Photovoltaik – Kein Rettungsweg bei Erlöschen der EEG-Zuschläge für Freiflächen-PV?
« NewsübersichtSteht dem Betreiber einer Freiflächen-Solaranlage nach Versäumung der Frist zur Beantragung von Zahlungsberechtigungen die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand der EEG-Zahlungsberechtigung zu? Das OLG Düsseldorf hat sich in einem aktuellen Beschluss hierzu geäußert.
Für die EEG-Förderung von Solaranlagen des ersten Segments und insbesondere Freiflächen-Photovoltaik bedarf es im Gegensatz zu anderen Energieträgern nach Erlangung eines Zuschlags im Rahmen der Ausschreibung in einem zweiten Schritt noch sogenannte Zahlungsberechtigungen bei der Bundesnetzagentur (BNetzA) beantragt werden, vgl. § 38 EEG 2023 (bzw. 2021).
Über die Frage, ob einem Betreiber einer Freiflächen-Solaranlage nach Versäumung der Frist zur Beantragung von Zahlungsberechtigungen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand der EEG-Zahlungsberechtigung oder eine andere Rechtsschutzmöglichkeit wie Nachsichtgewährung zusteht, hatte das Oberlandesgericht Düsseldorf in einem aktuellen Beschluss zu entscheiden, (29.05.2024 – 3 Kart 237/23).
Der Sachverhalt: Fristversäumnis des Antrags auf Zahlungsberechtigung
Im vorliegenden Fall wendete sich die Betreiberin einer PV-Freiflächenanlage gegen die Entwertung eines ihr im Innovationsausschreibungsverfahren erteilten Zuschlags durch die Bundesnetzagentur und begehrte zugleich die Verpflichtung zur Erteilung einer Zahlungsberechtigung. Die Betreiberin hatte die Anlage bereits ca. 14 Monate nach erteiltem Zuschlag in Betrieb genommen, registrierte die Anlage im Marktstammdatenregister und erhielt vom Anschlussnetzbetreiber auch die bezuschlagte fixe Marktprämie. Nach weiteren ca. 18 Monaten entwertete die Bundesnetzagentur mit Bescheid vom 21. August 2023 den im Jahre 2020 erteilten Zuschlag, weil die Betreiberin nicht fristgemäß die notwendige Zahlungsberechtigung beantragt hatte.
Sinn und Zweck des gestuften Zahlungsberechtigungsverfahrens im EEG
Das System der Zahlungsberechtigungen für Freiflächen-Photovoltaikanlagen bildet innerhalb des Förderregimes des EEG einen Sonderfall. Anders als bei den anderen Energieträgern bedarf es
1. Die Erlangung eines Zuschlags im Rahmen der Ausschreibung und
2. Die Beantragung der Zahlungsberechtigung, vgl. § 38 EEG 2023.
Dieses gestufte System bei der Erlangung des Förderanspruchs hat folgenden Hintergrund: Aufgrund der verhältnismäßig geringen bauordnungsrechtlichen Anforderungen bei der Errichtung von PV-Anlagen muss bei Ausschreibungsteilnahme von PV-Projekten keine Genehmigung vorgelegt werden, um eine hinreichend große Realisierungswahrscheinlichkeit nachzuweisen.
Für Freiflächen-PV-Anlagen bestehen nur geringe Präqualifikationsanforderungen. Die Anlage muss weder physisch existent noch genehmigungsrechtlich konkretisiert sein. Da die Ausschreibung in einem frühen Planungsstadium erfolgt, ist eine Zuordnung zu einer konkreten Anlage noch nicht möglich. Um Missbrauch zu verhindern, muss der Zuschlag in einem zweiten Schritt einer spezifischen Anlage zugeordnet werden. Diese Funktion erfüllt die Zahlungsberechtigung. Gleichzeitig können Zuschlagsmengen auch auf mehrere Anlagen aufgeteilt, oder aber an anderen Standorten errichtet werden. Dies minimiert das Risiko, dass Zuschläge nicht realisiert werden. Erfolgreiche Bieter können die Zuschlagsmengen einer anderen Anlage in ihrem Portfolio zuordnen, sofern diese förderfähig ist. Dadurch wird das Risiko der frühen Ausschreibungsteilnahme aufgefangen, was die Realisierungswahrscheinlichkeit steigert und die Ausbauziele unterstützt.
Erlöschen von Zuschlägen durch materielle Ausschlussfrist
Bei Geboten für Solaranlagen des ersten Segments erlischt der Zuschlag nach § 37e Alt. 2 EEG 2023, wenn die Zahlungsberechtigung nach § 38 EEG 2023 nicht spätestens 26 Monate nach der öffentlichen Bekanntgabe des Zuschlags zulässig und begründet beantragt worden ist.
§ 37e EEG 2023 Erlöschen von Zuschlägen für Solaranlagen des ersten Segments
Der Zuschlag erlischt bei Geboten bei den Ausschreibungen für Solaranlagen des ersten Segments, soweit die Anlagen nicht innerhalb von 24 Monaten in Betrieb genommen worden sind oder soweit die Zahlungsberechtigung nach § 38 nicht spätestens 26 Monate nach der öffentlichen Bekanntgabe des Zuschlags (materielle Ausschlussfrist) zulässig und begründet beantragt worden ist.
Da diese Frist nach dem Gesetzeswortlaut ausdrücklich als materielle Ausschlussfrist ausgestaltet ist, blieb der Betreiberin im vorliegenden Fall eine Fristverlängerung oder Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand (§ 32 Abs. 5 VwVfG) selbst bei unverschuldetem Fristversäumnis verwehrt. Materielle Ausschlussfristen sind für Behörden und Beteiligte gleichermaßen verbindlich und stehen nicht zur Disposition der Verwaltung oder der Gerichte.
Materielle Ausschlussfrist des § 37d EEG 2021 nicht verfassungswidrig
Die Betreiberin führte ebenfalls an, dass die Ausgestaltung der Antragsfrist als materielle Ausschlussfrist verfassungswidrig sei. Nach eingehender Prüfung lehnt der Senat auch dies ab, da insbesondere nicht ,wie die Betreiberin meint, allein die rechtzeitige Inbetriebnahme maßgeblich sei und es nicht auf die Wahrung der vermeintlich bedeutungslosen, weil für die Ausbauziele des EEG irrelevanten Antragsfrist ankommen dürfe.
Kein Anspruch auf Nachsichtgewährung
Das OLG Düsseldorf kam des Weiteren zu dem Ergebnis, dass die mit dem Fristversäumnis verbundene Rechtsfolge (Erlöschen des Zuschlags) für den betroffenen Bieter auch zumutbar ist, da es grundsätzlich dem Anlagenbetreiber obliegt, sich über die geltende Rechtslage und die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Förderung nach dem EEG zu informieren. Entsteht jedoch hierüber ein Rechtsirrtum, der auf eine unrichtige Auskunft seitens der Bundesnetzagentur zurückzuführen ist, käme allerdings eine Nachsichtgewährung in Betracht.
Das Rechtsinstitut der Nachsichtgewährung kann in den Fällen greifen, in denen sich eine Behörde durch Berufung auf die Fristsäumnis „treuwidrig“ verhält. Dies kann der Fall sein, wenn
- die Wiedereinsetzung rechtlich ausgeschlossen ist,
- die Versäumung der Frist aber auf staatliches Fehlverhalten bei der Anwendung von Rechtsvorschriften zurückzuführen ist
- ohne die korrekte Beachtung der Rechtsvorschriften der Betroffene seine Rechte nicht wahren kann, und
- wenn durch die Berücksichtigung der verspäteten Handlung der Zweck des Gesetzes nicht verfehlt wird.
Zwar war die Bundesnetzagentur nach dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung (aufgrund vorangegangenen Verhaltens) dazu verpflichtet, der Beschwerdeführerin bei Zuschlagserteilung Informationen über die Voraussetzungen einer fristgerechten Realisierung und insbesondere das Erfordernis der Zahlungsberechtigung zu erteilen. Dieser Verpflichtung ist die Bundesnetzagentur nicht nachgekommen. Gleichwohl hätte die Betreiberin ihre Rechte wahren können. Eine weitere Voraussetzung für die Gewährung von Nachsicht ist, dass das staatliche Fehlverhalten der Bundesnetzagentur die wesentliche Ursache für die Überschreitung der Frist bildete. Nach Ansicht des OLG Düsseldorf fehlte es an dieser Kausalität, da die Bundesnetzagentur auf ihrer Website über das jeweils aktuell geltende Ausschreibungsverfahren informiere und die Betreiberin sich darüber selbst umfassend und zutreffend über die Rechtslage informiert hätte können.
OLG Düsseldorf: Projektierer und Betreiber in der Pflicht
Wie das OLG Düsseldorf nochmal deutlich hervorhebt und damit der BNetzA zustimmt, sind die jeweiligen Bieter und damit die Projektierer und Betreiber in der Pflicht sich über das aktuell geltende Ausschreibungsverfahren einschließlich aller erforderlichen Schritte und Fristen zu informieren. Auch wenn die bei Fristversäumnis entstehende Rechtsfolge im Erlöschen des Zuschlags eine für Betreiber drastische und wirtschaftlich tiefgreifende ist, stellt der Beschluss klar, dass daraus nicht automatisch ein Anspruch auf Nachsichtgewährung entsteht.
Sollten jedoch Freiflächen Solaranlagen ohne die EEG-Förderung wirtschaftlich nicht bestehen können und nachträglich nur ein Rückbau der Ausweg sein, wäre damit der Energiewende nicht viel gebracht.
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