Tracking pixel Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz: Pflicht zur Errichtung von Ladesäulen auf Parkplätzen ab 01.01.2025 · MASLATON Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz: Pflicht zur Errichtung von Ladesäulen auf Parkplätzen ab 01.01.2025

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Das „GEIG“ verpflichtet seit einigen Jahren im Zusammenhang mit Neubauten und größeren Gebäuderenovierungen zum Bau von Ladesäulen für E-Autos. Im kommenden Jahr wird diese Pflicht auf 130.000 Bestandsgebäude mit Parkplätzen ausgeweitet. Auf die Eigentümer kommen damit in der Regel vierstellige Kosten zu. Eine komplexe Systematik und zahlreiche Ausnahmen machen jedoch eine genauere Beschäftigung mit dem Gesetz lohnenswert. So können etwa kleinere und mittelgroße Unternehmen von der Pflicht befreit sein.

I. Bedeutung des GEIG

Das „Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz“ (GEIG) wurde bereits im März 2021 verabschiedet. Ihm liegt Art. 8 Abs. 2 bis 6 der EU-Richtlinie 2018/844 zugrunde, wobei der deutsche Gesetzgeber in der Umsetzung des EU-Rechts nicht über die europäischen Mindestvorgaben hinausging. Ziel des GEIG ist es, deutschlandweit Lademöglichkeiten für E-Autos bzw. kleinere E-Transporter zu schaffen. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass Käufer von E-Autos im Alltag auf möglichst wenige Schwierigkeiten mit der Batteriereichweite ihrer Fahrzeuge stoßen. Ladevorgänge sollen zuhause möglich sein, aber auch am Arbeitsplatz oder zwischendurch, wenn das Auto bei alltäglichen Erledigungen geparkt wird.

Mittelbar soll das GEIG den Anreiz für Bürger erhöhen, sich beim nächsten Autokauf für ein Elektromodell zu entscheiden. Das Gesetz kann damit als staatlicher Anstoß für eine flächendeckende Errichtung von E-Ladestellen verstanden werden: Durch das GEIG werden die Marktbedingungen für E-Autos verbessert. Wenn in der Folge mehr E-Autos gekauft werden, sind wiederum private Investitionen in weitere E-Ladeinfrastruktur zu erwarten. Das GEIG steht damit in einer Reihe mit anderen gesetzlichen Maßnahmen zur Förderung der E-Mobilität, welche die vergangene Bundesregierung im Zusammenhang mit ihrem „Klimaschutzprogramm 2030“ für geboten hielt, so z.B. der Anspruch des Mieters gegen seinen Vermieter nach § 554 BGB.

II. Betroffene bauliche Anlagen

1. Betroffene Stellplätze

Das Gesetz erfasst zwei Arten von Auto-Stellplätzen: Stellplätze innerhalb eines Gebäudes und Stellplätze, die an ein Gebäude angrenzen. Ein Stellplatz grenzt gemäß § 3 GEIG dann an ein Gebäude an, wenn er demselben Eigentümer gehört wie das Gebäude, überwiegend von den Bewohnern bzw. Nutzern des Gebäudes verwendet wird und eine physische oder technische Verbindung zum Gebäude besteht. Der Referentenentwurf der Bundesregierung erklärt zwar, dass die Auslegung des Gesetzes nicht zu weit erfolgen solle, um eine eindeutige Zuordnung der GEIG-Pflichten zu ermöglichen. In der Praxis dürfte aber regelmäßig die Eigentumslage entscheidend sein. Wichtig ist zudem, dass der Stellplatz gemäß § 2 Nr. 14 GEIG dem Abstellen von Fahrzeugen außerhalb der öffentlichen Verkehrsfläche dienen muss. Das GEIG kommt demnach nicht zur Anwendung, wenn sich der Stellplatz auf einer per Rechtsakt öffentlich-rechtlich gewidmeten Verkehrsfläche befindet.

2. Betroffene Gebäudetypen

Die Pflichten des GEIG knüpfen aber nicht unmittelbar an das Vorhandensein bzw. die Errichtung von Auto-Stellplätzen an. Entscheidend ist viel mehr, welchem Gebäude die Stellplätze zuzuordnen sind. Diese Systematik folgt einerseits aus dem Gesetzeszweck, Lademöglichkeiten dort anzubieten, wo sich Menschen aufhalten. Andererseits wird vermutet, dass die Ausstattung eines Stellplatzes mit Ladeinfrastruktur in der Regel niederschwelliger umzusetzen bzw. kostengünstiger ist, wenn der Stellplatz in der Nähe eines Gebäudes liegt. Das GEIG adressiert daher die Eigentümer, Bauherren sowie Wohnungseigentümergemeinschaften (§ 2 Nr. 1 GEIG) von Gebäuden. Der Begriff „Gebäude“ wird im GEIG nicht eigens definiert, es sollte aber § 2 Abs. 2 der Musterbauordnung herangezogen werden können.

Zentral ist die Unterscheidung des Gesetzes zwischen „Wohngebäuden“ und „Nichtwohngebäuden“. § 2 Nr. 15 GEIG definiert Wohngebäude als solche Gebäude, die nach ihrer Zweckbestimmung überwiegend dem Wohnen dienen, einschließlich Wohn-, Alten- und Pflegeheimen sowie ähnlicher Einrichtungen. Diese einigermaßen tautologische Definition sollte durch Heranziehung des § 3 BauNVO und dessen juristischer Kommentierung ergänzt werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist „Wohnen“ eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit und Eigengestaltung der Haushaltsführung. Wohnen bedeutet, ein selbstbestimmtes Leben „in den eigenen vier Wänden“ zu führen. Nicht umfasst sind damit etwa Beherbergungsbetriebe. Eine anderweitige Auslegung nach dem Sinn und Zweck des GEIG ist nicht geboten. So erscheint zwar überraschend, dass etwa Zweitwohnungen nach dem GEIG anders zu behandeln sind als Ferienwohnungen. Vor dem Hintergrund der Rechtssicherheit und der unterschiedlichen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ist dies aber gut begründbar.

Nichtwohngebäude wiederum sind in § 2 Nr. 12 GEIG negativ definiert als alle sonstigen Gebäude. Für gemischt genutzte Gebäude macht § 11 GEIG spezielle Vorgaben. Hier ist der Umfang der Verpflichtung aus dem Gesetz in zwei Schritten zu prüfen, indem die verschieden genutzten Gebäudeteile zunächst getrennt und dann zusammengenommen unter Bestimmung der überwiegenden Nutzungsform betrachtet werden.

3. Anwendung im Einzelfall

Im Detail fällt auf, dass das GEIG aufgrund seiner sehr bürokratischen Gesetzessystematik weit häufiger nicht zur Anwendung kommt, als der Gesetzgeber ursprünglich intendiert haben dürfte. Je nach wirtschaftlicher Bedeutung eines Vorhabens kann es im Einzelfall sinnvoll sein, juristischen Rat einzuholen und überprüfen zu lassen, ob das Vorhaben tatsächlich dem Anwendungsbereich des GEIG unterfällt. In Ausnahmefällen kann es auch möglich sein, einer Umsetzung des GEIG durch aktive Gestaltung, etwa durch eine Veränderung der Eigentumsverhältnisse, zu entgehen.

III. Pflichten für Nichtwohngebäude ab 1. Januar 2025

Bislang wurde das GEIG für Bauherren, Eigentümer und WEG-Mitglieder erst dann relevant, wenn ein Gebäude entweder neu errichtet oder in größerem Umfang renoviert werden sollte. Der Umfang der Verpflichtung zum Bau von Ladeinfrastruktur ergab sich dann aus den §§ 6 bis 9 GEIG, wobei sich das Gesetz in der Praxis durch zahlreiche „Schlupflöcher“ ausgezeichnete.

Ab 1. Januar 2025 ist nun für sämtliche Nichtwohngebäude § 10 GEIG zu beachten. Diese Norm sieht die Schaffung solcher Infrastruktur auch für Bestandsgebäude vor, selbst wenn keine baulichen Maßnahmen am Gebäude geplant sind. Sofern das Gebäude über mehr als zwanzig Stellplätze verfügt, muss der Eigentümer einen Ladepunkt an den Stellplätzen errichten. Ein Ladepunkt umfasst nach § 2 Nr. 9 GEIG nicht nur die Leitungslegung, sondern die vollständige zum Laden eines E-Fahrzeugs erforderliche Einrichtung. Gemäß § 5 Abs. 1, 2 GEIG iVm. § 19 Abs. 2 NAV sind die gesetzlichen Anforderungen an die Technik solcher Ladepunkte einzuhalten und der Netzbetreiber zu informieren. Der Eigentümer kann seine Verpflichtungen für mehrere Gebäude auch an nur einem Ort erfüllen, wenn dadurch den Nutzern aller Gebäude Zugang zu einer Ladestelle verschafft wird, § 10 Abs. 2 GEIG. Die Zahl der insgesamt zu errichtenden Ladepunkte verringert sich hierdurch aber nicht.

Die wirtschaftliche Bedeutung von § 10 GEIG sollte nicht unterschätzt werden. Das Laden von E-Autos führt zu einer dauerhaften Belastung der Stromleitungen, was von Gesetzes wegen besondere Brandschutzmaßnahmen erforderlich macht. Die Kabel zum Ladepunkt müssen in speziellen Schutzrohren geführt werden. Die Kosten hierfür hängen stark von den baulichen Gegebenheiten vor Ort ab. Teuer wird es in der Regel, wenn der Stellplatz nicht gleich neben dem Gebäude liegt. Die Gesetzesbegründung geht daher von durchschnittlichen Einmalkosten iHv. etwa 5.000 Euro pro Ladepunkt aus. Betroffen sind davon circa 130.000 Gebäude in Deutschland.

IV. Ausnahmen

Vom GEIG ausgenommen sind Nichtwohngebäude, die sich im Eigentum von „kleineren und mittleren Unternehmen“ befinden und überwiegend von diesen selbst genutzt, also nicht etwa vermietet werden, § 1 Abs. 2 GEIG. Zur Definition wird über § 2 Nr. 6 GEIG auf EU-Recht verwiesen. Im Ergebnis sind Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigen und maximal 50 Millionen Euro Jahresumsatz oder 43 Millionen Euro Bilanzsumme gemeint. Bei der Berechnung kommt es allerdings nicht allein auf die rechtliche Unabhängigkeit eines Unternehmens an. Für sog. verbundene Unternehmen oder Partnerunternehmen sind die einzelnen Werte (ggf. anteilig) zu addieren.

Keine Ausnahme im dogmatischen Sinne, in der Praxis aber eine Möglichkeit, sich von der Verpflichtung nach dem GEIG „freizukaufen“, stellt die sog. Quartierslösung nach § 12 GEIG dar. Danach können sich Eigentümer verschiedener Gebäude zusammentun und ihre Verpflichtungen an nur einem Ort erfüllen. Das Gesetz fordert hierfür einen „räumlichen Zusammenhang“ der Gebäude, was in erster Linie bedeuten dürfte, dass die Nutzer der verschiedenen Gebäude durch solche Vereinbarung nicht schlechter gestellt werden dürfen. Nach § 12 Abs. 2 GEIG können sich Energieversorgungsunternehmen an den Vereinbarungen beteiligen und zB. zur Vornahme der baulichen Maßnahmen im Interesse aller Eigentümer verpflichten.

Dass die Kostenobergrenze von sieben Prozent aus § 14 Abs. 1 GEIG, die bei Renovierungsmaßnahmen greift, auch § 10 GEIG als Anwendungsfall aufzählt, dürfte ein redaktioneller Fehler sein, da § 10 unabhängig von anderen baulichen Maßnahmen zu erfüllen ist, die als Bezugsgröße für einen Prozentsatz dienen könnten. § 14 Abs. 1 findet hier also keine Anwendung. Infrage kommt nach überzeugender Ansicht aber eine ausnahmsweise Befreiung analog § 275 Abs. 1, 2 BGB, wenn die Errichtung des Ladepunkts unmöglich ist oder in grobem Missverhältnis zu seinem Nutzen stände.

V. Umsetzung und Kontrolle

Das GEIG macht keine ausdrücklichen Angaben dazu, welche Behörden für seine Durchsetzung zuständig sind. Es ist aber davon auszugehen, dass die Bauordnungsbehörden angesprochen werden. Diese können nach § 15 Abs. 1, 2 GEIG Bußgelder iHv. bis zu 10.000 Euro festsetzen, wenn Pflichten aus dem GEIG vorsätzlich oder leichtfertig verletzt wurden. Dem vorangehen könnte eine bauaufsichtsrechtliche Ordnungsverfügung.

Vollkommen unklar ist nach dem Gesetz, ab wann die Behörden zu solchen Maßnahmen befugt sind. Denn § 10 Abs. 1 GEIG verpflichtet lediglich zur Errichtung der Ladepunkte „nach dem 1. Januar 2025“. Vieles spricht zwar dafür, dass es sich hierbei um eine fehlerhafte Umsetzung der EU-Richtlinie durch den deutschen Gesetzgeber handelt und eigentlich eine Verpflichtung „bis zum 1. Januar 2025“ hätte vorgesehen sein sollen. Dies kann aber nicht zum Nachteil der Bürger gereichen. Es wird daher eine an den Einzelfall anzupassende „angemessene“ Frist zu gewähren sein, was im Falle eines Bußgeldbescheides rechtsanwaltliche Handlungsspielräume eröffnet.

Werden die baulichen Maßnahmen durch ein beauftragtes Unternehmen durchgeführt, kann sich der Eigentümer gemäß § 13 Abs. 1 GEIG von letzterem bescheinigen lassen, dass die Maßnahmen den Anforderungen des GEIG genügen. Das dürfte zwar nicht von der Pflicht des Eigentümers aus § 10 GEIG befreien, in aller Regel aber ein Bußgeldverfahren ausschließen.