Ein Aufzug für die Denk-Fabrik
« NewsübersichtZeugnisse der industriellen Vergangenheit an die Bedürfnisse der Gegenwart anzupassen, ist eine planerische und gestalterische Herausforderung. Ein gelungenes Beispiel für die Umnutzung historischer Bausubstanz ist die frühere Druckerei Trabert in Leipzig-Schleußig. Sie wurde für die Anforderungen einer großen Rechtsanwaltskanzlei barrierefrei ausgebaut – inklusive Aufzug von KONE.
Auch Papier will bewegt werden. Rund 6.000 Akten lagern im Erdgeschoss des Backsteinbaus: Säuberlich beschriftete Ordner, Planskizzen und Zeichnungen bis zum DIN-A-0-Format stapeln sich in den Regalen und – sobald sich ein Verhandlungstag nähert – auf schwer bepackten Aktenwagen. „Die können meine Mitarbeiter unmöglich über die Treppe nach oben schleppen“, sagt Kanzleiinhaber Martin Maslaton. „Also war klar: Wenn wir hier einziehen, brauchen wir einen Lastenaufzug.“
Der sollte allerdings deutlich schicker ausfallen als gewöhnlich. Zum einen, weil eine große Rechtsanwaltskanzlei, die etwas auf sich hält, an der Beförderung ihrer Akten, aber auch Klientel nicht sparen will. Zum anderen, weil sich der Chef der Kanzlei in das Gebäude an der Holbeinstraße in Leipzig-Schleußig verguckt hat. Fragt man nach dem Bau, kommt er schnell ins Erzählen.
Leipziger Grüße
1914 errichtete der Unternehmer Paul Trabert in der damaligen Seumestraße die neue Fabrik der „Graphischen Kunstanstalt“, die er Jahre zuvor als „Leipziger Ansichtskartenfabrik“ gegründet hatte. Der etwas hochtrabende Name „Kunstanstalt“ kommt nicht von ungefähr. Trabert zählte zu den vielen Leipziger Druckern und Künstlern, die sich in der Zeit um 1900 um den Lichtdruck verdient machten. Die sogenannte „Phototypie“ war vor Entwicklung des Offsetdrucks das hochwertigste Druckverfahren und eine eigene Kunstform dazu. Trabert-Postkarten werden unter Sammlern zu hohen Preisen gehandelt.
Mit dem Offsetdruck kam das Ende der Phototypie, mit dem Zweiten Weltkrieg das Ende der Firma Trabert. Was blieb, war der Backsteinbau an der Seumestraße, die nun nach dem Maler Holbein umbenannt wurde. Die DDR nutzte das Gebäude weiter als Druckerei, nicht ohne unschöne Umbauten vorzunehmen, wie Martin Maslaton berichtet. Nach der Wende war es mit der Druckerei zu Ende. Architekten und andere Freiberufler ließen sich nieder, teilten das Gebäude in ein rundes Dutzend Büros auf. Nicht nur im Westen kamen alte Industriebauten in Mode.
Umzug an den Fluss
Als Maslaton das Gebäude 2012 das erste Mal besichtigte, war er von dem massiven Backsteinbau sofort angetan. „Der Bau atmet Industriegeschichte“, sagt er, dessen Kanzleiräume im Laufe der Zeit viel zu klein geworden waren. In einem Altbau hatte seine Gesellschaft, die zu den wenigen auf das Recht der erneuerbaren Energien spezialisierten Kanzleien gehört, diverse Wohnungen belegt. Entsprechend umständlich waren die Arbeitsabläufe.
Das Gebäude an der Holbeinstraße dagegen versprach viel Platz für den Chef und seine rund 30 Mitarbeiter, für die Akten im Gebäude und die Autos davor. Nicht zu vergessen den großen Garten und die Lage am Fluss. Gleich hinter dem Bau fließt die Weiße Elster vorbei, deren regelmäßiges Hochwasser den Bau eines Kellers verhinderte. „Früher war das eine stinkende Kloake“, sagt Maslaton und verweist auf die kleinen Fenster, die hinten hinaus angelegt wurden. Heute beschert der Fluss, gesäumt von Weiden, den Nutzern eine traumhafte Aussicht auf das Wasser und die vielen Boote, die dort von Frühjahr bis Herbst vorbeiziehen.
Selbst ist der Mann
Bis zum Einzug war ein gutes Stück Arbeit zu tun. Zwar dauerte der Umbau nur von Mai bis September 2013, die Vorbereitungen allerdings gerieten schwieriger als gedacht. Mit den Vorschlägen der Architekten war Maslaton nicht zufrieden, sodass er selbst zu Pauspapier und Bleistift griff, um den Umbau zu planen. So entstand im Erdgeschoss ein gläserner Vorbau, durch den die Besucher zum Empfang gelangen, daran anschließend diverse Archiv- und Besprechungsräume mit Art-déco-Möbeln. Auch im Obergeschoss waren die Trockenbauer zugange: Hier wurden zehn Arbeitszimmer eingerichtet.
Bei der Energieversorgung setzte Maslaton auf den Einbau zweier Blockheizkraftwerke, die neben Wärme auch Strom produzieren, der überwiegend selbst genutzt wird. „Es ist für uns wirtschaftlicher, Energieeffizienz durch eine hocheffiziente Stromproduktion zu erreichen als durch eine Dämmung“, sagt der Jurist, der für den Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung (B.KWK) als einer von drei Vizepräsidenten aktiv ist.
Die Planung des Aufzugs ging ebenfalls nicht ohne Hindernisse vonstatten. „Manche Firmen haben gar nicht erst geantwortet“, sagt Maslaton. „Andere schieden bei den Besprechungen aus. Dass ich weder einen Granitboden noch einen Betonschacht wollte, war nur schwer zu vermitteln. Bei KONE hatte man hingegen Zeit und Sinn für individuelle Wünsche.“
Geformt aus Glas und Stahl
So entstand eine Anlage auf der technischen Basis des MonoSpace 500. Ausstattung und Design folgen keinem festgelegten Paket, sondern wurden von Maslaton im Rahmen des Mix-&-Match-Programms frei ausgewählt. Um den Kontrast zum dunkelroten Backstein und damit die Verbindung von alt und neu zu betonen, setzte der Jurist auf strukturierten und geschliffenen Edelstahl. Weil der Aufzug neben Mitarbeitern und Besuchern häufig Aktenwagen befördern soll, wurde ein Boden aus Tränenblech vorgesehen, dazu ein umlaufender Rammschutz als lokale Sonderlösung installiert. Die Kabine soll auch nach Jahren der Benutzung noch repräsentativ wirken. Glasrückwand und verglaster Schacht wiederum geben den Blick auf den Hof des Gebäudes frei und lassen zugleich – ungehindert durch die verglasten Schacht- und Kabinentüren – den ganzen Tag über das Licht in den Seitenflügel fallen.
Die Statik
Die Montage der Stahlglaskonstruktion des Schachtes war statisch anspruchsvoll: Die Lasten müssen einerseits nach unten über das neu erstellte Betonfundament der Schachtgrube (Unterfahrt), andererseits über das Gebäude abgeleitet werden. Da keine ausreichende Festigkeit an der vorhandenen Ziegelwand erreicht werden konnte, mussten dazu stählerne Ankerzugträger in die Hohldielenböden von Erd- und Obergeschoss eingezogen werden. Schließlich galt es, den Schacht über die neuen Türausschnitte mit der Gebäudefassade zu verbinden. Dazu wurden die fehlenden Klinker sorgfältig ergänzt, sodass ein homogenes Erscheinungsbild der neuen Schachtzugänge erreicht wurde.
KURZ UND BÜNDIG
Holbeinstraße 24, 04229 Leipzig. Bauherr, Eigentümer und Betreiber: Maslaton Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Web: www.maslaton.de
Nachträglicher Einbau: MonoSpace 500 (Bj. 2013): 2 Halte, Förderhöhe 5,17 m, Nennlast 8 Personen/630 kg, Vmax 1,0 m/s. Anlage im außen angesetzten Stahlglasschacht (RAL 7021 Dunkelgrau). Die Kabine ist mit den Maßen 110 cm x 140 cm und einer lichten Türbreite von 90 cm nach DIN EN 81-70 barrierefrei. Individuelle Ausstattung mit Mix & Match. Seitenwände „Flemish Leinen“ aus strukturiertem Edelstahl. Rückwand aus VSG-Glas.
LED-Lichtdecke CL151. Boden: Tränenblech. Kabinentableau KSS 140 bündig eingelassen mit Oberfläche aus strukturiertem Edelstahl. Schacht- und Kabinentüren KES 600 für höheres Verkehrsaufkommen und mit Glaseinsatz. Lokale Lösungen: Umlaufender Handlauf und umlaufender Stoßschutz aus geschliffenem Edelstahl. Wartung: KONE Care Classic. Notruf: KoneXion (mit Störungsfernüberwachung).
KONE kontakt: Mirko Göhler, 0341/90423-17, mirko.gohler@kone.com
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