaurecht ist letzten Donnerstag, 1.12.2022, vom Bundestag beschlossen worden und soll am 16.12.2022 als Einspruchsgesetz in den Bundesrat. Mit den Änderungen soll ein Beitrag zur unabhängigen Energieversorgung und eine Beschleunigung des Ausbaus Erneuerbarer Energien (EE) bewirkt werden. Über den zugrundeliegenden Gesetzesentwurf vom 27.9.2022 und die kritikwürdigen Punkte berichten wir hier.
Die wesentlichen Änderungen im Überblick
Das Gesetz, welches am 1.1.2023 in Kraft tritt, greift insbesondere auf die Schaffung von Privilegierungstatbeständen im Baugesetzbuch zurück, um den Ausbau der EE zu beschleunigen:
- § 249a BauGB: Privilegierung von Elektrolyseuren neben Windenergie- und Photovoltaik-Anlagen
Die damit geschaffene ausdrückliche Privilegierung von Anlagen zur Herstellung von Wasserstoff (Elektrolyseure), gilt nicht wie im Gesetzesentwurf vorgesehen nur in räumlich-funktionalem Zusammenhang zu bestehenden Windenergieanlagen, sondern auch bei Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen). Diese Privilegierung ist jedoch geknüpft an privilegierte PV-Anlagen (also neue Anlagen) oder an PV-Anlagen, die aufgrund eines „alten“ Bebauungsplans (vor 2023) verwirklicht werden. Für PV-Anlagen, die mit neuen Plänen (ab 2023) verwirklicht werden, bedarf es dagegen der Privilegierung nicht: Mit § 14 Abs. 4 BauNVO ist ab 2023 für Elektrolyseure die Zulässigkeit in Bebauungsplänen immer gegeben. Für alte Bebauungspläne gilt das hingegen nicht, wie § 25 f. BauNVO klarstellt.
- § 249b BauGB: Erleichterte Nutzung von Tagebaufolgeflächen für Windenergie und Photovoltaik
Diese Neuregelung zielt darauf ab, die Flächenpotenziale von Tagebaufolgeflächen für Photovoltaik- oder Windenergieanlagen schnell und unkompliziert zu erschließen. Die Verordnungsermächtigung in § 249b BauGB soll den Ländern mit Braunkohletagebau ermöglichen diese Flächen beschleunigt mit Windenergie- und/oder PV-Anlagen zu belegen. Die Nachnutzung für solche Anlagen wird dadurch auf entsprechenden Flächen rechtlich privilegiert. Eine Ausweitung der Verordnungsermächtigung auf weitere Flächen, wie z.B. bergrechtlich festgestellte, planfestgestellte oder abfallrechtlich genehmigte Flächen (Halden und Kippen) wurde dagegen nicht umgesetzt. Die politische Brisanz dieser „Lex LEAG“ und die damit einhergehende Benachteiligung mittelständischer Windenergie-Unternehmen in Sachsen hat Prof. Dr. Martin Maslaton bereits hier dargelegt.
- §35 Abs. 1 Nr. 8 BauGB: Privilegierung von PV-Anlagen bis zu 200m entlang Autobahnen und Schienenwegen
Damit werden PV-Anlagen bis zu einer Breite von 200m entlang von Autobahnen und Schienenwegen des übergeordneten Netzes mit mindestens zwei Hauptgleisen privilegiert. Da jedoch der Abstand von 200m „vom Fahrbahnrand“ gemessen wird und ein solcher bei Schienenwegen nicht existiert, bleibt abzuwarten, wie sich die Genehmigungsbehörden zu dieser ungenauen Regelung positionieren werden. Zudem können auf diesen Flächen Raumordnungskonflikte entstehen, weil in vielen Fällen entlang von Autobahnen und Schienenwegen bereits Ausweisungen bspw. für die Landwirtschaft existieren.
Plakatives Beispiel aus Mecklenburg-Vorpommern: Dort sind laut LEP PV-Freiflächenanlagen auf landwirtschaftlichen Flächen nur im 110 m-Streifen von Autobahnen und Schienenwegen raumordnerisch zulässig. Das Land versucht dies mit umfangreichen und zeitraubenden Zielabweichungsverfahren zu lösen, die rechtlich auf tönernen Füßen stehen. Das Beispiel zeigt, dass durchaus Möglichkeiten bestehen, die Privilegierung wieder zu unterlaufen.
Ausblick: Erleichterung der Planungsverfahren und Klarheit im Markt
Durch die Privilegierung von Elektrolyseuren sind diese – in neuen Bebauungsplänen – als Nebenanlage zulässig. Dadurch werden zum einen der Energiebranche die derzeitig erheblichen Unsicherheiten genommen und zum anderen die Planungsverfahren erleichtert, da Elektrolyseure nicht extra eingeplant werden müssen. Offen bleibt dagegen die Frage, ob Gemeinden Elektrolyseure explizit oder über verschiedene Festsetzungen (bspw. max. Grundfläche) ausschließen dürfen.
Ob sich an die Privilegierung von PV-Freiflächenanlagen nun ein Steuerungsvorbehalt anschließen wird (so wie es bei der Windenergie der Fall war) muss sich zeigen. Dies wäre extrem kontraproduktiv, da das Thema Flächenverfügbarkeit über Jahre hinweg die Windenergie blockiert hat. Sollte sich ein ähnliches Phänomen bei PV-Freiflächenanlagen zeigen, wäre der PV-Branche mit der Gesetzesänderung ein Bärendienst erwiesen.