Tracking pixel Kleinanlegerschutzgesetz seit 10.07.2015 in Kraft · MASLATON Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Kleinanlegerschutzgesetz seit 10.07.2015 in Kraft

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Update unseres Newsletters vom 15.04.2015

Mit unserem Newsletter vom 15.04.2015 („Zum geplanten Kleinanlegerschutzgesetz“) hatten wir über das Gesetzgebungsverfahren berichtet. Nun ist das Kleinanlegerschutzgesetz, das als „Lex PROKON“ während des gesamten Gesetzgebungsverfahrens erheblicher Kritik insbesondere auch seitens der Erneuerbare-Energien-Szene ausgesetzt war, am 09.07.2015 verkündet worden und damit seit dem 10.07.2015 in Kraft. Da sich im Nachgang zu unserem Newsletter vom 15.04.2015 noch diverse Änderungen am Gesetzestext ergeben haben, wird im Folgenden die aktuelle Situation im Einzelnen dargestellt.

1. Einführung

Zur Verbesserung des Schutzes von Anlegern sowie zur Regulierung des Grauen Kapitalmarktes sind in den letzten Jahren wesentliche gesetzliche Änderungen / Neuregelungen in Kraft getreten, die auch Erneuerbare-Energien-Projekte betreffen. Man denke an die Einführung des Vermögensanlagengesetzes (VermAnlG) vom 06.12.2011 sowie das seit dem 22.07.2013 geltende Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB).

Nunmehr ist nach über einem Jahr, seitdem die Bundesregierung einen Aktionsplan zum Verbraucherschutz im Finanzmarkt sowie ein Maßnahmenpaket zur Verbesserung des Schutzes von Kleinanlegern vorstellte, das Kleinanlegerschutzgesetz am 09.07.2015 im Bundesgesetzblatt verkündet worden und am 10.07.2015 in Kraft getreten (Ausnahmen finden sich in Art. 13 Abs. 1 und 2 Kleinanlegerschutzgesetz: Inkrafttreten insoweit erst am 01.01.2016 bzw. am 03.01.2017).

Durch das Kleinanlegerschutzgesetz sind insbesondere das VermAnlG, die hierzu ergangene Vermögensanlagen-Verkaufsprospektverordnung (VermVerkProspV) sowie das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) geändert worden.

Zur Historie:

Am 12.11.2014 verabschiedete das Bundeskabinett den Gesetzentwurf zum Kleinanlegerschutzgesetz, am 06.02.2015 gab der Bundesrat seine Stellungnahme mit diversen Gegenvorschlägen ab (diese zielten u.a. auf eine explizite Begünstigung bzw. Entlastung von Energiegenossenschaften ab, indem z.B. „reguläre“ Energiegenossenschaften, die keine AIF verwalten, per se nicht mehr in den Anwendungsbereich des KAGB fallen sollten). Am 11.02.2015 übermittelte die Bundesregierung ihren Gesetzentwurf mit der Stellungnahme des Bundesrates und einer Gegenäußerung hierzu an den Bundestag. Am 27.02.2015 hat der Bundestag in erster Lesung über den Gesetzentwurf der Bundesregierung beraten und in die Ausschüsse überwiesen, am 16.03.2015 fand eine öffentliche Anhörung vor dem Finanzausschuss des Deutschen Bundestages statt. Am 22.04.2015 gab der Finanzausschuss des Deutschen Bundestages seinen Bericht mit Beschlussempfehlung ab. Am 23.04.2015 beriet der Bundestag den Gesetzentwurf in zweiter Lesung und nahm ihn in Ausschussfassung an. Am 22.05.2015 unterrichtete der Bundestag den Bundesrat von dem Gesetzesbeschluss. Am 12.06.2015 beschloss der Bundesrat, keinen Antrag auf Einberufung des Vermittlungsausschusses zu stellen.

2. Ziele des Kleinanlegerschutzgesetzes

Ausweislich des Gesetzentwurfs der Bundesregierung in der Fassung vom 11.02.20151 sollen mit dem Kleinanlegerschutzgesetz „fortbestehende Regelungslücken geschlossen“ und „die Transparenz von Vermögensanlagen weiter erhöht werden“, um für Privatanleger das Risiko von Vermögensschäden zu vermindern.

Diese Ziele sollen im Wesentlichen erreicht werden durch Vorgaben zur

 

  • Konkretisierung und Erweiterung der Prospektpflicht,
  • Erweiterung der Angaben zu personellen Verflechtungen der Initiatoren,
  • Pflicht, auch nach Beendigung des öffentlichen Angebots für Vermögensanlagen bestimmte Informationen mitzuteilen,
  • Einführung einer Mindestlaufzeit der Vermögensanlage,
  • Einführung eines Product-Governance-Prozesses,
  • Verschärfung der Rechnungslegungspflichten2.

 

Außerdem werden der BaFin weitere Eingriffskompetenzen und Veröffentlichungsrechte eingeräumt.

Im Folgenden soll auf einige der Neuregelungen kurz eingegangen werden; aufgrund des Umfangs des Kleinanlegerschutzgesetzes erhebt die folgende Darstellung keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

3. Vorstellung einiger wichtiger Neuregelungen des Kleinanlegerschutzgesetzes

a. Erstreckung des Anwendungsbereichs des VermAnlG auf partiarische Darlehen und Nachrangdarlehen

Der Katalog des § 1 Abs. 2 VermAnlG, welcher die in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallenden Vermögensanlagen aufzählt, ist um partiarische Darlehen (neue Nr. 3) und Nachrangdarlehen (neue Nr. 4) sowie „sonstige Anlagen, die einen Anspruch auf Verzinsung und Rückzahlung gewähren oder im Austausch für die zeitweise Überlassung von Geld einen vermögenswerten auf Barausgleich gerichteten Anspruch vermitteln“ (neue Nr. 7) erweitert worden. Hierdurch sollen „bestehende Umgehungsstrukturen erfasst werden“3.

(Energie-)Genossenschaften erhalten eine gewisse Privilegierung, indem sie über § 2 Abs. 1 Nr. 1 VermAnlG (öffentliches Anbieten von Genossenschaftsanteilen i.S.v. § 1 GenG) und einen neuen § 2 Abs. 1 Nr. 1a VermAnlG (öffentliches Anbieten von partiarischen Darlehen, Nachrangdarlehen und sonstigen Anlagen i.S.v. § 1 Abs. 2 Nr. 7 (s.o.), soweit diese Angebote nur an Mitglieder der Genossenschaften gerichtet werden) von den Pflichten der §§ 5a (neu) bis 26 VermAnlG ausgenommen werden. Die neue Fassung des § 2 Nr. 1, 1a VermAnlG sieht dabei jedoch zwingend vor, dass für den Vertrieb der Anteile keine erfolgsabhängige Vergütung gezahlt werden darf.

Bei Angeboten nach § 2 Abs. 1 Nr. 1a VermAnlG n. F. muss ferner darauf hingewiesen werden, dass eine Prospektpflicht nicht besteht; zudem muss der Vorstand der Genossenschaft dafür sorgen, dass den betreffenden Mitgliedern der Genossenschaft vor Vertragsschluss die wesentlichen Informationen über die Vermögensanlage zur Verfügung gestellt werden (§ 2 Abs. 2 VermAnlG n.F.)

b. Einführung einer Mindestlaufzeit für Vermögensanlagen nach VermAnlG; nicht zugelassene Vermögensanlagen nach VermAnlG

Gem. § 5 a VermAnlG n. F. müssen Vermögensanlagen eine Laufzeit von mindestens 24 Monaten ab dem Zeitpunkt des erstmaligen Erwerbs vorsehen. Während der Regierungsentwurf noch eine ordentliche Kündigungsfrist von mindestens 12 Monaten vorsah, ist nunmehr eine Kündigungsfrist von mindestens 6 Monaten zwingend vorgeschrieben. Unter Umständen ist die Kündigung nur zum Schluss eines Geschäftsjahres zulässig.

Die Vorschrift des § 5 b VermAnlG n.F. sieht sodann vor, dass Vermögensanlagen, die eine über den Anlagebetrag hinausgehende Haftung des Anlegers für Verluste vorsehen (Nachschusspflicht), zum öffentlichen Angebot oder Vertrieb im Inland nicht mehr zugelassen sind.

Diese Regelungen gelten gem. §§ 2 I Nr. 1, 1a i. V. m. § 1 VermAnlG n. F. nicht für privilegierte Genossenschaften, die entsprechende partiarische- oder Nachrangdarlehen anbieten.

c. Einführung von Veröffentlichungspflichten nach Beendigung des öffentlichen Angebots, § 11 a VermAnlG n.F.

Die in Kraft getretene Neuregelung des § 11 a Abs. 1 VermAnlG entspricht der Fassung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung vom 11.02.2015, wonach ein Emittent einer Vermögensanlage künftig nach Beendigung des öffentlichen Angebots verpflichtet ist, „jede Tatsache, die sich auf ihn oder die von ihm emittierte Vermögensanlage unmittelbar bezieht und nicht öffentlich bekannt ist, unverzüglich (…) zu veröffentlichen, wenn sie geeignet ist, die Fähigkeit des Emittenten zur Erfüllung seiner Vertragspflichten gegenüber dem Anleger erheblich zu beeinträchtigen. Die Verpflichtung entfällt mit der vollständigen Tilgung der Vermögensanlage.“

Gem. § 11 a Abs. 2 und 3 VermAnlG n.F. sind die Tatsachen auch der BaFin und den Medien mitzuteilen, damit diese die Tatsachen ihrerseits öffentlich bekannt machen.

d. Einführung eines Produktfreigabeverfahrens (Product-Governance) für Finanzprodukte

Die eingeführten Neuregelungen in § 33 Abs. 3 b – 3 d WpHG n.F., welche gemäß Art. 13 Abs. 2 i. V. m. Art. 3 Nr. 7 a Kleinanlegerschutzgesetz erst ab dem 03.01.2017 in Kraft treten sollen, sehen vor, dass „ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen, das Finanzinstrumente zum Verkauf konzipiert“, „ein Verfahren für die interne Freigabe zum Vertrieb jedes einzelnen Finanzinstruments und jeder wesentlichen Änderung bestehender Finanzinstrumente zu unterhalten, zu betreiben und regelmäßig zu überprüfen“ hat.

Das hiermit definierte Produktfreigabeverfahren wird sodann in den o.g. neuen Vorschriften im Einzelnen beschrieben.

Mit diesen Regelungen werden Vorgaben gem. Art. 16 (3) und 24 (1) der Finanzmarktrichtlinie MiFID II in deutsches Recht umgesetzt. Sie dienen im Wesentlichen dazu, dass Wertpapierfirmen bereits im Rahmen der Entwicklung eines Finanzprodukts den Zielmarkt der Endkunden bestimmen, auf den das Produkt abzielt, wobei insbesondere alle relevanten Risiken für den Zielmarkt bewertet werden sollen, sowie der regelmäßigen Überprüfung dieser Festlegungen.

e. Erweiterung der Befugnisse der BaFin

Die BaFin erhält durch das Kleinanlegerschutzgesetz weitere Eingriffskompetenzen und Veröffentlichungsrechte, so z.B. durch

 

  • Verankerung des Aufsichtsziels „Schutz der kollektiven Verbraucherinteressen“ in § 4 Abs. 1a Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz n.F.
  • Erweiterung des Katalogs der Untersagungstatbestände des § 18 VermAnlG n.F.,
  • Anfügung neuer Absätze 5-8 in § 24 VermAnlG n. F., wonach die BaFin in bestimmten Fällen eine Prüfung der Rechnungslegung von Emittenten von Vermögensanlagen anordnen kann,
  • Einführung eines neuen § 26a VermAnlG, wonach Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Maßnahmen der BaFin nach den §§ 15a - 19 VermAnlG keine aufschiebende Wirkung haben,
  • öffentliche Bekanntmachung von Maßnahmen und Bußgeldentscheidungen der BaFin auf ihrer Internetseite, §§ 26 b und c VermAnlG n.F. und § 26 Abs. 2 a und 2 b n.F. Wertpapierprospektgesetz,
  • Einführung einer Produktintervention nach § 4b WpHG n.F.

 

4. Fazit

Das Kleinanlegerschutzgesetz bringt einschneidende Änderungen für Projekte, die als Vermögensanlage strukturiert werden. Betroffene Akteure, die sich nicht bereits mit den neuen Regelungen auseinandergesetzt haben, sollten sich schnellstmöglich über die sie treffenden Auswirkungen informieren.

Unterliegt nämlich beispielsweise die vertriebene Anlage neuerdings der Prospektpflicht, besteht u.U. bereits jetzt eine damit verbundene Haftung nach den §§ 20-22 VermAnlG.

Kommen Sie auf uns zu, wenn Sie unsere fachliche Beratung wünschen.

Rückfragen & weitere Informationen: 
Antje Böhlmann-Balan, bbalan@maslaton.de  
Prof. Dr. Martin Maslaton,
 martin@maslaton.de
Tel.: 0341 – 149500, Internet: www.maslaton.de

 

1 Drucksache 18/3994 des Deutschen Bundestages

2 siehe Fußnote1, dort Seite 1

3 siehe Fußnote 1, dort Seite 38