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Photovoltaik – Denkmalschutz steht Solar auf Dach regelmäßig nicht entgegen

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Solaranlagen können grundsätzlich auch auf denkmalgeschützten Gebäuden errichtet werden. Nach zwei bedeutenden Grundsatzurteilen des OVG Münster überwiegt das öffentliche Interesse am Ausbau Erneuerbarer Energien regelmäßig die Belange des Denkmalschutzes.

Das bisherige Spannungsfeld zwischen Photovoltaik und Denkmalschutz, das von Verwaltungsgerichten und Denkmalschutzbehörden häufig zugunsten des Denkmalschutzes entschieden wurde, erfährt mit den jüngsten Urteilen des OVG Münster eine deutliche Neuausrichtung. Dank § 2 EEG, wonach die Erneuerbaren Energien in Schutzgüterabwägungen als vorrangigen Belang zu berücksichtigen sind, wurde nun ein klares Signal gesetzt: In zwei wegweisenden Grundsatzurteilen (Urteile v. 27.11.2024 – 10 A 2281/23 und 10 A 1477/23) entschied das Gericht, dass das öffentliche Interesse am Ausbau der erneuerbaren Energien die Belange des Denkmalschutzes in der Regel überwiegt – ein wichtiger Schritt zugunsten der Energiewende und der Harmonisierung von Klimaschutz und Denkmalschutz.

Hintergrund der Entscheidungen

Vor dem OVG Münster standen zwei unterschiedliche Sachverhalte zur Entscheidung: Zum einen handelte es sich um ein Wohnhaus in der denkmalgeschützten „Golzheimer Siedlung“ in Düsseldorf (10 A 2281/23), zum anderen um ein Baudenkmal in Siegen (10 A 1477/23). In beiden Fällen hatten die Eigentümer Solarmodule in einer „denkmalschonenden Ausgestaltung“ ausgewählt.

  • Fall 1: Düsseldorfer Golzheimer Siedlung: Im ersten Fall plante die Eigentümerin eines Einfamilienhauses in der „Golzheimer Siedlung“ in Düsseldorf, für die eine Denkmalbereichssatzung gilt, auf einer aus dem Straßenraum teilweise ein­sehbaren Dachfläche ihres Hauses eine Solaranlage zu errichten. Die erforderliche Erlaubnis der Denkmalschutzbehörde wurde von der Stadt Düssel­dorf verweigert. Wie wir bereits in unserem früheren Beitrag berichteten, hatte das VG Düsseldorf (Urt. v. 30.11.2023 – 28 K 8865/22) in erster Instanz die Stadt dazu verpflichtet, die Genehmigung für die PV-Anlage zu erteilen.
  • Fall 2: Kapellenschule in Siegen: Bei dem im zweiten Fall gegenständlichen Wohngebäude, handelt es sich um eine ehemalige (Kapellen-)Schule, die als Baudenkmal in die Denkmalliste der Stadt Siegen eingetragen ist. Das VG Arnsberg (Urt. v. 31.07.2024 – 8 K 40/22) bestätigte demgegenüber die Entscheidung der Stadt Siegen, die der Klägerin eine denkmalrechtliche Erlaubnis für eine Solaranlage auf der weithin sichtbaren Dachfläche versagt hatte.

OVG Münster: § 2 EEG hat Durchschlagskraft 

Grundlage beider Entscheidungen war die Regelung des § 2 EEG, die seit Juli 2022 Erneuerbaren Energien den Status eines vorrangigen Belangs zuweist. Das Gericht betonte, dass § 2 EEG auch das nordrhein-westfälische Denkmalschutzrecht beeinflusst und der gesetzliche Vorrang daher bei der Abwägung zwischen Denkmalschutz und Klimaschutz maßgeblich berücksichtigt werden müsse. Die Erneuerbaren Energien seien demnach als vorrangiger Belang in die Schutzgüterabwägung einzubeziehen, wodurch das öffentliche Interesse am Ausbau in der Regel überwiegt. „Nur wenn besondere Umstände des Denkmalschutzes der Errichtung von Solaranlagen entgegenstehen, darf die Erteilung der denkmalrechtlichen Erlaubnis ausnahmsweise versagt werden,“ so das OVG Münster.

  • Fall 1: Düsseldorfer Golzheimer Siedlung: Im Fall der denkmalgeschützten „Golzheimer Siedlung“ entschied das OVG Münster, dass die geplante Solaranlage auf der straßenabgewandten Dachfläche des Wohnhauses keinen maßgeblichen Eingriff in das einheitliche äußere Erscheinungsbild der Siedlung darstellt. Zwar sei die Solaranlage aus dem Straßenraum teilweise sichtbar, dies allein genüge jedoch nicht, um die denkmalrechtliche Erlaubnis zu verweigern. Entscheidend war, dass die Solarmodule in die bestehende Dachstruktur integriert und farblich angepasst wurden. Die Module seien nur am Rande, in zweiter Reihe und lediglich in Teilausschnitten wahrnehmbar, wodurch weder einer der von der Satzung geschützten Sichtachsen und noch die rheinseitige Silhouette der Siedlung gestört werde.
  • Fall 2: Kapellenschule in Siegen: Im zweiten Fall, der ehemaligen Kapellenschule in Siegen, kam das Gericht zu dem Schluss, dass die denkmalwertbegründenden Merkmale des Gebäudes durch die geplante Solaranlage nicht beeinträchtigt würden. Während der Dachreiter als denkmalrelevant eingestuft wurde, spielte die Gestaltung der Dachfläche für die Eintragung als Baudenkmal keine Rolle. Nach Auffassung des OVG Münster sei jedoch selbst wenn die Schieferdachfläche als denkmalrelevant angesehen werden würde, die Solaranlage keine wesentliche Beeinträchtigung für das geschützte Erscheinungsbild.

Paradigmenwechsel: Denkmalschutz und Energiewende im Einklang

Mit den aktuellen Grundsatzurteilen des OVG Münster wurde das lange bestehende Spannungsfeld zwischen Photovoltaik und Denkmalschutz aufgelöst. Während in der Vergangenheit die Interessen des Denkmalschutzes häufig überwogen, zeigt sich nun ein klarer Paradigmenwechsel: Dank § 2 EEG, der erneuerbaren Energien einen vorrangigen Belang zuweist, sind die Voraussetzungen für eine Harmonisierung von Nachhaltigkeit und kulturellem Erbe geschaffen. Die Entscheidungen verdeutlichen, dass das öffentliche Interesse am Ausbau erneuerbarer Energien in der Regel die Belange des Denkmalschutzes überwiegt. Damit setzen die Urteile ein starkes Zeichen zugunsten der Energiewende und eröffnen Denkmaleigentümern neue Möglichkeiten, sinnvoll, wirtschaftlich und nachhaltig kulturelles Erbe zu erhalten.

Noch sind beide Urteile nicht rechtskräftig und auch die genauen Urteilsgründe stehen noch aus. Das OVG Münster hat keine Revision zugelassen, eine Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht ist dennoch möglich.

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