Konflikt von Windenergiebetreibern mit DFS und BAF erreicht landespolitische Ebene
« NewsübersichtSeit Jahren wird der Ausbau von erneuerbaren Energien in Deutschland verzögert. So scheitern die Errichtung und der Betrieb von Windenergieanlagen z.B. oftmals daran, dass das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) und die Deutsche Flugsicherung (DFS), die in Genehmigungsverfahren zu beteiligen sind, immer wieder mit der gleichen Argumentation behaupten, durch geplante Windenergievorhaben werden Funknavigationsanlagen gestört. Es zeigt sich, dass jedoch immer mehr Genehmigungsbehörden gut begründete Zweifel an diesen Behauptungen hegen und sich entschließen, auf der Grundlage einer eigenständigen Prüfung der Sach- und Rechtslage zu einem eigenständigen Ergebnis zu gelangen. Bestätigung findet dieses Ansinnen der Genehmigungsbehörden in einer aktuellen Entscheidung des VG Oldenburg (vgl. bereits Newsletter vom 05.02.2014 - „Absturz für die DFS Windenergie feiert Sieg“). Dieses macht in seinem Beschluss vom 05.02.2014 deutlich, dass sowohl aufgrund der sprachlichen Formulierung in § 18a LuftVG als auch nach systematischer und Sinn und Zweck orientierter Auslegung davon auszugehen ist, dass die Stellungnahme des BAF als nicht bindender Mitwirkungsakt, d.h. als rechtlich lediglich unverbindliche Mitteilung der Auffassung des BAF über die Frage des Entgegenstehens des Bauverbotes nach § 18a LuftVG zu gelten hat.
Aufgrund einer ministeriellen Anweisung des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 26.02.2014 fühlen sich die Genehmigungsbehörden in Bayern jedoch nunmehr daran gehindert, eine - vom VG Oldenburg grundsätzlich für zulässig gehaltene - eigene Entscheidung zu treffen. Das Ministerium hat zu verstehen gegeben, dass - trotz anderslautender Rechtsprechung - aus seiner Sicht kein Raum für eine eigene Entscheidung der Genehmigungsbehörden in den Fällen des - bei Störung von Funknavigationsanlagen relevanten - § 18a LuftVG bestehe und untersagt aufgrund dieser fehlerhaften Auffassung den Genehmigungsbehörden, gegen das Votum des BAF, Genehmigungen zu erteilen. Eine unabhängig von der negativen Stellungnahme des BAF erteile Genehmigung seitens der Genehmigungsbehörden soll demnach, an der aktuellen Rechtsprechung vorbei, materiell rechtswidrig sein.
Diese Auffassung ist jedoch, wie erwähnt, völlig unzutreffend. Gerade wegen der aktuellen Entscheidung des VG Oldenburg dürften die Genehmigungsbehörden angesichts des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung vielmehr sogar verpflichtet sein, die Behauptungen der DFS bzw. die Einschätzung des BAF zu hinterfragen, um dann auf der Grundlage einer eigenständigen Prüfung der Sach- und Rechtslage zu einem eigenständigen Ergebnis zu gelangen.
Dies gilt umso mehr, als sich die Situation der DFS, respektive des BAF vor dem Hintergrund der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Oldenburg vom 05.02.2014 und den Ergebnissen des Herrn Dr.-Ing Bredemeyer vom 06.03.2014 nicht nur in rechtlicher, sondern auch in tatsächlicher Hinsicht immer mehr zuspitzt (vgl. bereits Newsletter vom 14.03.2014 - „DFS mit dem Rücken an der Wand“).
Insofern riskiert das Bayerische Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz, dass die bayerischen Genehmigungsbehörden Genehmigungen rechtswidrig versagen und sich die Landkreise somit Schadensersatzansprüchen von Windenergieanlagenbetreibern aussetzen müssen. Denn den Genehmigungsbehörden bzw. den dahinter stehenden Landkreisen sind auf Grund der ministeriellen Anweisung derzeit die Hände gebunden, sodass nicht ausgeschlossen ist, dass diese auf eine „Haftungsfalle“ zusteuern. Selbst wenn sich die bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnisse erst zu einem erst späteren Zeitpunkt manifestieren sollten, so stünde damit von Anfang an fest, dass hier Genehmigungen rechtswidrig versagt worden sind. Die damit verbundenen Verzögerungsschäden werden sich im gesamten Freistaat Bayern auf mehrere hundert Millionen Euro belaufen. Die entsprechenden Schadenersatzforderungen müssten dann durch die Landkreise beglichen werden. Es ist insoweit davon auszugehen, dass insbesondere die Landkreises, die schon derzeit – zum Teil rechtswidrige – Ablehnungen ausgesprochen haben, bereits zum jetzigen Zeitpunkt entsprechende Rückstellungen im Haushalt bilden müssen, zumal Schadenersatzansprüche im Bereich der groben Fahrlässigkeit oder des Vorsatzes auch nicht versicherbar sind. Exakt diese Situation (jedenfalls grobe Fahrlässigkeit!) ist in Anbetracht der dynamischen Entwicklungen in den letzten Wochen mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen.
Vor diesem Hintergrund hat nun die bayerische Landtagsfraktion Bündnis 90/ Die Grünen im Bayerischen Landtag einen Dringlichkeitsantrag gestellt. Darin wird die Staatsregierung aufgefordert, die ministerielle Anweisung aus dem Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 26.02.2014 unverzüglich zurück zu nehmen.
Darüber hinaus fordert die bayerische Landtagsfraktion Bündnis 90/ Die Grünen die Staatsregierung auf, Verhandlungen mit dem BAF aufzunehmen, mit dem Ziel die oftmals pauschale Blockadehaltung der DFS bei der Genehmigung von Windenergieanlagen aufzuheben. Handlungsleitend sollen dabei die aktuellen wissenschaftlichen neuen Erkenntnisse des Herrn Dr.-Ing Bredemeyer sein, die er im Auftrag des Landesamtes für Landwirtschaft, Umwelt und ländlicher Räume des Landes Schleswig-Holstein (LLUR) im Hinblick auf den Windpark Neurathjensdorf-Rossee gewonnen hat.
Da nach diesen Erkenntnissen nun grundsätzlich in Frage gestellt werden muss, ob Windenergieanlagen außerhalb eines 3 km - Radius einer Funknavigationsanlage überhaupt zu einer „Störung“ i.S.d. § 18 a LuftVG führen können und sowohl Herrn Dr.-Ing Bredemeyer als auch das VG Oldenburg davon ausgehen, dass die von der DFS angewandte Methodik zur Herleitung einer Störung zu keinen zielführenden Ergebnissen führen kann, ist völlig unverständlich, warum das Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz mit ihrer ministeriellen Anweisung „auf dem finanziellen Rücken der Landkreise“ darauf beharrt, dass ausschließlich vom BAF bzw. der DFS - trotz offensichtlich fehlerhafter Bewertungsmethode - zu beurteilen sei, ob durch ein geplantes Bauwerk Flugsicherungseinrichtungen gestört werden können. Die politische Brisanz dieser Thematik ist daher auf landespolitischer Ebene unausweichlich, sodass neben der Bayerischen Staatsregierung auch die DFS bzw. das BAF nunmehr gezwungen sein werden, sich zu „bewegen“.
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