E-Mobilität – Pflicht zur Duldung des Betriebs einer E-Ladestation
« NewsübersichtAm öffentlichen Straßenrand errichtete E-Ladesäulen sind nach dem OVG Berlin-Brandenburg Straßenzubehör und somit als zumutbare und sozialadäquate Belastung zu dulden.
Gegenstand des zugrundeliegenden Verfahrens war die Beschwerde eines Anwohners gegen die Einrichtung und den Betrieb einer E-Ladesäule am öffentlichen Straßenrand vor seinem – in einem reinen Wohngebiet gelegenen – Wohnhauses mit tageszeitlicher Parkbevorrechtigung von 8 bis 18 Uhr.
OVG Berlin-Brandenburg: E-Ladesäulen sind Straßenzubehör
Wie das OVG Berlin-Brandenburg am 11.10.2022 (Az.: 1 S 28/22) entschied, sind E-Ladesäulen – in der Größenordnung herkömmlicher Parkscheinautomaten – Straßenzubehör, also Verkehrseinrichtungen, die der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs dienen. Mit der Einordnung dieser Ladestationen als Zubehör zur Straße im straßenrechtlichen Sinne reiht sich das OVG Berlin-Brandenburg in die Rechtsprechung des VGH München (Beschluss v. 13.07.2018 - 8 CE 18.1071) ein. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Ladesäule zur Aufladung von Fahrzeugen der Anwohner des Wohngebietes oder zur Aufladung von Elektrofahrzeugen einer Autovermietung genutzt wird. Die Art der Nutzung des Fahrzeugs – sei es gewerblich oder privat – hat auf den jeweils gleichbleibenden Ladevorgang keinen Einfluss.
Beschluss: Duldungspflicht für die durch den Gebrauch entstehenden Belastungen
Aus der Einordnung als Straßenzubehör ergibt sich eine Duldungspflicht von Anwohnern für Beeinträchtigungen, die typischerweise bei dem bestimmungsgemäßen Gebrauch der Ladesäule entstehen. Darunter zählen insbesondere die An- und Abfahrten, Türen- und Kofferraumschlagen bzw. Ein- und Aussteigen, sowie Stimmen von Fahrgästen u.ä. Nach der Straßenverkehrsordnung ist das Parken – elektrisch und nicht elektrisch betriebener Fahrzeuge – an öffentlichen Straßen grundsätzlich überall, d.h. auch in reinen Wohngebieten, als Gemeingebrauch erlaubt. Die daraus fließenden Belastungen sind als zumutbar und sozialadäquat nach Argumentation des OVG hinzunehmen und dies ggf. auch in der Nachtzeit, da es selbst in reinen Wohngebieten keinen Anspruch auf absolute Stille in der Nachtzeit gibt.
Die gewöhnlichen Emissionen, die indes zu den notwendigen, typischerweise mit dem Parkvorgang verbundenen Handlungen gehören, sind daher hinzunehmen, womit kein Unterlassungsanspruch auf Betriebsuntersagung bzw. die Außerbetriebsetzung der Ladestation vorliegt.
Stärkung der Verkehrswende
Mit der Entscheidung des OVG Berlin-Brandenburg wird nicht nur die höchstrichterliche Rechtsprechung in Bezug auf Duldungspflichten bei im öffentlichen Raum betriebenen e-Ladesäulen gefestigt, sondern gleichzeitig auch die Verkehrswende und die E-Mobilität gestärkt – der Ausbau von Ladesäulen dürfte so noch einfacher werden.
Die Entscheidung des OVG Berlin-Brandenburg hält auch dem Realitäts- und Faktencheck stand, berücksichtigt man die tatsächliche Situation: Die Belastungen und Emmissionen, die durch parkende Elektrofahrzeuge – nichts anderes sind ladende e-Kfz faktisch gesehen – verursacht werden, sind deutlich geringer als dies bei parkenden Verbrennern der Fall ist. Motorengeräusche, schleifende Kupplungen, aufheulende Motoren? Fehlanzeige. Auch in Puncto CO2-Belastung stellt das Laden eines E-Fahrzeugs im Vergleich zu dem Parkvorgang eines Diesel-Kfz das geringere „Übel“ dar. In der Folge ist die Entscheidung des OVG Berlin-Brandenburg richtig und konsequent.