Umlage nach § 19 Abs. 2 StromNEV nichtig
« Newsübersicht§ 19 Abs. 2 Stromnetzentgeltverordnung (kurz: StromNEV) regelt die Vereinbarung individueller Netzentgelte sowohl bei atypischer als auch bei besonders intensiver, gleichmäßiger Netznutzung (Bandlastnutzung). In diesen gesetzlich normierten Fällen hat der Netzbetreiber dem jeweiligen Letztverbraucher ein gegenüber dem regulären Netzentgelt verringertes individuelles Netzentgelt anzubieten. Dieses kann gegenüber dem regulären Netzentgelt um bis zu 80 %, bei besonders intensiver Netznutzung in Abhängigkeit der Benutzungsstundenzahl sogar um bis zu 90 % geringer ausfallen. § 19 Abs. 2 S. 13-16 StromNEV regelte den entsprechenden Umlagemechanismus, wonach die Netzbetreiber seit dem 01.01.2012 die ihnen aufgrund der individuellen Netzentgeltvereinbarungen entgangenen Erlöse anteilig auf die Netzentgelte der übrigen Stromverbraucher umlegen konnten. Dabei ergab sich für das Kalenderjahr 2016 eine unverringerte § 19 Abs. 2 StromNEV-Umlage in Höhe von 0,378 Ct/kWh für die ersten 1.000.000 kWh Strombezug an einer Abnahmestelle, für einen darüber hinausgehenden Strombezug galt eine verringerte Umlagehöhe.
In einem nunmehr veröffentlichten Beschluss vom 12.04.2016 (Az. EnVR 25/13) erteilte der Bundesgerichtshof jedoch dem Umlagemechanismus nach § 19 Abs. 2 S. 13 -16 StromNEV eine Absage. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass die Regelung des Umlagemechanismus nichtig ist. Das gilt dem Bundesgerichthof zufolge auch für die entsprechenden Vorgängerregelungen. Zur Begründung führte der Bundesgerichtshof aus, dass es der Umlageregelung im Rahmen der StromNEV an einer entsprechenden Ermächtigungsgrundlage im Energiewirtschaftsgesetz (kurz: EnWG) fehle, denn die Regelung könne nicht auf § 24 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und 3 oder Nr. 4 EnWG gestützt werden. Mithin fehlt es auch der Erhebung der Umlage nach § 19 Abs. 2 StromNEV an einer gesetzlichen Grundlage. Insofern hob das Gericht auch die Festlegung der Bundesnetzagentur vom 14. Dezember 2011 (BK-8-11-024), welche der näheren Ausgestaltung der Umlage nach § 19 Abs. 2 StromNEV diente, mit Wirkung für alle Netzbetreiber auf.
Die vorstehende Entscheidung des Bundesgerichtshofs betrifft dabei nicht die Netzentgeltbefreiungen an sich, sondern ausschließlich den Umlagemechanismus, welcher nichtig ist. Welche Auswirkungen dies auf die Praxis haben wird, ist noch nicht in Gänze abzusehen. Nach gegenwärtiger Rechtslage wären die auf Grundlage des nun für nichtig erklärten Wälzungsmechanismus erhobenen Zahlungen an sich bundesweit rückabzuwickeln, wobei jedoch auch Aspekte des Vertrauensschutzes und Verjährung eine Rolle spielen dürften.
Wünschenswert wäre eine diesmal rechtlich haltbare Lösung durch den Gesetzgeber - wie auch schon in der Vergangenheit. Denn § 19 Abs. 2 StromNEV befasste die Gereichte nicht zum ersten Mal. Bereits im Jahr 2013 befand das OLG Düsseldorf (zwischenzeitlich durch den BGH bestätigt) die damals noch vollständige Befreiung von den Netzentgelten mangels gesetzlicher Grundlage für nichtig. Daraufhin wurde die Vorschrift novelliert und die ursprünglich vollständige Befreiung von den Netzentgelten durch die in Abhängigkeit der Benutzungsstundenzahl gestaffelte Netzentgeltreduzierung abgelöst. Zur Vermeidung aufwendiger Rückabwicklungen und im Hinblick auf den Vertrauensschutz hatte der Verordnungsgeber damals eine entsprechende Übergangsregelung getroffen. Insofern erscheint es nicht unwahrscheinlich, dass sich der Gesetzgeber auch diesmal der Problematik annimmt und eine entsprechende gesetzliche Lösung findet, insbesondere da sich das Strommarktgesetz, welches unter anderem auch Änderungen des EnWG umfasst, ohnehin gerade im parlamentarischen Verfahren befindet.
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