Der Anfang vom Ende des EE-Ausbaus? – Referentenentwurf zum EEG 2016 veröffentlicht
« NewsübersichtMit mehreren Monaten Verspätung hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) am 14.04.2016 den ersten offiziellen Referentenentwurf zum EEG 2016 vorgelegt sowie die Länder- und Verbändeanhörung eingeleitet. Das BMWi weist dabei ausdrücklich darauf hin, dass der Entwurf noch nicht innerhalb der Bundesregierung abgestimmt sei.
Die erneute Novelle des EEG dient primär dazu, den bereits mit dem EEG 2014 eingeschlagenen Weg der Bundesregierung zur künftigen Förderung der erneuerbaren Energien im Wege von Ausschreibungen fortzusetzen. Der Referentenentwurf greift dabei im Wesentlichen die zuvor in den veröffentlichten Eckpunktepapieren des Bundeswirtschaftsministeriums herausgearbeiteten Kernpunkten (wir berichteten mit Newsletter vom 03.08.2015 und 30.11.2015) auf:
Insofern werden die Regelungen der Freiflächenausschreibungsverordnung (kurz: FFAV), die bisher das Ausschreibungsverfahren für PV-Freiflächenanlagen näher regelt, in das EEG 2016 überführt und auf sämtliche PV-Anlagen (auch auf Dachanlagen und auf baulichen Anlagen errichtete Photovoltaik-Anlagen) mit einer installierten Leistung von über einem Megawatt ausgeweitet und entsprechend angepasst.
Für Windenergie an Land – ausgenommen Anlagen mit einer installierten Leistung von bis zu einem Megawatt, Prototypen und Anlagen mit Inbetriebnahme bis Ende 2018, die bis zum 31.12.2016 immissionsschutzrechtlich genehmigt sind (sog. „Übergangsanlagen“) – sieht der Referentenentwurf grundsätzlich ein sog. „spätes Ausschreibungsverfahren“ vor. Etwas anderes gilt nur für Bürgerenergiegesellschaften im Sinne des künftigen EEG 2016. Diese sollen sich anders als die übrigen Akteure unter bestimmten Voraussetzungen bereits vor Erteilung der bundesimmissionsschutzrechtlichen Genehmigung an der Ausschreibung beteiligen können. Damit findet sich der Vorschlag des Bundeswirtschaftsministeriums einer Sonderregelung für Bürgerenergiegesellschaften (wir berichteten mit Newsletter vom 22.02.2016) im Referentenentwurf wieder.
Als erster Gebotstermin ist der 01.05.2017 vorgesehen. Geboten werden soll auf den anzulegenden Wert auf Basis eines einstufigen Referenzertragsmodells. Es ist ein Höchstwert von 7,0 Cent pro Kilowattstunde für den 100-Prozent-Referenzstandort vorgesehen, der automatisch jährlich um ein Prozent sinken soll. Der Referentenentwurf legt keine fixe Ausschreibungsmenge für Wind an Land fest; vielmehr soll sich diese jährlich mittels mathematischer Formel anhand den Zubauzahlen der anderen erneuerbaren Energietechnologien neu bestimmen. Dies wird die ohnehin bestehenden Planungsunsicherheiten seitens der Projektierer und Planer zusätzlich verstärken. Brisanterweise findet sich auch die bislang diskutierte Mindestausschreibungsmenge von 2.000 MW netto pro Jahr im Gesetzentwurf nicht wieder. Vielmehr ist der Wert noch offen. Hier besteht offenbar auch innerhalb der Ministerien noch erheblicher Diskussionsbedarf.
Das Ausschreibungsverfahren für Windenergieanlagen auf See soll in einem eigenständigen sog. „Windenergie-auf See-Gesetz“ geregelt werden, dessen Referentenentwurf das BMWi ebenfalls am 14.04.2016 veröffentlicht hat. Dieses soll die Fachplanung in der ausschließlichen Wirtschaftszone und die Voruntersuchung von Flächen für die Stromerzeugung aus Windenergieanlagen auf See durch das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie regeln sowie ein wettbewerbliches Ausschreibungsverfahren. Zur Ausschreibung kommen dabei ausschließlich Flächen, die im Flächenentwicklungsplan ausgewiesen sind und vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie voruntersucht wurden.
Für Biomasseanlagen sollen zunächst keine Ausschreibungen stattfinden. Allerdings enthält der Referentenentwurf eine „Öffnungsklausel“ sowie erste Grundlagen für eine etwaige künftige Einführung von Ausschreibungen sowohl für Neu- als auch Bestandsanlagen im Wege einer Rechtsverordnung. Nach Aussage des BMWi soll die entsprechende Verordnung noch in dieser Legislaturperiode erlassen werden, so dass bereits 2017 die erste Ausschreibungsrunde stattfinden könne. Hervorzuheben ist jedoch, dass entsprechend des Referentenentwurfs für Strom aus neuen Biomasseanlagen (einschließlich solcher zur Vergärung von Bioabfällen) mit einer Leistung von über einem Megawatt kein gesetzlicher Vergütungsanspruch mehr besteht, sofern dieser nicht durch Ausschreibung ermittelt wurde. Die von der Branche erhoffte Verbesserung der Förderbedingungen scheint damit auf ganzer Linie auszubleiben.
Für alle übrigen Technologien, d.h. Wasserkraft, Geothermie, Deponie-, Klär und Grubengas, soll es beim Förderregime des bisherigen EEG, mithin den administrativ festgelegten Fördersätzen, bleiben. Im Zuge der Novelle sollen lediglich die anzulegenden Werte angepasst werden, um die Degression zum 01.01.2017 zu berücksichtigen.
Darüber hinaus nutzt der Gesetzgeber jedoch auch die Gelegenheit, um am Anlagenbegriff des EEG “herumzudoktern“ und die Folgen der jüngsten BGH-Rechtsprechung wieder einzufangen (wir berichteten mit Newsletter vom 02.12.2015). Erst letztes Jahr hatte der BGH – ungeachtet der daraus resultierenden Konsequenzen und entgegen der herrschenden und absolut unumstrittenen Meinung – mit Urteil vom 04.11.2015 (Az. VIII ZR 244/14) zum EEG 2009 entschieden, dass nicht das einzelne Photovoltaik-Modul, sondern nach weitem Anlagenbegriff erst die Gesamtheit aller Module an einem Standort die Anlage im Sinne des EEG darstelle. Der Gesetzgeber möchte dies jedoch nicht so stehen lassen. Daher sieht der Referentenentwurf zum EEG 2016 eine Ergänzung der Legaldefinition des Anlagenbegriffs dahingehend vor, dass im Fall von Solaranlagen nunmehr doch jedes Modul für sich eine eigenständige Anlage ist. Insofern wird sich für einige Anlagenbetreiber die Frage stellen, ob nicht mit Blick auf die BGH-Rechtsprechung noch eine Erweiterung ihrer Bestandsanlage oder der Austausch leistungsverminderter Module vor in Kraft treten des EEG 2016 zu erwägen ist. Etwaige Möglichkeiten sollten diese rechtlich prüfen lassen.
Im Übrigen bleiben – ausweislich des vorliegenden Referentenentwurfs – die weiteren Regelungen des EEG insbesondere etwa zum Netzanschluss, zur EEG-Umlage sowie den Auskunfts- und Mitteilungspflichten weitgehend unverändert, wenngleich der Gesetzgeber an einigen Stellen Detailanpassungen vornimmt. So soll künftig die Ausfallvergütung nicht mehr zeitlich unbegrenzt beansprucht werden können, sondern nur noch drei Monate in Folge und insgesamt maximal sechs Monate pro Jahr.
Wie inzwischen (leider) bereits üblich geworden, erhielten die Länder und Verbände erneut eine – angesichts des erheblichen Umfangs des Gesetzentwurfs von 269 Seiten äußerst knapp bemessene – Stellungnahmefrist von wenigen Tagen. Ob die Bundesregierung weiterhin an ihrem Zeitplan festhält, das EEG 2016 noch vor der Sommerpause zu beschließen, ist derzeit offen. Wir halten Sie selbstverständlich über das weitere Gesetzgebungsverfahren auf dem Laufenden und stehen Ihnen für Rückfragen und weitere Informationen gerne zu Verfügung.
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